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IBRRS 2021, 3012; IMRRS 2021, 1116; IVRRS 2021, 0469
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Kann ein Dritter Einsicht in die Verfahrensakte des Insolvenzgerichts nehmen?

BayObLG, Beschluss vom 02.09.2021 - 101 VA 100/21

1. Einer am eröffneten Insolvenzverfahren nicht beteiligten Person kann Einsicht in die vom Insolvenzgericht geführte Verfahrensakte ohne Einwilligung der Verfahrensbeteiligten nur gestattet werden, wenn ein rechtliches Interesse dargelegt und glaubhaft gemacht ist.*)

2. Abzuwägen ist bei der Entscheidung über das Einsichtsgesuch des Dritten das Interesse der Verfahrensbeteiligten an der Geheimhaltung des Verfahrensstoffs mit dem gegenläufigen, gleichfalls geschützten Informationsinteresse des Dritten.*)

3. Diese Abwägung ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.*)

4. Bei der Ermessensausübung sind mit Blick auf das zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip die Geeignetheit der begehrten Einsicht zur Verfolgung des rechtlichen Interesses, deren Erforderlichkeit sowie die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu berücksichtigen.*)

5. Erfordert es die Verfolgung des rechtlichen Interesses nicht, Einsicht in die gesamte Akte zu nehmen, so kommt die Gewährung von Einsicht in Aktenteile in Betracht, außerdem die Schwärzung sensibler Informationen.*)

6. Gemäß dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind umso höhere Anforderungen an das Gewicht des Einsichtsinteresses zu stellen, je größer das Schutzbedürfnis der Beteiligten ist; umgekehrt gilt das Entsprechende.*)

7. Eine ermessensfehlerfreie Interessenabwägung setzt voraus, dass den Betroffenen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zunächst Gelegenheit gegeben wird, ihre Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen.*)

8. Mit der Entscheidung über das Einsichtsgesuch eines nicht am Verfahren beteiligten Dritten erfüllt die Justizbehörde eine ihr nach § 299 Abs. 2 ZPO obliegende Aufgabe in Ausübung hoheitlicher Befugnisse, Art. 4 Abs. 1 BayDSG, Art. 2 Satz 1 BayDSG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. e), Abs. 3 UAbs. 1 Buchst. b) DS-GVO.*)

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