Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
2987 Entscheidungen insgesamt
Online seit 27. September
IMRRS 2024, 1215BGH, Urteil vom 02.05.2024 - IX ZR 130/23
Nach dem für Verjährungsfragen maßgeblichen "Gebot des sichersten Weges" hat der Rechtsanwalt bei einer unklaren Rechtslage, ob ein triftiger Grund vorliegt, das Verfahren nicht zu betreiben, im Hinblick auf eine etwaige ungünstigere Beurteilung der Rechtslage durch das mit der Sache befasste Gericht den Weg aufzuzeigen, der eine Verjährung des Anspruchs des Mandanten sicher verhindert (Fortführung von BGH, Urteil vom 23.09.2004 - IX ZR 137/03, IBRRS 2004, 4860 = IMRRS 2004, 2359 = NJW-RR 2005, 494, 495).*)
VolltextOnline seit 24. September
IMRRS 2024, 1200LG Berlin II, Urteil vom 08.08.2024 - 67 S 92/24
1. Zu den Rechtsfolgen eines durch einen Inkassodienstleister verbraucherschutzrechtswidrig gestalteten Bestellvorgangs für die von einem Mieter gegenüber seinem Vermieter geltend gemachten Ansprüche wegen Verstoßes gegen die sog. Mietpreisbremse (Anschluss EuGH, Urteil vom 30.05.2024 - C-400/22, IBRRS 2024, 1730 = IMRRS 2024, 0730 = NJW 2024, 2449; entgegen BGH, Urteil vom 19.01.2022 - VIII ZR 123/21, IBRRS 2022, 0535 = IMRRS 2022, 0171 = NZM 2022, 202; Urteil vom 30.03.2022 - VIII ZR 358/20, IBRRS 2022, 1590 = IMRRS 2022, 0702 = NJOZ 2022, 741).*)
2. Gestaltet der Unternehmer den Bestellvorgang im elekronischen Rechtsverkehr unter Verstoß gegen § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB, haftet er dem Verbraucher für alle aus der schwebenden Unwirksamkeit des Vertragsschlusses erwachsenden Schäden.*)
3. Ein verbraucherschutzrechtswidrig handelnder Unternehmer haftet dem Verbraucher aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückerstattung eines vom Verbraucher vereinnahmten (Erfolgs-)Honorars auch dann, wenn die Parteien das unter Verstoß gegen § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB angebahnte Vertragsverhältnis tatsächlich vollzogen haben. Etwas anderes gilt nur im Falle einer vom Verbraucher nachträglich erklärten "informierten Genehmigung" (Anschluss BGH, Urteil vom 04.06.2024 - X ZR 81/23, IBRRS 2024, 2061 = IMRRS 2024, 1201 = GRUR-RS 2024, 15314).*)
VolltextIMRRS 2024, 1198
BGH, Urteil vom 12.09.2024 - IX ZR 65/23
1. Eine formularmäßig getroffene anwaltliche Zeithonorarabrede ist auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht allein deshalb unwirksam, weil der Rechtsanwalt weder dem Mandanten vor Vertragsschluss zur Abschätzung der Größenordnung der Gesamtvergütung geeignete Informationen erteilt noch sich dazu verpflichtet hat, ihm während des laufenden Mandats in angemessenen Zeitabständen Zwischenrechnungen zu erteilen oder Aufstellungen zu übermitteln, welche die bis dahin aufgewandte Bearbeitungszeit ausweisen.*)
2. Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.*)
VolltextOnline seit 18. September
IMRRS 2024, 1174BVerwG, Beschluss vom 09.07.2024 - 7 B 6.24
Die in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beachtenden Rechtsmittelbegründungsfristen hat der Rechtsanwalt selbst zu berechnen und zu überwachen. Es handelt sich nicht um übliche Fristen, deren Berechnung er einer Rechtsanwalts- oder Notargehilfin überlassen dürfte.
VolltextOnline seit 26. August
IMRRS 2024, 1099BGH, Beschluss vom 08.07.2024 - NotSt(Brfg) 3/23
Soweit die Richtlinien der Notarkammer für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten ihrer Mitglieder vorsehen, dass eine systematische Beurkundung mit vollmachtlosen Vertretern in der Regel unzulässig ist, kann dies nicht als ein über die gesetzliche Regelung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG hinausgehendes Verbot verstanden werden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung des Beurkundungsverfahrens, soweit der Schutzzweck des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG, die Verbesserung des Verbraucherschutzes durch die notarielle Verfahrensgestaltung, betroffen ist. Insoweit verbleibt es bei dem bereits in der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG angelegten grundsätzlichen Verbot, Verbraucher durch einen vollmachtlosen Vertreter, der keine Vertrauensperson ist, vertreten zu lassen.*)
VolltextOnline seit 21. August
IMRRS 2024, 1086OLG Hamm, Urteil vom 29.05.2024 - 11 U 71/23
Ein Notar ist nicht verpflichtet, einen Grundstücksübertragungsvertrag im Hinblick auf mögliche Steuerersparnisse der Beteiligten zu gestalten, wenn die Beteiligten von einem Steuerberater beraten werden und dem Notar keine Vorstellungen für eine bestimmte, aus steuerlichen Gründen zu wählende Vertragsgestaltung mitteilen. Mit einen Hinweis auf die mit einem Vertrag kraft Gesetzes verbundenen Steuerpflichten genügt der Notar auch seiner Belehrungspflicht, wenn ihm aus der Vertragsgestaltung resultierende evtl. Steuernachteile nicht bekannt sind und nicht bekannt sein müssen.*)
VolltextOnline seit 5. August
IMRRS 2024, 0865AG Westerburg, Beschluss vom 30.01.2024 - 12 M 87/24
1. Räumungsgut ist vom Gerichtsvollzieher nach Ablauf der zweimonatigen Aufbewahrungsfrist grundsätzlich je nach Verwertbarkeit entweder zu verkaufen oder zu vernichten, wenn der Schuldner es nicht abfordert.
2. Von der Vernichtung durch den Gerichtsvollzieher ausgeschlossen sind allerdings die anwaltlichen Handakten des Schuldners und dessen sonstige Geschäftsunterlagen, soweit für diese gesetzliche Aufbewahrungsfristen gelten und diese Fristen noch nicht abgelaufen sind.
3. Dem Vollstreckungsgericht obliegt die Entscheidung über die weitere Verwahrung der aufzubewahrenden Unterlagen nach Ablauf der Frist des § 885 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
4. Die Verwahrung hat "auf Kosten der Staatskasse" bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen zu erfolgen, wenn der Schuldner die Unterlagen nicht abfordert.
VolltextOnline seit Juli
IMRRS 2024, 0908BGH, Beschluss vom 19.06.2024 - IV ZB 13/23
1. Im Hinblick auf die Urkundsgewährungspflicht des Notars sind an die Annahme eines ausreichenden Grunds i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO, der den Notar zur Verweigerung der Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses gem. § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB und damit seiner Urkundstätigkeit berechtigt, hohe Anforderungen zu stellen.*)
2. Stellt der Notar im Rahmen seiner Ermittlungspflicht die gebotenen Nachforschungen an und wirkt der Erbe bei der Sachaufklärung im erforderlichen und zumutbaren Umfang mit, berechtigen verbleibende Unklarheiten den Notar nicht zur Verweigerung seiner Amtstätigkeit.*)
VolltextOnline seit Juni
IMRRS 2024, 0755BGH, Beschluss vom 23.01.2024 - VI ZB 16/22
1. Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Wurde die Prozessvollmacht nicht unmittelbar von der Partei bzw. deren gesetzlichem Vertreter erteilt, muss die Vollmachtkette lückenlos in der Form des § 80 ZPO nachgewiesen werden. Dabei muss grundsätzlich auch die behauptete Generalvollmacht eines Bevollmächtigten zu den Gerichtsakten gegeben werden. Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form - geführt werden, die Vorlage von Kopien oder ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügen nicht.*)
2. Für die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsmittelschrift sind nur die Erkenntnisquellen für das Berufungsgericht maßgeblich, die ihm zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist vorliegen. Die Rechtsmittelschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Rechtsmittelführer und wer Rechtsmittelgegner sein soll.*)
VolltextIMRRS 2024, 0756
BFH, Urteil vom 16.01.2024 - VII R 34/22
Vor dem 01.08.2022 bestand für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als Bevollmächtigte keine Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 52d Satz 1 oder 2 FGO, und zwar auch dann nicht, wenn sie durch einen Rechtsanwalt als Vertreter i.S. des § 62 Abs. 2 Satz 3 FGO handelte.*)
VolltextIMRRS 2024, 0730
EuGH, Urteil vom 30.05.2024 - Rs. C-400/22
1. Art. 8 Abs. 2 Richtlinie 2011/83/EU ist dahin auszulegen, dass im Fall von über Webseiten geschlossenen Fernabsatzverträgen die dem Unternehmer obliegende Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich mit einer Zahlungsverpflichtung einverstanden ist, auch dann Anwendung findet, wenn der Verbraucher erst nach der Erfüllung einer weiteren Bedingung verpflichtet ist, dem Unternehmer die entgeltliche Gegenleistung zu zahlen.*)
2. Wenn der Unternehmer seine Informationspflicht nicht beachtet hat, ist der Verbraucher an die Bestellung nicht gebunden. Den Verbraucher hindert allerdings nichts daran, seine Bestellung zu bestätigen.
VolltextOnline seit Mai
IMRRS 2024, 0699BFH, Beschluss vom 22.04.2024 - III B 82/23
1. Die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen eines in der Privatsphäre liegenden Vorhabens setzt die Darlegung und (gegebenenfalls) die Glaubhaftmachung von Umständen voraus, wonach das Vorhaben in seiner Planung bereits vor Zugang der Ladung so ausgestaltet war, dass die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser Zeit unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist.*)
2. Ein vor Zugang der Ladung gefasster Entschluss zu einem Kurzurlaub "ins Blaue" ist kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten.*)
VolltextIMRRS 2024, 0673
BGH, Beschluss vom 26.03.2024 - VI ZB 58/22
Zu den Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Terminsvertreters (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 09.05.2023 - VIII ZB 53/21, IBRRS 2023, 1699 = IMRRS 2023, 0780; vom 22.05.2023 - VIa ZB 22/22, IBRRS 2023, 3617 = IMRRS 2023, 1660).*)
VolltextIMRRS 2024, 0637
OLG Bamberg, Beschluss vom 02.04.2024 - 1 W 12/24
Werden Dokumente, etwa Gerichtsakten, zur digitalen Bearbeitung eingescannt, begründet dies keinen Anspruch auf Erstattung einer Dokumentenpauschale. Eingescannte Dokumente sind keine Kopien i.S.d. Auslagentatbestands Nr. 7000 VV RVG.
VolltextOnline seit April
IMRRS 2024, 0566BGH, Beschluss vom 13.03.2024 - AnwZ (Brfg) 43/23
Die Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusanwalt ist ausgeschlossen, wenn seine fachliche Unabhängigkeit nicht im Gesellschaftsvertrag verankert ist.
VolltextIMRRS 2024, 0859
OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.03.2024 - 2 W 11/24
Der Geschäftswert einer Rückauflassungsvormerkung ist entsprechend § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG mit der Hälfte des Grundstückswerts zu bemessen.*)
VolltextIMRRS 2024, 1031
BGH, Beschluss vom 28.02.2024 - IX ZB 60/21
Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit für einen Antrag des Schuldners, die Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung zu versagen, ist unter Berücksichtigung des Interesses des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er ist in der Regel auf den Wert der titulierten Forderung festzusetzen. (Rn. 10)*)
VolltextOnline seit März
IMRRS 2024, 0281OLG München, Beschluss vom 15.02.2024 - 34 Wx 32/24
1. Das Bewertungsprivileg des § 48 Abs. 1 GNotKG kommt nicht zur Anwendung, wenn der überwiegende Teil des übergebenen Grundbesitzes verpachtet ist und keine unmittelbare Beendigung des Pachtvertrages und Fortführung des Betriebes durch den Übernehmer erfolgt.*)
2. Ein Betrieb bildet nur dann einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GNotKG, wenn es sich um einen leistungsfähigen Betrieb mit einer gewissen Mindestgröße handelt.*)
VolltextIMRRS 2024, 0314
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.01.2024 - 3 B 69/23
Im auf Familiennachzug gerichteten Visumverfahren wird ein auswärtiger Rechtsanwalt gem. § 166 Abs. 1 VwGO, § 121 Abs. 3 ZPO zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet, wenn ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung mittels Bild- und Tonübertragung nach § 102a VwGO zumutbar ist. Das ist jedenfalls erfüllt, wenn der Sachverhalt geklärt ist und es in erster Linie um Rechtsfragen geht.*)
VolltextOnline seit Februar
IMRRS 2024, 0291BGH, Beschluss vom 17.01.2024 - XII ZB 88/23
1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Beteiligten liegenden Gründen beruht (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 01.03.2023 - XII ZB 228/22, IBRRS 2023, 0997 = FamRZ 2023, 879, und vom 21.09.2022 - XII ZB 264/22, IMR 2023, 83 = FamRZ 2022, 1957).*)
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unzureichender Glaubhaftmachung einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gem. § 130d Satz 2 und 3 ZPO.*)
Online seit Januar
IMRRS 2024, 0047BGH, Urteil vom 13.11.2023 - NotZ(Brfg) 7/22
Die Altersgrenze für Notare war auch zum hier maßgeblichen Zeitpunkt am 31.10.2021 mit deutschem Verfassungsrecht und Unionsrecht, insbesondere mit Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, vereinbar (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21.08.2023 – NotZ(Brfg) 4/22, IBRRS 2023, 2378 = IMRRS 2023, 1076).*)
VolltextOnline seit 2023
IMRRS 2023, 1492BGH, Beschluss vom 10.10.2023 - VIII ZB 60/22
Zu den an einen Rechtsanwalt zu stellenden Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich der Bezeichnung des Empfangsgerichts im besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA), wenn der Rechtsanwalt die Versendung eines fristgebundenen Schriftsatzes über das beA selbst ausführt.*)
VolltextIMRRS 2023, 1438
AGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.08.2023 - 1 AGH 38/22
Fremdgeschäftsführer einer GmbH können normalerweise keine Syndikusrechtsanwälte werden. Lediglich Juristen in Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfer-GmbHs können eine Syndikuszulassung bekommen.
VolltextIMRRS 2023, 1435
BGH, Beschluss vom 10.10.2023 - XI ZB 1/23
Zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gem. § 130d Satz 3 ZPO durch Vorlage eines Screenshots.*)
VolltextIMRRS 2023, 1411
BGH, Beschluss vom 11.10.2023 - IV ZB 26/22
Der Geschäftswert für die Beurkundung eines Pflichtteilsverzichtsvertrags gegenüber dem Erstversterbenden von zwei Erblassern (hier: Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern) bemisst sich nach dem Vermögen beider Erblasser (§ 86 Abs. 1 und 2, § 102 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2, § 109 Abs. 1 GNotKG).*)
VolltextIMRRS 2023, 1380
LG Karlsruhe, Beschluss vom 05.04.2023 - 11 T 268/22
1. Im Rahmen einer Beschwerde gegen einen Vorbescheid des Notars nach § 15 Abs. 2 BNotO können nur evidente Rücktrittsgründe für die Vollziehung eines Grundstückskaufvertrags hinderlich sein.*)
2. Bei einem Rücktritt des Grundstücksverkäufers wegen Schuldnerverzugs des Käufers mit der Kaufpreiszahlung tritt nur im Falle der evidenten Einredefreiheit ein vom Notar zu beachtendes Vollziehungshindernis ein.*)
3. Die Unsicherheitseinrede aus § 321 BGB ist nicht evident ausgeschlossen, wenn der vorleistungspflichte Käufer beim Kaufvertragsabschuss zwar weiß, dass die Immobilie bewohnt ist, aber nicht mit einem dauerhaften oder langfristigen Leistungshindernis bezüglich der Verpflichtung des Verkäufers, den ungehinderten Besitz an dem Grundstück zu übertragen, rechnen muss.*)
VolltextIMRRS 2023, 1387
OLG München, Beschluss vom 11.10.2023 - 7 U 3195/22
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2023, 1374
BFH, Urteil vom 26.07.2023 - II R 4/21
Die Aufhebung eines Termins zur mündlichen Verhandlung wegen kurzfristigen Ausfalls eines geplanten Flugs ist jedenfalls dann nicht geboten, wenn der Prozessbevollmächtigte weder darlegt noch glaubhaft macht, dass er kein alternatives Verkehrsmittel nutzen konnte, und es ihm zudem möglich gewesen wäre, an der mündlichen Verhandlung durch Video-Zuschaltung teilzunehmen.*)
VolltextIMRRS 2023, 1189
LG Berlin, Urteil vom 30.08.2023 - 64 S 309/22
1. Eine allein durch das Kosteninteresse eines Inkassounternehmens oder seiner Prozessbevollmächtigten motivierte Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnis rechtsmissbräuchlich erhoben und damit unzulässig. So kann es liegen, wenn ein mit der Durchsetzung von Ansprüchen aus den Vorschriften über "die Mietpreisbremse" befasstes Inkassounternehmen den Vermieter gem. §§ 398, 556g Abs. 3 BGB aus abgetretenem Recht des Mieters auf Auskunft über Ausnahmetatbestände nach § 556e Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Anspruch nimmt, obwohl der Vermieter sich wegen Verstoßes gegen § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB auf solche ihn begünstigenden Ausnahmetatbestände, sollten sie vorliegen, ohnehin nicht berufen könnte (Anschluss an/Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 23.03.2022 - VIII ZR 133/20, IMRRS 2022, 0502).*)
2. Eine Klage ist gem. §§ 253 Abs. 1, 130a Abs. 3 ZPO formwirksam erhoben, wenn die in elektronischer Form eingereichte Klageschrift zwar nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 130a Abs. 4 ZPO an das Gericht übermittelt wird, aber mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Geschäftsführers der Prozessbevollmächtigten der Klägerin versehen ist. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn die gerichtliche Software für die Aktenpflege und Aktenverwaltung bloß auf eine mit übersandte einfache ".pdf"-Kopie der Klageschrift zugreift, weil es die signierte Datei nicht verarbeiten kann, diese sich aber mit einem für das Gericht verfügbaren Signaturprüfungsprogramm öffnen und erfolgreich daraufhin überprüfen lässt, dass sie das qualifiziert elektronisch signierte Original der von der Gerichtssoftware verarbeiteten ".pdf"-Kopie enthält (Anschluss LG Berlin, Urteil vom 14.02.2023 - 63 S 125/22 und LG Berlin, Urteil vom 20.06.2023 - 65 S 198/22, IMRRS 2023, 1182).*)
3. Das Interesse des Mieters an der Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Miete auf das nach den Vorschriften über die "Mietpreisbremse" gem. §§ 556d ff. BGB höchstzulässige Maß ist entsprechend § 41 Abs. 5 GKG mit dem einfachen und nicht mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der streitigen Mietpreisüberhöhung zu bewerten. (Anschluss an KG, Beschluss vom 29.09.2022 - 12 W 26/22, IMRRS 2022, 1319 = GE 2022, 1258 ff. und LG Berlin, Urteil vom 26.04.2023 - 64 S 189/22, IMR 2023, 353 = GE 2023, 698 ff.; Entgegen BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 382/21, IMRRS 2022, 0807, und BGH, Urteil vom 27.05.2020 - VIII ZR 45/19, Rz. 117, IMRRS 2020, 0676 = BGHZ 225, 352 ff.).*)
VolltextIMRRS 2023, 1041
LG Bremen, Beschluss vom 17.02.2023 - 4 T 330/22
1. Entscheidend für den Anfall des Gebührentatbestands aus Nr. 1008 VV RVG ist der tatsächliche Auftrag, der dem Rechtsanwalt erteilt wird. Soll er die einzelnen Eigentümer vertreten, so erhält er den Mehrvertretungszuschlag, soll er hingegen die Gemeinschaft vertreten, so steht ihm der Mehrvertretungszuschlag nicht zu.
2. Dabei ist unerheblich, ob er den nach materiellem Recht Falschen vertritt, also z. B. für mehrere Eigentümer tätig wird, obgleich nach § 9a Abs. 2 WEG nur die Gemeinschaft ausübungs- oder wahrnehmungsbefugt ist.
VolltextIMRRS 2023, 0988
BGH, Urteil vom 29.06.2023 - IX ZR 56/22
1. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung zur Last fällt.*)
2. Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz für den Geschäftsleiter der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten; Voraussetzung ist ein Näheverhältnis zu der nach dem Mandatsvertrag geschuldeten Hauptleistung.*)
3. In den Schutzbereich des Vertrags bei Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund kann auch ein faktischer Geschäftsleiter einbezogen sein.*)
VolltextIMRRS 2023, 0937
BGH, Urteil vom 25.05.2023 - I ZR 161/22
Ein im Hauptsacheverfahren zur Regelung des Umgangs geschlossener und gerichtlich gebilligter Zwischenvergleich kann eine 1,0 Einigungsgebühr zur Entstehung bringen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0924
BGH, Urteil vom 15.06.2023 - III ZR 44/22
Schuldet ein Notar einen bestimmten Rat, Hinweis oder eine bestimmte Warnung, so spricht der erste Anschein dafür, dass die Beteiligten dem gefolgt wären. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass bei ordnungsgemäßem Verhalten nach der Lebenserfahrung lediglich ein bestimmtes Verhalten nahegelegen hätte oder sämtliche vernünftigen Verhaltensmöglichkeiten identische Schadensbilder ergeben hätten. Besteht dagegen nicht nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit, sondern kommen verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht und bergen sämtliche gewisse Risiken in sich, ist für einen Anscheinsbeweis kein Raum (Bestätigung von Senat, Urteil vom 10.07.2008 - III ZR 292/07, Rz. 14, IBRRS 2008, 2454 = WM 2008, 1753; Übernahme von BGH, Urteil vom 16.09.2021 - IX ZR 165/19, Rz. 36 m.w.N., IBRRS 2021, 3042 = NJW 2021, 3324 für die Notarhaftung; Abgrenzung von BGH, Urteile vom 08.05.2012 - XI ZR 262/10, IBRRS 2012, 2570 = BGHZ 193, 159 und vom 15.07.2016 - V ZR 168/15, IBRRS 2016, 3113 = BGHZ 211, 216).
VolltextIMRRS 2023, 0923
BGH, Beschluss vom 21.06.2023 - V ZB 15/22
1. Das Vertrauen auf eine Fristverlängerung kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann rechtfertigen, wenn der Fristverlängerungsantrag die erforderliche Form wahrt. Ob ein nach dem 01.01.2022 eingegangener Fristverlängerungsantrag formgerecht ist, richtet sich nach § 130d ZPO.*)
2. Unverzüglich ist die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments nur, wenn sie zeitlich unmittelbar erfolgt. Hierbei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, innerhalb welcher Zeitspanne die Glaubhaftmachung zu erfolgen hat. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls kann auch die Nachholung der Glaubhaftmachung vor Ablauf einer Woche nicht mehr unverzüglich sein (hier: Nachholung nach zwei Tagen).*)
VolltextIMRRS 2023, 0915
BGH, Urteil vom 24.05.2023 - VIII ZR 373/21
Zur Wirksamkeit der Bevollmächtigung eines registrierten Inkassodienstleisters für die Erhebung einer Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB a.F. im Zusammenhang mit der Geltendmachung und Abtretung von Ansprüchen des Mieters aus der sog. Mietpreisbremse (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIMRRS 2023, 0899
BGH, Urteil vom 22.05.2023 - AnwZ (Brfg) 23/22
Zum Anspruch auf Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer gem. § 207 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 206 Abs. 1 BRAO im Falle eines ehemaligen ausländischen Rechtsanwalts (hier: Avukat nach türkischem Recht).*)
VolltextIMRRS 2023, 0900
BGH, Beschluss vom 24.05.2023 - V ZB 22/22
1. Haben die nach § 51 Abs. 1 BeurkG Berechtigten gegenüber dem Notar eine andere Bestimmung hinsichtlich der Erteilung von Ausfertigungen getroffen, ergeben sich Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars bei der Prüfung des Rechts eines Dritten auf Erteilung einer Ausfertigung aus dieser Weisung.*)
2. Kann der Bevollmächtigte nach der Weisung des Vollmachtgebers eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde verlangen, sofern er glaubhaft versichert, dass die Ausfertigung abhandengekommen und die Vollmacht nicht widerrufen worden ist, darf der Notar die Erteilung einer weiteren Ausfertigung verweigern, wenn er Kenntnis von einem Vollmachtswiderruf erhält. Anders ist es, wenn der Widerruf der Vollmacht ohne jeden vernünftigen Zweifel, also evident unwirksam ist.*)
3. Der Widerruf einer General- und Vorsorgevollmacht durch den Betreuer des Vollmachtgebers ist für den Notar in dem Verfahren auf Erteilung einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde auf Verlangen des darin genannten Bevollmächtigten regelmäßig auch dann nicht evident unwirksam, wenn versichert wird, dass der Aufgabenkreis des Betreuers den Widerruf nicht umfasst.*)
VolltextIMRRS 2023, 0807
BGH, Beschluss vom 31.01.2023 - VIII ZA 27/22
1. Einen Vollstreckungsschutzantrag beim BGH kann nur ein dort zugelassener Rechtsanwalt stellen, dies gilt auch, wenn der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt.
2. Ein Vollstreckungsschutzantrag nach § 719 Abs. 2 ZPO hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Antragsteller in der Instanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn das Berufungsgericht fälschlich die Voraussetzungen des § 713 ZPO angenommen hat und eine Abwendungsbefugnis nicht angeordnet hat.
VolltextIMRRS 2023, 0759
LG Berlin, Beschluss vom 02.06.2022 - 67 S 259/21
Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 Richtlinie 2011/83/EU (hier: Anforderungen an Beschriftung eines Internet-Bestellbuttons in Fällen, in denen der Verbraucher aufgrund eines auf elektronischem Wege angebahnten Vertragsschlusses nicht unbedingt, sondern nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - etwa ausschließlich im späteren Erfolgsfall einer beauftragten Rechtsverfolgung oder im Fall der späteren Versendung einer Mahnung an einen Dritten - zur Zahlung verpflichtet ist).*)
VolltextIMRRS 2023, 0710
BGH, Beschluss vom 18.04.2023 - VI ZB 36/22
Zur Frage, wann ein Rechtsanwalt von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) an das Gericht ausgehen darf.*)
VolltextIMRRS 2023, 0638
BGH, Beschluss vom 19.04.2023 - XII ZB 234/22
Zum Geschäftswert bei der notariellen Beurkundung von güterrechtlichen Vereinbarungen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0620
LG Lübeck, Beschluss vom 27.03.2023 - 6 Qs 33/22
1. Die Beurkundung durch einen Notar stellt eine berufstypische Handlung dar, was ihrer Qualifizierung als objektive Beihilfehandlung nicht entgegensteht. Die Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile auf einen Dritten, wiederholte Wechsel in der Person des Geschäftsführers und Sitzverlegungen sind auf die Vorbereitung einer "Firmenbestattung" hindeutende Indizien, die durch die Beurkundung ermöglicht werden. Die Beurkundung eines Geschäftsanteilskaufvertrags über u. a. die Abtretung von Gesellschaftsanteilen fördert eine zu begehende Insolvenzverschleppung, da ohne die Beurkundung kein faktischer Geschäftsführer bestellt werden kann.
2. Die Kenntnis des beurkundenden Notars von der Vorbereitung einer "Firmenbestattung" der Gesellschaft begründet den hinreichenden Verdacht, dass dieser Kenntnis von einer bevorstehenden Insolvenzverschleppung hatte, da in diesem Rahmen die Begehung von Straftaten gem. § 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 InsO vorhersehbar ist. Das Hilfeleisten zu einer vorbereitenden Handlung ist ausreichend; der Notar muss keine bestimmte Vorstellung von den Einzelheiten der zu begehenden Insolvenzverschleppung haben.
VolltextIMRRS 2023, 0618
BGH, Beschluss vom 26.01.2023 - V ZB 11/22
1. Zur Unverzüglichkeit der Glaubhaftmachung bei vorübergehender technischer Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments.*)
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei verspäteter Glaubhaftmachung gem. § 130d Satz 2 und 3 ZPO.*)
VolltextIMRRS 2023, 0478
LG Dresden, Beschluss vom 21.11.2022 - 2 T 441/22
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2023, 0475
BGH, Beschluss vom 22.02.2023 - V ZR 70/21
1. Wird ein Anwalt mit der Überprüfung der Erfolgsaussichten eines unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels beauftragt, so ist der volle Gegenstandswert für seine Gebühren maßgeblich.
2. Dies gilt auch dann, wenn als Ergebnis seiner Prüfung der Rechtsbehelf nur eingeschränkt weiterverfolgt wird.
VolltextIMRRS 2023, 0446
BGH, Beschluss vom 29.06.2022 - XII ZB 9/22
1. Überträgt ein Rechtsanwalt die Notierung von Fristen einer Bürokraft, muss er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Hierzu gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 458/1, IBRRS 2020, 0985 = FamRZ 2020, 936 = BeckRS 2020, 5026).*)
2. Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 458/19, IBRRS 2020, 0985 = FamRZ 2020, 936 = BeckRS 2020, 5026).*)
VolltextIMRRS 2023, 0445
BGH, Beschluss vom 01.03.2023 - XII ZB 483/21
1. Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 29.06.2022 - XII ZB 9/22, IBRRS 2022, 2513 = FamRZ 2022, 1633).*)
2. Dies gilt unabhängig davon, ob die Handakten des Rechtsanwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder - wie hier - als elektronische Akten geführt werden (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 09.07.2014 - XII ZB 709/13, IBRRS 2014, 2153 = FamRZ 2014, 1624).*)
VolltextIMRRS 2023, 0406
AGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.02.2022 - 1 AGH 8/21
1. Die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann widerrufen werden, wenn der Fortbildungsnachweis nicht geführt wird. Ist die Teilnahme an einem Online-Seminar möglich gewesen, kann der Ausfall von Präsenzveranstaltungen im jeweiligen Fachgebiet aufgrund der Corona-Pandemie die Säumnis nicht entschuldigen.
2. Fehlende Kenntnisse zur Handhabung eines Online-Seminars gelten nicht als Entschuldigungsgrund.
3. Ob Anwältinnen und Anwälte ihrer Fortbildungspflicht genügt haben, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres fest. Ist ein Jahr ohne Fortbildung verstrichen, können sie sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Die Nachholung versäumter Fortbildungsstunden im Folgejahr ist nicht möglich.
VolltextIMRRS 2023, 0376
LG München I, Beschluss vom 15.11.2022 - 36 S 5288/22 WEG
1. Voraussetzung für eine Interessenkollision ist, dass der Rechtsanwalt eine andere Partei in derselben Rechtssache schon einmal in entgegengesetztem Interesse beraten oder vertreten hat bzw. sie weiterhin berät oder vertritt.
2. Vertritt der Rechtsanwalt immer nur die Wohnungseigentümergemeinschaft, liegt keine Interessenkollision vor. Allein die Tatsache, dass in einer Eigentümergemeinschaft die Interessenlagen häufig - wenn nicht gar typisch - unterschiedlich gelagert sind, führt nicht zu einer Interessenkollision.
3. Die maßgeblichen Anknüpfungskriterien für die Frage des Eingreifens eines Stimmverbots sind formal zu bestimmen.
VolltextIMRRS 2023, 1662
BGH, Beschluss vom 15.12.2022 - I ZB 35/22
ohne amtlichen Leitsatz
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