Immobilien- und Mietrecht.

Aktuelle Urteile zum Prozessrecht
Online seit 30. Juli
IMRRS 2025, 0950
BFH, Urteil vom 08.04.2025 - VII R 4/24
Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann wirksam auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht, wenn die das Dokument signierende (und damit verantwortende) Person mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmt.*)

IMRRS 2025, 0933

OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.07.2025 - 3 LA 54/23
Die Mandatierung eines Rechtsanwalts, der zugleich einen Beteiligten des zu entscheidenden Verfahrens vertritt, durch den zuständigen Richter in einer eigenen Angelegenheit begründet nicht generell die Besorgnis der Befangenheit.

Online seit 29. Juli
IMRRS 2025, 0949
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2024 - 5 Sa 982/24
1. Die vorübergehende Unmöglichkeit, eine Berufungsschrift als elektronisches Dokument über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht zu übermitteln, ist gemäß § 46 g Satz 4 ArbGG bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen.*)
2. Die handschriftlich verfasste Angabe "wg. beA-Störung" auf der kurz vor Ablauf der Berufungsfrist als Fax eingehenden Berufungsschrift genügt den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nicht, weil diese einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände beim Fehlschlag der elektronischen Übermittlung bedarf.*)
3. Eine Glaubhaftmachung nach § 46 Satz 4 ArbGG erfolgt in der Regel nicht mehr unverzüglich, wenn zwischen Ersatzeinreichung und Glaubhaftmachung ein Zeitraum von mehr als einer Woche liegt.*)
4. Es kann dahinstehen, ob ein anwaltliches Organisationsverschulden darin liegt, dass eine mit der Übermittlung fristgebundener elektronischer Dokumente beauftragte Kanzleikraft nicht angewiesen ist, im Falle einer notwendig werdenden Ersatzeinreichung den zuständigen anwaltlichen Sachbearbeiter oder ein anderes anwaltliches Mitglied der Kanzlei zu benachrichtigen, um so eine gleichzeitig oder kurz nach Ersatzeinreichung erfolgende Glaubhaftmachung der die Unmöglichkeit der vorgeschriebenen Übermittlung begründenden Umstände zu gewährleisten.*)

IMRRS 2025, 0954

BGH, Beschluss vom 08.07.2025 - VII ZR 36/24
1. Der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention stimmt mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist wie die Partei, der er beigetreten ist.
2. Ist der Streithelfer in geringerem Umfang am Rechtsstreit beteiligt, ist der Streitwert entsprechend herabzusetzen.

IMRRS 2025, 0787

OLG München, Beschluss vom 27.11.2024 - 101 AR 144/24
1. Wird eine Entstörungsklage gegen den Eigentümer und den Fremdnutzer erhoben, wird als gemeinsames Gericht das Wohnungseigentumsgericht bestimmt, da dort der Eigentümer seinen ausschließlichen Gerichtsstand hat und das Gericht damit sachnäher ist.
2. Klagen gegen Fremdnutzer von Sondereigentum fallen nicht unter § 43 Nr. 1 und 2 WEG, weil diese als Dritte weder zur Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu den Sondereigentümern in einer Rechtsbeziehung stehen, die den notwendigen gemeinschaftsbezogenen Gehalt aufweist.

Online seit 28. Juli
IMRRS 2025, 0951
BGH, Urteil vom 08.05.2025 - IX ZR 90/23
1. Die Vergütungsvereinbarung bestimmt, auf welche Tätigkeiten und welche Angelegenheiten die Prüfung der unangemessenen Höhe der Vergütung zu beziehen ist. Danach richtet sich, ob von einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung erfasste anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung getrennt von anderen nach der Vergütungsvereinbarung erfassten Aufträgen zu betrachten sind. Wurde der Rechtsanwalt mit anwaltlichen Tätigkeiten betraut, die üblicherweise den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden, ist grundsätzlich auf die hierfür ausgeübten Tätigkeiten, den darauf entfallenden Teil der Vergütung nach der Vergütungsvereinbarung sowie die hierfür fiktiv anfallenden gesetzlichen Gebühren abzustellen.*)
2. Die tatsächliche Vermutung, dass ein vereinbartes Honorar unangemessen hoch ist, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars für zivilrechtliche Streitigkeiten.*)
3. Bei der Herabsetzung einer unangemessen hohen Vergütung auf den angemessenen Betrag ist dem von den Parteien gewählten Vergütungsmodell Rechnung zu tragen. Ein von den Parteien vereinbartes Zeithonorar kann nicht durch Kappung des Honoraranspruchs auf einen Pauschalbetrag der Sache nach in ein Pauschalhonorar umgestaltet werden.*)

IMRRS 2025, 0952

BGH, Beschluss vom 17.07.2025 - IX ZR 55/24
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
2. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.

IMRRS 2025, 0946

BGH, Beschluss vom 17.06.2025 - AnwZ (Brfg) 15/25
Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ist nur zulässig, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (hier bejaht).

IMRRS 2025, 0926

LG Essen, Beschluss vom 16.04.2025 - 15 T 54/25
Der Streitwert für das Hausverbot eines Besuchers einer vermieteten Wohnung ist mit 3.000 Euro bis 5.000 Euro anzusetzen.

Online seit 25. Juli
IMRRS 2025, 0917
LG Lüneburg, Beschluss vom 25.03.2025 - 6 S 8/25
1. Für die Frage, ob eine Räumungsfrist zu verlängern ist, kommt es neben anderen Momenten im Wesentlichen darauf an, ob der Räumungsschuldner sich hinreichend um eine Ersatzwohnung bemüht hat.
2. Die Räumung kann auch dann hinausgeschoben und die Räumungsfrist verlängert werden, wenn den Wohnungsnutzer die Räumung unverhältnismäßig trifft.
3. § 765a ZPO ist eine absolute Ausnahmevorschrift und als solche trotz des scheinbaren Ermessensspielraums des Gerichts eng auszulegen. In Zweifelsfällen gebührt den Interessen des Gläubigers stets der Vorrang.
4. Eine sittenwidrige Härte ist nur dann anzunehmen, wenn die Zwangsvollstreckung Leben oder Gesundheit des Schuldners ernstlich gefährdet.
5. Das Fehlen einer Ersatzwohnung stellt regelmäßig keine Härte dar, die eine Maßnahme nach § 765a ZPO begründen könnte.
6. Die mit einer Räumung verbundene Folge der Unterbringung in einem Obdachlosenheim stellt sich für die Betroffenen regelmäßig nicht als besondere Härte dar.

IMRRS 2025, 0947

AG Köln, Beschluss vom 02.07.2025 - 312 F 130/25
1. Der Rechtsanwalt hat mittels künstlicher Intelligenz generierte und frei erfundene Entscheidungszitate in Schriftsätzen zu unterlassen, da sie die Rechtsfindung erschweren, den unkundigen Leser in die Irre führen und das Ansehen des Rechtsstaates und insbesondere der Anwaltschaft empfindlich schädigen.
2. Überdies verhält sich der Rechtsanwalt berufsrechtswidrig, wenn er wissentlich Falsches über Inhalt und Aussagen von Gesetzen und Urteilen vorträgt.

IMRRS 2025, 0811

AG Waiblingen, Urteil vom 24.03.2025 - 13 C 280/25
Ein Schuldner ist im Allgemeinen vor Fälligkeit nicht verpflichtet, sich zu seiner Leistungsbereitschaft und -fähigkeit zu äußern. Vielmehr gibt der Schuldner nur und erst dann Anlass zur Klageerhebung, wenn er aktiv ein Verhalten an den Tag legt, das aus der Sicht eines objektiven vernünftigen Betrachters an der Erfüllungsbereitschaft zweifeln lässt

Online seit 24. Juli
IMRRS 2025, 0941
BGH, Urteil vom 17.07.2025 - IX ZR 70/24
1. Der Insolvenzverwalter kann einen Anspruch auf Vergütung für die vom Schuldner vorinsolvenzlich erbrachten Leistungen auf einen zur Zeit der Verfahrenseröffnung beiderseitig nicht oder nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag unabhängig von einer Erfüllungswahl zur Masse ziehen, wenn die beiderseitig geschuldeten Leistungen teilbar sind.*)
2. Sind die beiderseitig geschuldeten Leistungen teilbar, bewirkt bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, und nicht erst die spätere Erfüllungswahl oder -ablehnung eine Aufspaltung des einheitlichen Vertragsverhältnisses in den vom Schuldner erfüllten und den nicht erfüllten Teil.*)
3. Eine mangelhafte Leistung ist nur teilweise - im Umfang der Mängelfreiheit - erbracht. Sie ist teilbar, wenn sich ein mangelfreier Leistungsteil abgrenzen lässt. Es kommt darauf an, ob sich der Wert der mangelfrei erbrachten Teilleistung und ein auf sie entfallender Anteil der Gegenleistung im Verhältnis zur Gesamtleistung und Gesamtvergütung objektiv bestimmen lassen.*)
4. Ist eine Werkleistung teilbar, setzt die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs für den vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner erbrachten Teil der Leistung aufgrund der insolvenzrechtlichen Modifikationen keine Abnahme dieser Teilleistung voraus.*)
5. Weist die vorinsolvenzlich erbrachte Teilleistung Mängel auf, ist der auf diese Teilleistung entfallende Vergütungsanspruch von vornherein um die Mängelbeseitigungskosten gemindert.*)

IMRRS 2025, 0938

BGH, Beschluss vom 17.06.2025 - VIII ZR 129/24
1. Das Rechtsmittel eines einfachen Streithelfers ist stets ein Rechtsmittel der Hauptpartei, ohne dass er dabei selbst in eine Parteirolle gelangt; vielmehr liegt in seiner Rechtsmitteleinlegung nur die Erklärung, das Rechtsmittel der von ihm bei seinem Beitritt bezeichneten Partei unterstützen zu wollen.
2. Für die Beurteilung, ob die erforderliche Beschwer gegeben ist, ist allein auf die Person der unterstützten Partei und deren Interesse an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts abzustellen.
3. Der Wert einer positiven Feststellungsklage ist im Regelfall in der Weise zu bemessen, dass von dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage im Hinblick darauf, dass der Kläger mit einem Feststellungsausspruch keinen vollstreckbaren Titel erhält, ein Abschlag von 20% vorzunehmen ist.
4. Geht es um die Feststellung zum Ersatz künftigen Schadens, bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Partei nicht allein nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintritts und einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist.

IMRRS 2025, 0826

OLG Köln, Beschluss vom 18.06.2025 - 27 W 3/25
Stützt der Vermieter seinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung auch auf einen anderen Rechtsgrund - hier Eigentum -, richtet sich der Streitwert nach § 41 Abs. 2 Satz 2 GKG. Maßgebend ist danach der jährliche Nutzungswert der Wohnung und nicht das vereinbarte Entgelt.
