Immobilien- und Mietrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 20. August
IMRRS 2025, 1013
AG München, Urteil vom 28.11.2024 - 1293 C 17375/24 WEG
Ist in der Teilungserklärung vorgesehen, dass die TG-Stellplatzbesitzer allein über Angelegenheiten abstimmen, die die Tiefgarage betreffen, und die Wohnungseigentümer allein über Angelegenheiten abstimmen, die nur das Gebäude betreffen, und, dass in Fällen, in denen sowohl die Tiefgarage als auch das Gebäude betroffen sind, beide zusammen abstimmen, so sind bei der Frage des Einbaus von Wallboxen in der Tiefgarage auch die Wohnungseigentümer entscheidungsbefugt, wenn der Einbau die Installation der Ladeinfrastruktur im Waschraum des Gebäudes, die Umrüstung der Bestandszählerverteilung im Gebäude und ein Wanddurchbruch zwischen Gebäude und Tiefgarage erfordert.

IMRRS 2025, 1077

OLG Brandenburg, Urteil vom 03.07.2025 - 5 U 77/22
1. Wenn der Eigentümer eine Beeinträchtigung seines Grundstücks durch vom Grundstück des Nachbarn ausgehenden Rauch hinreichend dargelegt hat, ist es Sache des Nachbarn, darzulegen und zu beweisen, dass es sich dabei um die Zuführung unwägbarer Stoffe handelt, durch die das Grundstück des Eigentümers nur unwesentlich beeinträchtigt wird.
2. Eine solche unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel dann vor, wenn die in Gesetzen und Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte eingehalten werden. Entsprechendes gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die auf Grundlage des BImSchG erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

IMRRS 2025, 1094

BGH, Beschluss vom 15.07.2025 - VIII ZB 69/24
Ein rechtliches Interesse gem. § 485 Abs. 2 ZPO an der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S.v. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB oder an der Feststellung von Wohnwertmerkmalen, mit deren Hilfe Zu- und Abschläge vom Mittelwert der einschlägigen Mietspiegelspanne zur Bestimmung der konkreten ortsüblichen Einzelvergleichsmiete vorgenommen werden können, besteht grundsätzlich nicht. Die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO lässt sich weder mit der Ausgestaltung des in den §§ 558 ff. BGB geregelten Mieterhöhungsverfahrens noch mit den hiermit verfolgten Zwecken vereinbaren. Auch ist die Anordnung eines solchen Beweisverfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreits über eine vom Vermieter begehrte Mieterhöhung nicht erforderlich.*)

IMRRS 2025, 1048

OLG Schleswig, Beschluss vom 06.08.2025 - 7 W 11/25
1. Für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO sind die Grundgedanken des Kostenrechts heranzuziehen, so dass in der Regel derjenigen Partei die Kosten aufzuerlegen sind, die sie ohne Erledigung bei Fortsetzung des Rechtsstreites nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen zu tragen hätte.*)
2. Im Rahmen der summarischen Prüfung genügt bei schwierigen ungeklärten Rechtsfragen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten zwar die "mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit", das gilt jedoch nicht für streitige Tatsachenfragen (insoweit ist nur ausnahmsweise eine antizipierte Beweiswürdigung zulässig).*)
3. Ob die schlichte Duldung des Zahlungsverzuges durch den Verkäufer eines Hauses verbunden mit der Entgegennahme von monatlichen Nutzungsentgelten als konkludente Stundungsvereinbarung auszulegen ist, ist zweifelhaft. Es könnte sich auch lediglich um eine einseitige Duldung ohne Verpflichtungscharakter gehandelt haben.*)
4. Kommt es nicht mehr zur Durchführung einer Beweisaufnahme, die ohne die Erledigung geboten gewesen wäre, so sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben. Bei nicht hinreichend geklärter Rechtslage sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.*)

Online seit 19. August
IMRRS 2025, 1006
AG Hamburg, Urteil vom 22.01.2025 - 49 C 468/24
1. Kosten, die materiell fehlerhaft auf den Mieter umgelegt werden, weil es an einer mietvertraglichen Umlagevereinbarung fehlt, vermögen eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung nicht zu begründen.
2. Haben die Parteien eines Mietvertrags formularvertraglich eine Regelung über die Betriebskostentragungspflicht geschlossen, wonach bestimmte Betriebskosten umgelegt werden und hierzu eine Auflistung im Mietvertrag erfolgt, sind nur die ausdrücklich genannten Positionen umlagefähig.
3. Ist ferner vereinbart, dass monatliche Vorauszahlungen erhoben werden und bei jeder einzelnen Betriebskostenart der Vorauszahlungsbetrag angegeben werden muss, so schuldet die Mieterseite nur die Betriebskosten, für die die Parteien die entsprechenden Vorauszahlungsbeträge eingetragen haben.
4. Eine stillschweigende Änderung der mietvertraglichen Umlagevereinbarung kommt nicht schon dadurch zu Stande, dass die Vermieterseite Betriebskosten abrechnet, zu deren Umlage sie nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist, und der Mieter eine darauf beruhende Nachzahlung begleicht.

IMRRS 2025, 1075

OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2025 - 4 U 113/24
1. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Da ein Vertrag durch gegenseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen zustande kommt, dürfen bei der nach dem objektiven Empfängerhorizont vorzunehmenden Auslegung nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren. Die Auslegung erfolgt ausgehend vom Wortlaut und Systematik auch anhand von Begleitumständen.
2. Für eine Vertragsurkunde gilt grundsätzlich die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Dies gilt grundsätzlich auch für formbedürftige Erklärungen, bei der Umstände außerhalb der Urkunde bei der Auslegung allerdings nur dann zu berücksichtigen sind, soweit der aus Umständen außerhalb der Urkunde ermittelte rechtsgeschäftliche Wille in der Urkunde einen - wenn auch unvollkommenen - Ausdruck gefunden hat.
3. Einseitige Erwartungen einer Vertragspartei, die für ihre Willensbildung maßgeblich waren, gehören nur dann zur Geschäftsgrundlage, wenn sie in den dem Vertrag zugrunde liegenden gemeinschaftlichen Willen beider Parteien aufgenommen worden sind. Dazu genügt nicht, dass die eine Partei ihre Erwartungen bei den Vertragsverhandlungen der anderen Partei mitgeteilt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten des anderen Teils als bloße Kenntnisnahme oder nach Treu und Glauben als Einverständnis und Aufnahme der Erwartung in die gemeinsame Grundlage des Geschäftswillens zu werten ist.

IMRRS 2025, 1087

OLG Hamm, Beschluss vom 15.07.2025 - 25 W 110/25
1. Der Gerichtssachverständige erhält die Vergütung lediglich in Höhe des Auslagenvorschusses (hier: 6.000 Euro), wenn die Vergütung (hier: 30.000 Euro) den angeforderten Vorschuss erheblich überschreitet und er nicht rechtzeitig auf diesen Umstand hingewiesen hat.
2. Die Erheblichkeitsgrenze ist jedenfalls bei einer Überschreitung von 25 Prozent erreicht.
3. Mit der Mitteilung, dass der Vorschuss voraussichtlich nicht ausreichen wird, genügt der Sachverständige seiner Hinweispflicht nicht. Vielmehr bedarf es einer Kostenschätzung, auf deren Grundlage ein zahlenmäßiger Wert anzugeben ist, um den die voraussichtlichen Kosten den Auslagenvorschuss überschreiten.

IMRRS 2025, 1083

BGH, Beschluss vom 08.07.2025 - AnwZ (Brfg) 33/24
Eine Krankheit greift nur dann als Grund für eine "nicht verschuldete" Versäumung einer Rechtsmittelfrist durch, wenn sie so schwer war, dass der von ihr betroffene Verfahrensbeteiligte nicht bloß unfähig war, selbst zu handeln, sondern auch außerstande war, einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen und im gebotenen Umfang zu informieren.

IMRRS 2025, 1081

BGH, Beschluss vom 31.07.2025 - III ZR 422/23
Die Gerichte zwar verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es besteht jedoch keine Pflicht des Gerichts, namentlich bei letztinstanzlichen Entscheidungen, zu ausdrücklicher Befassung mit jedem Vorbringen.

IMRRS 2025, 1049

OLG Schleswig, Urteil vom 22.07.2025 - 7 U 74/24
1. Für die Ermittlung eines künftigen Verdienstausfallschadens gelten § 252 BGB und § 287 ZPO; die Anforderungen dürfen nicht überspannt werden.*)
2. Wird im angefochtenen Urteil zwar einleitend die korrekte Vorschrift des § 287 ZPO angeführt, sodann allerdings – ohne die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ als einschlägigen Beweismaßstab zu benennen – ausgeführt, das Gericht habe sich „nicht davon überzeugen“ können, dass der Kläger „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ befördert worden wäre, bzw. die Aussage eines Zeugen sei „nicht ausreichend“, um eine Beförderung „für sehr wahrscheinlich zu halten“, liegt dem Urteil offenbar die Anwendung eines unrichtigen Beweismaßstabes zugrunde. Darin liegt ein wesentlicher Mangel des Verfahrens i. S. d. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.*)
3. Ist aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels die Vernehmung von fünf Zeugen – davon drei erneut und zwei erstmals – durch das Berufungsgericht notwendig, handelt es sich um eine umfangreiche Beweisaufnahme i. S. d. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die die Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges rechtfertigt.*)
