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Kollege unterschreibt: Briefkopf zählt!

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(15.02.2023) Schreibt ein An­walt unter dem Brief­kopf eines Kol­le­gen einen Schrift­satz, ist dem Bun­des­ge­richts­hof zu­fol­ge zu ver­mu­ten, dass er als Ver­tre­ter des Brief­kopf­in­ha­bers han­delt. Wenn sich deut­lich aus den Um­stän­den er­ge­be, dass der Un­ter­zeich­ner einer Be­ru­fungs­be­grün­dung als Ver­tre­ter des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten han­delt, sei der Schrift­satz die­sem man­da­tier­ten Rechts­an­walt zu­zu­rech­nen. An­de­res gelte nur dann, wenn diese Ver­mu­tung er­schüt­tert werde.

Berufungsbegründung von anderem Anwalt unterzeichnet

Eine Klägerin hatte vor dem Amtsgericht Berlin Mitte verloren und legte gegen das Urteil Berufung ein. Ihr Prozessbevollmächtigter begründete die Berufung aber nicht persönlich, sondern bat wohl einen anderen Anwalt darum. Dieser schrieb den Schriftsatz unter dem Briefkopf der mandatierten Kanzlei und unterzeichnete im eigenen Namen. Das Landgericht Berlin verwarf die Berufung als unzulässig, weil es die Begründung der Klägerin nicht zurechnete und ihrer Berufung somit die Begründung fehlte. Die Klägerin wandte sich mit der Revision an den Bundesgerichtshof - mit Erfolg.

Briefkopf begründet Vermutung

Wer als Anwalt unter eines Kollegen Briefkopf einen Schriftsatz verfasst und diesen eigenhändig unterschreibt, lässt dem BGH zufolge vermuten, dass er sich den Inhalt des Schreibens zu eigen macht, dafür die Verantwortung übernimmt und nicht bloß als Erklärungsbote tätig wird. Diese Vermutung ließe sich erschüttern, wenn der Anwalt etwa nur "i.A." (im Auftrag) unterschreibe. Ergebe sich aber deutlich aus den Umständen, dass der Unterzeichner als Vertreter des mandatierten Kollegen handelt, sei diesem der Schriftsatz zuzurechnen. So liege der Fall hier: Die Berufungsbegründung sei unter dem Briefkopf des Prozessbevollmächtigten verfasst worden. Die Annahme, dass ein Anwalt diese Arbeit im eigenen Namen verfasst, ohne dazu beauftragt zu sein, sei abwegig. Sie widerspräche auch dem Auslegungsgrundsatz, dass im Zweifel das gewollt sei, was vernünftig sei und der Interessenlage entspräche, so der BGH. Zu klären sei noch, ob, wie vorgetragen, eine Befugnis zur Vertretung bestanden habe.

(Quelle: beck aktuell)