Immobilien- und Mietrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 7. August
IMRRS 2025, 1019
BGH, Urteil vom 18.07.2025 - V ZR 29/24
1. Wird ein Wohnungseigentümer gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung einer baulichen Veränderung in Anspruch genommen, findet das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung Anwendung, wenn die bauliche Veränderung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.*)
2. Beurteilt sich die bauliche Veränderung nach dem bis zum 30.11.2020 geltenden Recht, kann der Störer dem Beseitigungsverlangen nach § 242 BGB einen nach Maßgabe von § 22 Abs. 1 WEG a.F. gegebenen Gestattungsanspruch entgegenhalten.*)
3. Eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums setzt nicht zwingend einen Substanzeingriff voraus, sondern kann auch bei einer sonstigen auf Dauer angelegten Maßnahme, die das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändert, gegeben sein (hier: Solaranlage).*)
IMRRS 2025, 0997

OLG Braunschweig, Urteil vom 31.07.2025 - 8 U 193/22
1. Erhält der Bauträger vom Erwerber den vollen Kaufpreis und ist er keinen mangelbedingten Ansprüchen des Erwerbers mehr ausgesetzt, ist der Bauträger gehindert, gegenüber "seinem" Architekten wegen dieser Mängel Ansprüche geltend machen (vgl. BGH, IBR 2007, 472). Ein Beispiel ist die Verjährung der mangelbedingten Ansprüche gegen den Bauträger.
2. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Bauträger beginnt mit der Abnahme bzw. mit der endgültigen Verweigerung der Abnahme zu laufen.
3. Hat der Erwerber die Leistung nicht abgenommen und liegt auch keine endgültige Abnahmeverweigerung vor, wird der Erfüllungsanspruch des Erwerbers - wenn keine Fertigstellungsfrist vereinbart wurde - nach Ablauf einer angemessenen Herstellungsfrist fällig und verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
4. Da es sich bei einem Nacherfüllungsanspruch um einen modifizierten Erfüllungsanspruch handelt, ist das Bestehen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs bis zur Abnahme Voraussetzung des Bestehens eines Nacherfüllungsanspruchs.
5. Beruft sich der Bauträger vor der Abnahme auf den Eintritt der Verjährung des Erfüllungsanspruchs, entsteht der Nacherfüllungsanspruch nicht.

IMRRS 2025, 0994

AG Schwerin, Urteil vom 18.07.2025 - 14 C 19/25
1. Die formularmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturenklausel mit dem Wortlaut "Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen" regelt nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet wird, und führt daher zur Unwirksamkeit der Klausel.
2. Der Vermieter ist verpflichtet, die Kaution bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Der Vermieter muss aber nicht das Kreditinstitut wählen, das den höchsten Zinssatz gewährt.

IMRRS 2025, 0977

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980a C 27/23 WEG
1. Im Rahmen einer Zweier-Gemeinschaft muss sich die Gemeinschaft das Wissen bzw. die Kenntnisse der einzelnen Wohnungseigentümer ohne Weiteres als eigene zurechnen lassen.
2. Der Anspruch auf Beseitigung einer Terrasse verjährt in drei Jahren.
3. Zwar kann der Gemeinschaft in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum grundsätzlich ein Anspruch auf Duldung der Beseitigung einer (rechtswidrigen) Eigentumsbeeinträchtigung in Form einer baulichen Veränderung zustehen, wenn der gegen den "störenden Eigentümer" (Bauherrn) gerichtete Beseitigungsanspruch verjährt ist.
4. Allerdings unterliegt die Geltendmachung dieses Anspruchs auch den Grundsätzen der Verwirkung.
5. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden.

IMRRS 2025, 0996

BFH, Beschluss vom 03.07.2025 - VII B 46/24
Bei dem Zeugenbeweis verlangt § 373 der Zivilprozessordnung vom Beweisantragsteller nicht, den gesamten Inhalt der künftigen Zeugenaussage durch detaillierte Angaben in seinem Beweisantrag vorwegzunehmen.*)

IMRRS 2025, 0886

LG Stuttgart, Beschluss vom 19.05.2025 - 10 T 110/25
1. Das Verbot der Selbstentscheidung gilt nach ganz herrschender Meinung ausnahmsweise nicht, wenn das Ablehnungsgesuch unzulässig oder missbräuchlich ist.
2. Anerkannt ist insofern die Fallgruppe der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke, etwa als regelmäßige Reaktion auf missliebige Entscheidungen.

Online seit 6. August
IMRRS 2025, 0976
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980b C 38/24 WEG
1. Gibt der Kläger für den Beklagten eine falsche Adresse an, so hat er die verzögerte Zustellung der Klage zu vertreten.
2. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf null reduziert ist.
3. Die Unbestimmtheit eines Beschlusses führt nicht stets zur Nichtigkeit. Jedenfalls dann, wenn der Beschluss eine durchführbare Regelung noch erkennen lässt, die Unbestimmtheit also nicht auf inhaltlicher Widersprüchlichkeit beruht, führen die Mängel nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit.
4. Dürfen nach dem Beschluss Balkonkraftwerke angebracht werden, wenn der Eigentümer die Kosten trägt und das Gebäude nicht beschädigt wird, regelt der Beschluss aber keine weiteren Einzelheiten zu Art, Größe, Umfang, Installationsort, Hersteller etc., entspricht er zwar mangels konkreter Festlegungen zu der jeweiligen Maßnahme nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, ist aber nicht nichtig.
5. Ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Fassung eines Zweitbeschlusses bei einem ordnungswidrigen Erstbeschluss kann gegeben sein, wenn schwer wiegende tatsächliche Gründe das Festhalten an dem - nicht nichtigen - (Erst-)Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen und der bestehende Zustand in seinem Sinn verändert werden muss oder wenn eine Abänderung wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse - aufgrund einer Gesetzesänderung oder einer Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung - geboten ist.
6. Es verbleibt dem Eigentümer die Möglichkeit, sich gegen Störungen, die von den aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses umgesetzten baulichen Veränderungen bzw. deren Nutzung ausgehen, zur Wehr zu setzen.

IMRRS 2025, 0986

OLG München, Urteil vom 28.07.2025 - 19 U 2640/24
1. Der verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB steht auch dem mittelbaren Besitzer des beeinträchtigten Grundstücksteils zu.*)
2. Aufgrund eines Entschädigungsanspruchs gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog kann nicht Schadensersatz, sondern lediglich ein nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bestimmender Ausgleich verlangt werden. Gleichwohl kommt die Entschädigungsregelung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einem vollen Schadensersatz vielfach gleich.*)
3. Gegenstand des Ausgleichs einer Besitzstörung in Geld ist jedenfalls, was dem Besitzer durch den Eingriff in seine berechtigte Besitzposition entgangen ist, regelmäßig also die Möglichkeit zur Nutzung der Sache. Namentlich sind infolge der Besitzstörung eingetretene Ertragseinbußen auszugleichen. Neben dem Ertragsverlust sind zudem diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die erforderlich sind, um eine ungestörte Fortführung eines mit dem Besitz verbundenen Betriebs zu gewährleisten.*)
4. Der Senat kann die umstrittene Frage offen lassen, ob der Besitzer aufgrund der Verletzung seines Besitzrechts durch die Beschädigung der Sache wie der Eigentümer aus eigenem Recht den Ersatz der Reparaturkosten, das heißt des Substanzschadens, verlangen kann.*)
5. Ist mit dem mittelbaren Besitz des beeinträchtigten Grundstücksteils dessen Nutzung als Vermietungsobjekt verbunden, so kann der mittelbare Besitzer jedenfalls auch diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die erforderlich sind, um eine ungestörte Fortführung des mit dem mittelbaren Besitz verbundenen Vermietungsbetriebs zu gewährleisten. Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB hat der Vermieter - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Widrigenfalls hat er eine Mietminderung durch seine Mieter zu gewärtigen. Daher können die Kosten für die vollständige Reparatur des beeinträchtigten, vermieteten Grundstücksteils ersatzfähig sein, auch wenn dies der Höhe nach mit dem Ersatz des Substanzschadens deckungsgleich ist.*)

IMRRS 2025, 0999

OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.07.2025 - 8 W 1286/25
1. Ob objektive Gründe vorliegen, die an der Unvoreingenommenheit eines Sachverständigen zweifeln lassen, entzieht sich einer schematischen Betrachtungsweise und kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden.
2. Die bloße Überschreitung des Gutachtenauftrags durch den Sachverständigen begründet regelmäßig noch nicht die Besorgnis der Befangenheit, solange sie nicht als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung bzw. einer "Belastungstendenz" zu Ungunsten einer Partei gedeutet werden kann. Nicht ausreichend ist jedenfalls, dass der Sachverständige lediglich irrtümlich das Beweisthema unzutreffend erfasst.

IMRRS 2025, 0995

KG, Beschluss vom 30.07.2025 - 7 U 87/24
1. Maßgeblich für den Fristbeginn für ein Rechtsmittel eines Streithelfers für die von ihm unterstützte (Haupt-)Partei kommt es nicht auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei ihm, dem Streithelfer, sondern auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei der unterstützten Partei an.
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist für die Bestimmung des Gegenstandswerts jedenfalls dann ohne Bedeutung, wenn sie nicht spätestens innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels erfolgt.

IMRRS 2025, 0972

AG Ahrensburg, Urteil vom 28.01.2025 - 37a C 6/24
1. Zustellungs-Verzögerungen, die aus der Einschaltung einer Rechtsschutzversicherung resultieren, gereichen der Kläger-Partei jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung zum Nachteil.
2. Zahlt der Rechtsschutzversicherer den Kostenvorschuss zwar bei der Landeskasse ein, kann eine Zuordnung des Zahlungseingangs von der Landeskasse aufgrund der Angabe eines unzutreffenden Verwendungszweckes des Rechtsschutzversicherers jedoch (zunächst) nicht vorgenommen werden, geht dies zu Lasten des Klägers.
3. Das Gericht nicht verpflichtet, den Kläger auf den fehlenden Vorschusseingang hinzuweisen oder ohne Anhaltspunkte Nachfragen an die Landeskasse zu stellen.
4. Die Fristen des § 45 WEG finden keine Anwendung auf die Beschlussersetzungsklage.
5. Ein Wohnungseigentümer hat nur dann auf einen Beschluss einen Anspruch, wenn sein Gegenstand noch nicht durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss geregelt ist

Online seit 5. August
IMRRS 2025, 0882
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 13.06.2025 - 2-09 S 12/25
1. Eine Anfechtungsklage ist nicht schon dann begründet, wenn dem klagenden Eigentümer vor der Beschlussfassung keine Einsicht in die Verwaltungsunterlagen und Belege gewährt wurde.
2. Vielmehr liegt lediglich ein formeller Fehler vor, so dass der Eigentümer vortragen muss, dass sich dieser Mangel auch kausal auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat oder dass die Ursächlichkeit des Mangels jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann.
3. Erfolgt das Verlangen nach Einsichtnahme erst nach der Beschlussfassung, kann eine Kausalität ausgeschlossen werden.
4. Für die Ordnungsgemäßheit der Jahresabrechnung ist alleine maßgeblich, dass die tatsächlich stattgefundenen Ausgaben rechnerisch richtig ermittelt und zutreffend umgelegt wurden, wobei unerheblich ist, ob es hierfür einen Sachgrund gibt oder Beschlüsse vorgelegen haben.

IMRRS 2025, 0802

KG, Beschluss vom 28.04.2025 - 8 U 86/24
1. Der zum Grundbuchinhalt gewordene Aufteilungsplan hat dieselbe Funktion wie ein Katasterplan eines Grundstücks, nämlich dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachen- und Grundbuchrechts Rechnung zu tragen und eine sachenrechtliche Abgrenzung zu erreichen.
2. Die Vermutung des § 891 BGB erstreckt sich daher auch auf diesen räumlichen Bestand des Rechts.
3. Grundsätzlich geht der Wille der Kaufvertragsparteien dahin, das durch Bezugnahme auf den Grundbuchinhalt bezeichnete Grundeigentum zu verkaufen und aufzulassen.
4. Allerdings kann in Ausnahmefällen festzustellen sein, dass dies eine irrtümliche Falschbezeichnung ist (sog. falsa demonstratio), die angesichts des übereinstimmenden abweichenden Willens der Kaufvertragsparteien unschädlich ist, so dass sich die Auflassung dann tatsächlich auf ein anderes Objekt bezieht.

IMRRS 2025, 0991

LSG Bayern, Urteil vom 10.09.2024 - L 8 SO 226/22
1. Hat ein Bevollmächtigter im Widerspruchsverfahren seine Vollmacht auf Verlangen (…) innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgewiesen, kann der Widerspruch als unzulässig verworfen werden.*)
2. Der Mangel der Vollmacht im Widerspruchsverfahren kann nicht durch die nachträgliche Vorlage einer Vollmacht im Klageverfahren geheilt werden.*)
3. Die Anforderung des Nachweises der Vollmacht muss regelmäßig mit einer angemessenen Frist und dem Hinweis verbunden sein, dass anderenfalls der Widerspruch als unzulässig verworfen wird.*)

IMRRS 2025, 0942

LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.07.2025 - L 9 SO 55/25
1. Die Richtigkeit der Begründung einer die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz ablehnenden Entscheidung unterliegt nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts.*)
2. Wegen des Fehlens eines formalen Beschlusses über die Ablehnung der Videokonferenz vor der mündlichen Verhandlung kann eine Gehörsrüge nur dann in Betracht kommen, wenn die Teilnahme an der Videokonferenz zuvor in dem betreffenden Verfahren beantragt worden ist.*)
3. Gestattet das Sozialgericht einem im Ausland lebenden, in der mündlichen Verhandlung durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten nicht, an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz teilzunehmen, berührt dies den Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich nur dann, wenn sich das Erfordernis einer persönlichen Anhörung dem Gericht aufdrängen muss.*)

IMRRS 2025, 0884

LG Stuttgart, Beschluss vom 20.05.2025 - 10 T 102/25
1. Ein Ablehnungsersuchen kann grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden.
2. Der Einwand des Klägers, die Entscheidung eines Richters gehe über pauschale Behauptungen nicht hinaus, ist damit nicht geeignet, die Befangenheit des abgelehnten Richters zu begründen.

Online seit 4. August
IMRRS 2025, 0978
OLG Schleswig, Urteil vom 10.07.2025 - 12 U 12/24
1. Bei einem Bauträgervertrag stellen kauf- und werkvertraglicher Teil Teile eines einheitlichen Ganzen dar und ergeben nur gemeinsam Sinn. Die einzelnen Leistungen sind daher beim Bauträgervertrag ins Synallagma eines einheitlichen Vertragsverhältnisses einbezogen, es handelt sich mithin in aller Regel um einen einheitlichen, gemischten Vertrag. Ein solcher unterfällt schon aufgrund der objektiven Untrennbarkeit seiner Bestandteile in Gänze der Beurkundungspflicht des § 311b Abs. 1 BGB (vgl. BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 209; ausführlich auch KG, IBR 2021, 228).*)
2. Wird die Form nicht eingehalten, erstreckt sich die Nichtigkeit auf den gesamten Vertrag, nichtig ist danach nicht nur die formlose Nebenabrede, sondern grundsätzlich auch der notariell beurkundete Vertrag, § 125 BGB (s. zu dieser umfassenden Rechtsfolge Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 311b Rn. 45).*)
3. Bei - weiteren - objektiv selbständigen Verträgen (hier: zusätzlich zum Rohbauvertrag ein weiterer Vertrag über einen schlüsselfertigen Ausbau) bedarf es zur Herstellung des rechtlichen Zusammenhangs eines zusätzlichen subjektiven Verknüpfungsmoments - dem Verknüpfungswillen der Parteien.*)
4. Für den Verknüpfungswillen kommt es nicht auf die wechselseitige Abhängigkeit der Verträge voneinander, sondern nur auf die einseitige Abhängigkeit des Grundstücksvertrags von dem anderen Vertrag bzw. den anderen Verträgen an. Nur, wenn der Grundstücksvertrag nach dem Willen der Parteien von dem anderen Vertrag abhängig ist, erstreckt sich der Normzweck des § 311b Abs. 1 BGB auf letzteren, welcher daher mitzubeurkunden ist, im umgekehrten Fall nicht (vgl. zu alledem BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 183-185, m.w.N.; ebenso BGH, IBR 2010, 570 ).*)
4. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Verknüpfungswillens trägt grundsätzlich die Partei, die sich auf die Formnichtigkeit des Vertrags beruft (vgl. BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 186-197).*)
5. Im Fall der Formnichtigkeit einer Vereinbarung kann die Berufung einer Partei hierauf ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich sein. Das gilt dann, wenn auf Seiten desjenigen, welcher der Geltendmachung der Formnichtigkeit entgegentritt, ein Irrtum über die rechtliche Notwendigkeit der Förmlichkeit vorgelegen hat und dieser Irrtum vom Geschäftsgegner schuldhaft, mindestens fahrlässig, verursacht worden war, oder wenn derjenige, der sich auf den Formverstoß beruft, eine Haltung eingenommen hat, die mit seinem früheren Verhalten nach Treu und Glauben unvereinbar ist. Entsprechendes gilt, wenn eine Partei, sei es auch nur unabsichtlich, die andere zum Absehen vom erforderlichen Abschluss eines formgültigen Vertrags veranlasst und diese daraufhin angenommen hat, dass eine formlose Vereinbarung genüge (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.1981 - VII ZR 230/80, IBRRS 1981, 0504).*)
6. Insbesondere für Bauverträge hat der Bundesgerichtshof überdies entschieden, die Geltendmachung von deren Nichtigkeit durch den Unternehmer sei unter dem Gesichtspunkt selbstwidersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen, wenn er in Kenntnis der die Nichtigkeit begründenden Umstände den Vertrag durchführt, sozusagen "ins Werk gesetzt" und seine Bauleistung erbracht hat (vgl. BGH, IBR 2008, 431, zu den Auswirkungen einer nach §§ 134, 138 BGB nichtigen "Ohne-Rechnung-Abrede" in einem Bauvertrag; vgl. außerdem: KG, IBR 2020, 348; OLG Karlsruhe, IBR 2018, 564).
7. Ein Rücktritt des Verkäufers vom Grundstückskaufvertrag wegen Ausstehens eines geringen Kaufpreisanteils (hier: 5 %) scheidet gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB wegen Unerheblichkeit aus.*)
8. Der Auflassung und Bewilligung der Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch steht nicht entgegen, dass er den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt hat, wenn dem Anspruch des Verkäufers auf restliche Kaufpreiszahlung Mängelbeseitigungsansprüche des Klägers entgegenstehen, aufgrund derer er nach Treu und Glauben den restlichen Kaufpreis zurückbehalten kann.*)

IMRRS 2025, 0982

AG Hamburg, Urteil vom 04.07.2025 - 49 C 237/24
1. Es handelt sich bei einer Nichtbeachtung einer gerichtlich titulierten Verpflichtung um eine schwer wiegende, die Kündigung rechtfertigende Vertragspflichtverletzung.
2. Es steht dem Mieter insbesondere nicht frei, die Vorgaben seiner gerichtlich rechtskräftig titulierten Duldungspflicht weiter einzuschränken.
3. Einer Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB bedarf es nicht, da dem Mieter bereits im Klageverfahren deutlich gemacht worden ist, was er zu dulden hat. Eine nochmalige Fristsetzung wäre eine sinnlose Förmlichkeit.
4. Einem Mieter, der seinem Vermieter nur eine Mängelbesichtigung von 10 Minuten erlaubt, obwohl ihm das Gericht eine halbe Stunde gewährt hat, und ein Berühren der angeblich schadhaften Sachen verbietet, kann fristlos gekündigt werden.

IMRRS 2025, 0969

OLG Hamburg, Urteil vom 12.12.2024 - 6 U 116/21
1. Eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben.
2. Die Angabe eines "Circa"-Baujahrs steht der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht entgegen.
3. Die Auslegung des Begriffs "zeitgemäße Elektroausstattung" ergibt, dass ein vor längerer Zeit modernisierter Zustand geschaffen wurde, so dass die Elektrik den üblichen Anforderungen gewachsen ist. Damit geht auch einher, dass überhaupt eine Nutzung der Elektroinstallation ohne Gefahr für die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude bzw. die dort wohnenden Personen möglich ist.
4. Eine Beschreibung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit der Vermietung von acht Wohneinheiten stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar.
5. Als Rechtsfolge ist bei einer Minderung der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zum wirklichen Wert gestanden haben würde.

IMRRS 2025, 0971

OLG Celle, Beschluss vom 28.08.2024 - 5 U 106/24
Der Anwalt ist verpflichtet, bei Beantragung einer Fristverlängerung das hypothetische Ende der beantragten Frist einzutragen. Organisiert er seine Kanzlei nicht dementsprechend, geht dies zu seinen Lasten.

IMRRS 2025, 0948

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.07.2025 - 12 ME 60/25
Ist die Adresse im Anschriftsfeld einer Postzustellungsurkunde handschriftlich geändert worden, beurteilt sich die Beweiskraft der Urkunde bezüglich des Orts einer Ersatzzustellung ggf. nach § 419 ZPO (i. V. m. § 98 VwGO).*)

Online seit 1. August
IMRRS 2025, 0881
AG Dortmund, Urteil vom 26.06.2025 - 514 C 112/24
1. Ein Beschluss über die zu zahlenden Vorschüsse ist hinreichend bestimmt, wenn sich dem Beschluss unter Heranziehung der Einzelwirtschaftspläne eindeutig die Zahlungsverpflichtung entnehmen lässt.
2. Erst nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres können die Eigentümer rückwirkend keine Vorschusspflichten für das abgelaufene Wirtschaftsjahr mehr begründen.
3. Für den Eintritt der Fälligkeit des Hausgeldes ist es nicht von Bedeutung, auf welches Konto (Eigenkonto oder Treuhandkonto) der Eigentümer Zahlungen leisten soll.
4. Auch ein Zurückbehaltungsrecht besteht bei fehlender Einrichtung eines Eigenkontos nicht, da neben der Überweisungsmöglichkeit auch die Möglichkeit der Barzahlung besteht.

IMRRS 2025, 0958

OLG Nürnberg, Urteil vom 29.04.2025 - 3 U 2107/24
1. Die Frist für die Verjährung eines Anspruchs auf Überlassung eines genau beschriebenen, aber noch nicht selbstständig gebuchten Grundstücksteils beginnt regelmäßig nicht erst mit Vornahme der Vermessung oder Erstellung des Veränderungsnachweises, sondern mit Abschluss des Vertrags zu laufen.*)
2. Eine Regelung, nach der die Vertragsparteien die Auflassung nach der Vermessung zu erklären haben, führt für sich genommen noch nicht dazu, dass eine abweichende Fälligkeitsregelung getroffen wurde. Der sofortige Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten spricht gegen einen solchen Parteiwillen, selbst wenn die Überlassung unter Familienmitgliedern erfolgt ist.*)

IMRRS 2025, 0940

KG, Beschluss vom 15.05.2025 - 17 U 4/25
1. Zum Nachweis der Unrichtigkeit des elektronischen Empfangsbekenntnisses eines Rechtsanwalts.*)
2. Die Angabe eines Empfangs eines Urteils sechs Wochen nach Eingang und zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Urteils in einem elektronischen Empfangsbekenntnis kann nach den Umständen des Einzelfalls willkürlich und damit treuwidrig sein.*)

IMRRS 2025, 0934

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.07.2025 - 7 W 24/24
Wie bei jedem Rechtsmittel ist auch für eine Beschwerde gegen die endgültige Festsetzung des Kostenstreitwerts eine Beschwer erforderlich. Die für eine Streitwertbeschwerde erforderliche Beschwer ergibt sich noch nicht daraus, dass die Streitwertfestsetzung von den Vorstellungen des Beschwerdeführers abweicht. Soweit die beantragte Veränderung des Streitwerts zu keinem Gebührensprung führt, fehlt es an einer Beschwer, weil die entstehenden Kosten bzw. Gebühren sich dann nicht verändern können.*)

Online seit 31. Juli
IMRRS 2025, 0980
BGH, Urteil vom 04.07.2025 - V ZR 77/24
1. Ein Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers wegen eines die Gemeinschaft schädigenden Verhaltens beauftragt wird, ist nicht anders zu behandeln als ein Abmahnungsbeschluss und deshalb selbstständig anfechtbar. Dass der Verwalter die Abmahnung bereits ausgesprochen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht entfallen (Fortführung von Senat, Urteil vom 05.04.2019 - V ZR 339/17, IMR 2019, 326).*)
2. Lässt sich einem solchen Beschluss nicht entnehmen, dass bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht, und führt der Verwalter den Beschluss aus, liegt zwar keine wirksame Abmahnung i.S.d. § 17 Abs. 2 WEG vor. Der Beschluss enthält aber bei der gebotenen objektiven Auslegung jedenfalls die zulässige Aufforderung an den Wohnungseigentümer, das monierte Verhalten zukünftig zu unterlassen.*)
3. Im Rahmen einer gegen einen solchen Aufforderungsbeschluss gerichteten Anfechtungsklage sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen, nicht jedoch, ob ein Unterlassungsanspruch besteht.*)

IMRRS 2025, 0883

AG Hannover, Urteil vom 13.06.2025 - 480 C 7761/24
1. Die Formulierung in einer Gemeinschaftsordnung, wonach die Kosten "von der Gesamtheit der Raumeigentümer" zu tragen sind, beschreibt keine gesamtschuldnerische Außenhaftung, sondern stellt eine interne Lastenverteilung im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern dar.
2. Bei einer individuell bezifferten Kostenverteilung (z.B. nach Miteigentumsanteilen) liegt regelmäßig keine gesamtschuldnerische Haftung, sondern eine anteilige Verpflichtung vor.
3. Auch der Begriff "Gesamtheit" rechtfertigt keine andere Auslegung. Der Begriff beschreibt lediglich die Gruppe der Verpflichteten und bedeutet nicht "Gesamtschuldnerschaft" im technischen Sinn. Wäre eine solche Haftung gewollt, hätte dies klar und eindeutig formuliert werden müssen.
4. Allein die gemeinsame Verpflichtung mehrerer Eigentümer in einem Vergleich führt noch nicht automatisch zu § 427 BGB. Vielmehr ist im Zweifel nur von einer anteiligen Verpflichtung auszugehen, wenn - wie hier - eine interne Umlage nach einem Schlüssel geregelt ist.

IMRRS 2025, 0973

BGH, Urteil vom 27.06.2025 - V ZR 150/24
Der Eigentümer eines mit einer Überfahrtbaulast belasteten Grundstücks ist nicht aufgrund der Baulast nach Treu und Glauben zivilrechtlich verpflichtet, das Begehen bzw. Befahren seines Grundstücks zu dulden (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 09.01.1981 - V ZR 58/79, BGHZ 79, 201, 210).

IMRRS 2025, 0943

KG, Beschluss vom 16.06.2022 - 21 W 12/22
Hilfspersonen, derer sich der gerichtliche Sachverständige bedient (hier von ihm als "Co-Sachverständige" bezeichnet), können nicht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

IMRRS 2025, 0964

OLG München, Beschluss vom 09.07.2025 - 11 W 839/25
1. Die Kosten für einen Terminsvertreter sind dann erstattungsfähig, wenn sie die (fiktiven) Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um nicht mehr als ca. 10% übersteigen (sog. "110 %-Grenze").
2. Maßgeblich hierfür ist eine Prognose, ob - im Zeitpunkt der Beauftragung des Unterbevollmächtigten - dessen Kosten die "110 %-Grenze" nicht übersteigen werden.

IMRRS 2025, 0966

KG, Beschluss vom 11.07.2025 - 7 W 11/25
1. Im selbständigen Beweisverfahren ist grundsätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs von § 494a ZPO keine Entscheidung über die Kostentragungspflicht zu treffen; diese Entscheidung ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.*)
2. Ein selbständiges Beweisverfahren ist sachlich erledigt und damit beendet, wenn trotz Erinnerung ein angeforderter Vorschuss für ein Ergänzungsgutachten nicht eingezahlt wird.*)
3. Die Einholung eines Ergänzungsgutachtens darf nicht von der Einzahlung offener Vorschüsse für bereits eingeholte Sachverständigengutachten abhängig gemacht werden. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage.*)

Online seit 30. Juli
IMRRS 2025, 0967
KG, Beschluss vom 30.06.2025 - 7 W 3/25
1. Hat die Verfügungsklägerin vorprozessual einen Vertrag als wirksam behandelt, kann sie dessen Wirksamkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht mit der bloßen Behauptung in Abrede stellen, dass ihr nicht bekannt sei, ob eine - im Vertrag als aufschiebende Bedingung geregelte - Vertragsvereinbarung zwischen Dritten getroffen wurde.*)
2. Fristverlängerungsanträge führen im einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig zur Selbstwiderlegung der Dringlichkeit.*)
3. Hat ein Sicherungsschuldner eine Sicherheit in Form einer Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet, hat er grundsätzlich zu dulden, dass der Sicherungsgläubiger den Bürgen in Anspruch nimmt, auch wenn noch nicht abschließend feststeht, ob die besicherte Forderung tatsächlich besteht.
4. Anderes gilt, wenn und soweit es bereits im Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Sicherungsgläubiger des Bürgen klar auf der Hand liegt oder liquide feststellbar ist, dass der besicherte Anspruch nicht besteht (hier bejaht).

IMRRS 2025, 0885

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.05.2025 - 2-01 S 68/24
1. Löst sich ein Gebäudeteil infolge von Witterungseinwirkungen spricht die Lebenserfahrung dafür, dass die Anlage entweder fehlerhaft errichtet oder mangelhaft unterhalten ist.
2. Der Anscheinsbeweis gilt nicht, wenn ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder mit der erforderlichen Sorgfalt unterhaltenes Werk nicht standzuhalten vermag.
3. Einem stürmischen Wind müssen sorgfältig errichtete und unterhaltene Gebäude standhalten können.
4. Der Verwalter ist verpflichtet, die Sicherheit des Daches zu kontrollieren und zu überwachen.
5. An die Überwachungspflicht eines Gebäudes sind hohe Anforderungen zu stellen.
6. Das Dach ist in regelmäßigen Intervallen durch eine zuverlässige, fachkundige Person überprüfen zu lassen.

IMRRS 2025, 0965

BayObLG, Beschluss vom 06.03.2025 - 101 Sch 27/24
Lücken und Unzulänglichkeiten in den Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen stellen für sich genommen dessen Unparteilichkeit nicht in Frage. Sie rechtfertigen eine Ablehnung wegen Befangenheit nur, wenn Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass die Mängel auf einer Voreingenommenheit des Sachverständigen beruhen (vorliegend in Bezug auf eine Sachverständige für das Recht der Volksrepublik China verneint).*)

IMRRS 2025, 0950

BFH, Urteil vom 08.04.2025 - VII R 4/24
Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann wirksam auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht, wenn die das Dokument signierende (und damit verantwortende) Person mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmt.*)

IMRRS 2025, 0933

OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.07.2025 - 3 LA 54/23
Die Mandatierung eines Rechtsanwalts, der zugleich einen Beteiligten des zu entscheidenden Verfahrens vertritt, durch den zuständigen Richter in einer eigenen Angelegenheit begründet nicht generell die Besorgnis der Befangenheit.

Online seit 29. Juli
IMRRS 2025, 0899
AG Kassel, Urteil vom 28.03.2024 - 800 C 2582/23
1. Ein Beschluss, wonach Überwachungskameras installiert werden sollen, ist nicht nichtig.
2. Hat ein Eigentümer der Installation der Kameras zugestimmt, kann er sich nicht darauf berufen, seine Rechte seien übergangen worden.
3. Sofern die Installation nicht den Vorgaben des Beschlusses entsprechen, muss ein Eigentümer gegen die Gemeinschaft vorgehen und nicht gegen den Installateur, der nur im Auftrag der Gemeinschaft handelt.
4. Auch wenn der Installateur die Überwachungsanlagen als Beauftragter der Gemeinschaft betreiben soll, richten sich mögliche Ansprüche gegen die Gemeinschaft.

IMRRS 2025, 0880

AG Dortmund, Urteil vom 03.07.2025 - 514 C 4/25
1. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf null reduziert war.
2. Dies ist nicht der Fall, wenn es zulässige Alternativen zu dem beantragten Vorgehen gibt.
3. Die Ablehnung der Beschlussfassung stellt keine Genehmigung der ohne Erlaubnis errichteten baulichen Veränderung dar.
IMRRS 2025, 0843

LG Stuttgart, Urteil vom 24.03.2025 - 4 S 159/24
1. Veröffentlicht ein Verantwortlicher Lichtbilder aus dem Inneren einer bewohnten Wohnung ohne nachgewiesene Einwilligung der Betroffenen, liegt ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 DSGVO vor, der einen Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DSGVO begründet. Ein Kontrollverlust über personenbezogene Daten stellt dabei bereits einen immateriellen Schaden i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO dar, ohne dass zusätzlich spürbare negative Folgen dargelegt werden müssen.
2. Bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes wegen der Veröffentlichung von Lichtbildern aus dem Innenraum einer bewohnten Wohnung ist eine Entschädigung i.H.v. 100 Euro je Betroffenen angemessen und ausreichend, wenn nur für einen begrenzten Personenkreis die Wohnungsbilder als Wohnung der Betroffenen erkennbar sind und die Veröffentlichung ohne Einwilligung nicht beabsichtigt, sondern auf ein Kommunikationsversehen zurückzuführen war.

IMRRS 2025, 0949

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.12.2024 - 5 Sa 982/24
1. Die vorübergehende Unmöglichkeit, eine Berufungsschrift als elektronisches Dokument über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht zu übermitteln, ist gemäß § 46 g Satz 4 ArbGG bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen.*)
2. Die handschriftlich verfasste Angabe "wg. beA-Störung" auf der kurz vor Ablauf der Berufungsfrist als Fax eingehenden Berufungsschrift genügt den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nicht, weil diese einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände beim Fehlschlag der elektronischen Übermittlung bedarf.*)
3. Eine Glaubhaftmachung nach § 46 Satz 4 ArbGG erfolgt in der Regel nicht mehr unverzüglich, wenn zwischen Ersatzeinreichung und Glaubhaftmachung ein Zeitraum von mehr als einer Woche liegt.*)
4. Es kann dahinstehen, ob ein anwaltliches Organisationsverschulden darin liegt, dass eine mit der Übermittlung fristgebundener elektronischer Dokumente beauftragte Kanzleikraft nicht angewiesen ist, im Falle einer notwendig werdenden Ersatzeinreichung den zuständigen anwaltlichen Sachbearbeiter oder ein anderes anwaltliches Mitglied der Kanzlei zu benachrichtigen, um so eine gleichzeitig oder kurz nach Ersatzeinreichung erfolgende Glaubhaftmachung der die Unmöglichkeit der vorgeschriebenen Übermittlung begründenden Umstände zu gewährleisten.*)

IMRRS 2025, 0954

BGH, Beschluss vom 08.07.2025 - VII ZR 36/24
1. Der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention stimmt mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist wie die Partei, der er beigetreten ist.
2. Ist der Streithelfer in geringerem Umfang am Rechtsstreit beteiligt, ist der Streitwert entsprechend herabzusetzen.

IMRRS 2025, 0787

OLG München, Beschluss vom 27.11.2024 - 101 AR 144/24
1. Wird eine Entstörungsklage gegen den Eigentümer und den Fremdnutzer erhoben, wird als gemeinsames Gericht das Wohnungseigentumsgericht bestimmt, da dort der Eigentümer seinen ausschließlichen Gerichtsstand hat und das Gericht damit sachnäher ist.
2. Klagen gegen Fremdnutzer von Sondereigentum fallen nicht unter § 43 Nr. 1 und 2 WEG, weil diese als Dritte weder zur Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu den Sondereigentümern in einer Rechtsbeziehung stehen, die den notwendigen gemeinschaftsbezogenen Gehalt aufweist.

Online seit 28. Juli
IMRRS 2025, 0925
AG Bottrop, Urteil vom 05.05.2025 - 12 C 11/25
1. Behauptet der "Mieter", dass ein Mietvertrag mit einer monatlichen Miete von 900 Euro vorliege, muss er schlüssig vortragen, dass er überhaupt über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, die von ihm behauptete Miete i.H.v. 900 Euro monatlich zu entrichten.
2. Bei einem Nettoeinkommen von 1.200 Euro sowie monatlichen Belastungen für Bewährungsauflage, Handyvertrag und Fitnessstudio erscheint dies nicht glaubhaft.

IMRRS 2025, 0916

AG Köpenick, Urteil vom 09.07.2025 - 17 C 5/25
Es widerspricht grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dem Maßnahmenbeschluss ein Grundlagenbeschluss vorgeschaltet wird.

IMRRS 2025, 0953

BGH, Urteil vom 09.07.2025 - IV ZR 161/23
1. Eine Widerrufsbelehrung, die auf nicht einschlägige oder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht existierende Normen verweist, ist inhaltlich fehlerhaft und setzt die Widerrufsfrist nicht in Gang.
2. Die Geltendmachung des Widerrufsrechts kann trotz fehlerhafter Belehrung ausnahmsweise Treu und Glauben widersprechen, wenn besonders gravierende Umstände des Einzelfalls vorliegen, die vom Tatrichter festzustellen sind.

IMRRS 2025, 0824

VG Freiburg, Urteil vom 20.02.2025 - 4 K 1852/24
Ein Bauaufwand kann den Kosten nach als wesentlich im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Zweckentfremdungsverbotsgesetz angesehen werden, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht.*)

IMRRS 2025, 0951

BGH, Urteil vom 08.05.2025 - IX ZR 90/23
1. Die Vergütungsvereinbarung bestimmt, auf welche Tätigkeiten und welche Angelegenheiten die Prüfung der unangemessenen Höhe der Vergütung zu beziehen ist. Danach richtet sich, ob von einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung erfasste anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung getrennt von anderen nach der Vergütungsvereinbarung erfassten Aufträgen zu betrachten sind. Wurde der Rechtsanwalt mit anwaltlichen Tätigkeiten betraut, die üblicherweise den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden, ist grundsätzlich auf die hierfür ausgeübten Tätigkeiten, den darauf entfallenden Teil der Vergütung nach der Vergütungsvereinbarung sowie die hierfür fiktiv anfallenden gesetzlichen Gebühren abzustellen.*)
2. Die tatsächliche Vermutung, dass ein vereinbartes Honorar unangemessen hoch ist, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars für zivilrechtliche Streitigkeiten.*)
3. Bei der Herabsetzung einer unangemessen hohen Vergütung auf den angemessenen Betrag ist dem von den Parteien gewählten Vergütungsmodell Rechnung zu tragen. Ein von den Parteien vereinbartes Zeithonorar kann nicht durch Kappung des Honoraranspruchs auf einen Pauschalbetrag der Sache nach in ein Pauschalhonorar umgestaltet werden.*)

IMRRS 2025, 0952

BGH, Beschluss vom 17.07.2025 - IX ZR 55/24
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
2. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.

IMRRS 2025, 0946

BGH, Beschluss vom 17.06.2025 - AnwZ (Brfg) 15/25
Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ist nur zulässig, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn es nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (hier bejaht).

IMRRS 2025, 0926

LG Essen, Beschluss vom 16.04.2025 - 15 T 54/25
Der Streitwert für das Hausverbot eines Besuchers einer vermieteten Wohnung ist mit 3.000 Euro bis 5.000 Euro anzusetzen.
