Immobilien- und Mietrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Wohnbau
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 01.02.2019 im Volltext bei imr-online eingestellt
Online seit 12. April
IMRRS 2024, 0508OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2024 - 10 U 13/23
1. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauträgers, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch drei aus der Mitte der Erwerber zu wählende Vertreter erfolgt, verstößt gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot und ist unwirksam.
2. Aufgrund der Unwirksamkeit der Abnahmeklausel wirken die Abnahmeerklärungen allenfalls für die drei Erwerber, die die Abnahme erklärt haben. Im Hinblick auf die übrigen Erwerber liegt keine wirksame Abnahmeerklärung vor.
3. Es ist dem Verwender einer unwirksamen Abnahmeklausel verwehrt, sich darauf zu berufen, dass mangels Abnahme noch keine Mängelansprüche bestehen.
4. Der Grundsatz, dass es einem Bauträger als Verwender einer unwirksamen Abnahmeklausel verwehrt ist, sich gegenüber Mängelrechten der Erwerber darauf zu berufen, dass sich der Vertrag bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch im Erfüllungsstadium befindet, gilt nicht grenzenlos. Er kann dann nicht durchgreifen, wenn er zu schlichtweg unerträglichen Ergebnissen führen würde und die Erwerber dadurch nicht unbillig benachteiligt würden.
5. Es entspricht nicht mehr Treu und Glauben, wenn ein faktisch unverjährbares Recht geschaffen wird, das den Grundsätzen des BGB, wonach schuldrechtliche Ansprüche immer verjährbar sind, widerspricht.
6. Die Haftung eines Bauträgers für Mängel endet spätestens 15 Jahre nach der Fälligkeit seiner Leistung.
7. ...
VolltextOnline seit 11. April
IMRRS 2023, 1651OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 19 U 150/22
1. Sieht der Bauträgervertrag vor, dass sich die Größe der Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) bemisst, wobei die Flächen nicht überdachter Dachterrassen zu 25% anzurechnen sind, ist auch die Grundfläche der im Bereich einer Dachterrasse herzustellenden extensiven Grünfläche zu 25% in die Wohnflächenberechnung einzustellen.
2. Extensive Grünflächen eröffnen ähnliche Nutzungsmöglichkeiten wie ein mit Betonplatten versehener Terrassenbereich, weshalb sie bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung ihrer funktionalen Ausrichtung als Dachgarten gem. § 4 Nr. 4 WoFIV anzusehen sind.
VolltextOnline seit 20. März
IMRRS 2024, 0389OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.04.2023 - 12 U 114/22
1. Der Erwerber einer Teileigentumseinheit kann gegenüber der (Werklohn-)Forderung des Veräußerers auch wegen eines das Gemeinschaftseigentum betreffenden Nacherfüllungsanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB geltend machen. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die Eigentümergemeinschaft die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs nicht an sich gezogen hat.
2. Macht nur ein Erwerber wegen eines Mangels Ansprüche geltend, kann er seine Leistung in Höhe der (gesamten) Mängelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung des Druckzuschlags verweigern. Machen dagegen mehrere Eigentümer wegen eines Mangels Zurückbehaltungsrechte geltend, ist das Leistungsverweigerungsrecht nach § 242 BGB insgesamt auf die angemessene Höhe begrenzt, wobei den einzelnen Eigentümern in diesem Fall das Zurückbehaltungsrecht regelmäßig nur quotal in Höhe ihrer jeweiligen Miteigentumsanteile bzw. bis zur Ausschöpfung des durch § 641 Abs. 3 BGB gesteckten Rahmens zusteht.
VolltextOnline seit 15. März
IMRRS 2024, 0356OLG Hamburg, Urteil vom 05.02.2024 - 4 U 44/22
1. Übernimmt der Bauträger vertraglich Bauleistungen, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts.
2. Der Bauträger darf Mängelbehauptungen des Erwerbers nicht mit Nichtwissen bestreiten, weil er vertraglich dazu verpflichtet ist, den Mängelrügen des Erwerbers nachzugehen.
3. Auch wenn der Bauträger im Prozess nicht angibt, dass er "mit Nichtwissen" bestreitet, sondern lediglich einfach bestreitet, ist dieses einfache Bestreiten als "ins Blaue hinein" und damit als unbeachtlich zu behandeln.
VolltextOnline seit 5. März
IMRRS 2024, 0313BGH, Urteil vom 26.01.2024 - V ZR 162/22
1. Hat eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist er verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind (im Anschluss an Senat, Urteil vom 19.07.2019 - V ZR 75/18, Rz. 16, IBRRS 2019, 3884 = IMRRS 2019, 1412 = ZWE 2020, 44).*)
2. Zahlt der Verwalter im Zuge der Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen pflichtwidrig Abschläge, kann für die Ermittlung des Schadens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht allein auf die durch die Abschlagszahlungen hervorgerufene Minderung des Gemeinschaftsvermögens abgestellt werden. In den Gesamtvermögensvergleich einzubeziehen ist vielmehr auch, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Werkleistungen vertragsgerecht erbracht worden sind. Die Beweislast dafür, dass den gezahlten Abschlägen keine werthaltigen Leistungen gegenüberstehen, trifft die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.*)
3. Eine Haftung des Verwalters wegen pflichtwidriger Abschlagszahlungen scheidet aus, solange eine vertragsgerechte Leistung noch im Wege der (Nach-)Erfüllung durch den Werkunternehmer herbeigeführt werden kann.*)
4. Ist dagegen die (Nach-)Erfüllung ausgeschlossen und das Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Werkunternehmer in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen, haftet der Verwalter für die durch die pflichtwidrigen Abschlagszahlungen entstandenen Schäden neben dem Werkunternehmer. Der Verwalter ist in diesem Fall aber nur Zug um Zug gegen Abtretung der auf Geldzahlung gerichteten Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den Werkunternehmer zu Schadensersatz verpflichtet.*)
Online seit 29. Februar
IMRRS 2024, 0292OLG Frankfurt, Urteil vom 18.10.2023 - 15 U 228/21
1. Mängelansprüche des Erwerbers aus Mängeln an neu errichteten Häusern oder Eigentumswohnungen richten sich grundsätzlich nach Werkvertragsrecht, wenn deren Errichtung nicht zu lange zurückliegt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertig gestellt war und die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben.
2. Liegt den Erwerbsverträgen eine Baubeschreibung über eine anspruchsvoll gestaltete Stadtvilla mit drei exklusiven Eigentumswohnungen zu Grunde, schuldet der Bauträger einen Schallschutz, der ein erhöhtes, die Anforderungen der DIN 4109 übersteigendes Maß erfordert.
3. Bei der Berechnung der Höhe einer Minderung ist der vereinbarte Kaufpreis um das Verhältnis herabzusetzen, um das das mangelhafte Werk gegenüber einem mangelfreien Werk im Wert herabgesetzt ist.
VolltextOnline seit 29. Januar
IMRRS 2024, 0095OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2023 - 22 U 210/23
1. Verzögert sich die Fertigstellung des vom Bauträger zu errichtenden Bauvorhabens und vereinbart er mit einem Erwerber, dass der vom Erwerber nachgewiesene (Verzugs-)Schaden vom Bauträger ersetzt wird, ist der Nachweis des Schadens durch Unterlagen Voraussetzung für die Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs des Erwerbers.
2. Für rechtskräftig festgestellte Ansprüche gilt eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, die mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnt. Die Rechtskraft eines die Klage als zurzeit unbegründet abweisenden Urteils erstreckt sich auch darauf, dass im Übrigen die Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sind, wenn und soweit diese in den Entscheidungsgründen bejaht bzw. positiv festgestellt worden sind.
VolltextOnline seit 23. Januar
IMRRS 2024, 0021OLG Bamberg, Urteil vom 29.06.2021 - 5 U 429/19
1. Ansprüche wegen Mängeln der Bauleistung richten sich bei einem Bauträgervertrag nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts.
2. Die Verjährungseinrede ist unbeachtlich, wenn sie gegen das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verstößt. Auch im Verjährungsrecht ist bei Anwendung des § 242 BGB ein strenger Maßstab anzulegen.
3. Die Einrede der Verjährung ist nicht schon deshalb missbräuchlich, weil der Schuldner (hier: der Bauträger) weiß, dass der Anspruch zurecht besteht. Unkenntnis von Beginn und Dauer der Verjährung gehen grundsätzlich zu Lasten des Gläubigers (hier: des Erwerbers).
4. Wird die Teilklage auf mehrere prozessual selbstständige Ansprüche gestützt, muss angegeben werden, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche bis zum Erreichen der geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen.
5. Selbstständige Ansprüche in diesem Sinn sind auch mehrere Schadensposten, die aus einer einzelnen zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung entstanden sind.
6. Bei Mängelansprüchen, die auf mehrere Werkmängel gestützt werden, begründet jeder Mangel einen selbstständigen prozessualen Anspruch.
VolltextOnline seit 15. Januar
IMRRS 2024, 0080BGH, Urteil vom 07.12.2023 - VII ZR 231/22
Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung einer Eigentumswohnung, verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarter Vergütungsanspruch gem. § 196 BGB in 10 Jahren.*)
VolltextOnline seit 5. Januar
IMRRS 2023, 1642OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 19 U 123/22
1. Wird im Rahmen eines Bauträgervertrags als Beschaffenheit nur eine Größe von 98% der voraussichtlichen Wohnfläche vereinbart, so ist aufgrund dieser eingeschränkten Beschaffenheitsvereinbarung auch nur die Mindestgröße von 98% der voraussichtlichen Wohnfläche Gegenstand der vertraglichen Zusage.
2. Bei einer solchermaßen eingeschränkten Beschaffenheitsvereinbarung ist ein Minderungsanspruch per se nur für Abweichungen unterhalb der einvernehmlich festgelegten Mindestfläche geschuldet.
3. Die Rechtsprechung des BGH zu einer sog. Geringfügigkeitsklausel (BGH, IBR 2000, 74) ist in diesem Fall nicht einschlägig.
VolltextOnline seit 2023
IMRRS 2023, 1636BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 241/22
1. Eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht, ist unwirksam (Anschluss an BGH, IBR 2013, 686).*)
2. Macht eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) als Prozessstandschafterin der Erwerber Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums gegen den Bauträger geltend, so ist es diesem als Verwender der genannten unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde, weshalb im Rahmen der Anspruchsbegründung die Abnahme des Gemeinschaftseigentums als Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zu unterstellen ist (Anschluss an BGH, IBR 2016, 521; IBR 2016, 456; IBR 2016, 275).*)
3. Zur Frage, ob ein rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten einer GdWE vorliegt, wenn diese - als Prozessstandschafterin der Erwerber - in der Vergangenheit zweimal Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums geltend gemacht hat, die von dem in Anspruch genommenen Bauträger jeweils reguliert wurden, und sie sich später bei der klageweisen Geltendmachung weiterer Mängelansprüche gegenüber der vom Bauträger erhobenen Einrede der Verjährung auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums beruft.*)
VolltextIMRRS 2023, 1382
OLG Braunschweig, Urteil vom 16.01.2020 - 8 U 2/17
1. Ein Bauvertrag muss notariell beurkundet werden, wenn er mit einem Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bildet und wenn die Verträge nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängen, dass sie miteinander "stehen und fallen" sollen.
2. Ist ein Bauvertrag von einem Grundstückskaufvertrag abhängig, dieser aber nicht von ihm, ist er nicht gem. § 313b BGB zu beurkunden (Anschluss an BGH, IBR 2002, 461).
3. Ein etwaiger Formverstoß wird durch Auflassung und Eintragung in das Grundbuch geheilt. Das gilt auch für die Heilung eines nicht mitbeurkundeten, an sich formfreien und nur wegen des Verknüpfungswillens formbedürftigen Bauvertrags.
4. Auf einen Bauträgervertrag finden die Vorschriften des Werkvertragsrechts Anwendung, auch wenn er von den Parteien als "Bauträger-Kaufvertrag" bezeichnet worden ist.
5. Ein Bauträger darf nur Zahlungen entgegennehmen, die den jeweiligen Raten der MaBV entsprechen. Eine von den Vorschriften der MaBV abweichende Vereinbarung zwischen einem Bauträger und einem Erwerber ist nichtig.
6. Die Nichtigkeit erfasst ausschließlich die Zahlungsvereinbarung und berührt die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen nicht. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt die Vorschrift des § 641 Abs. 1 BGB, so dass die Zahlungsverpflichtung des Erwerbers erst mit der Abnahme fällig wird.
7. Die Klausel in einem vom Bauträger vorformulierten Vertrag, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums auch durch die Hausverwaltung erfolgen kann, benachteiligt den Erwerber unangemessen und ist unwirksam, weil jeder Erwerber einen individuellen Anspruch auch auf Abnahme es Gemeinschaftseigentums hat.
8. Der Begriff "schlüsselfertig" ist die funktionale Beschreibung des Leistungsinhalts. Daher gehen konkrete Leistungsbeschreibungen vor. Nur soweit diese Lücken aufweisen, können diese durch die Schlüsselfertigklausel gefüllt werden. Eine Lücke liegt aber nicht vor, wenn ausdrücklich bestimmte Leistungen herausgenommen werden.
VolltextIMRRS 2023, 1426
LG Frankenthal, Urteil vom 27.10.2023 - 8 O 209/23
1. Das Herausgabeverlangen gegen den Bauträger ist im einstweiligen Verfügungsverfahren möglich.
2. Eine Klausel in Bauträgerverträgen, wonach die Besitzverschaffung erst nach Abnahme und Beseitigung aller Mängel aus dem Abnahmeprotokoll geschuldet ist, ist unwirksam.
3. An die Dringlichkeit des Herausgabeverlangens sind keine überhöhten Anforderungen zu stellen.
VolltextIMRRS 2023, 1353
OLG Oldenburg, Urteil vom 08.11.2022 - 2 U 59/22
1. Voraussetzung für den Übergang vom Herstellungsanspruch zu Gewährleistungsansprüchen ist die Abnahme der Werkleistung. Vor der Abnahme können grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden.
2. Der Umstand, dass die Erwerber das vom Bauträger vorgelegte Abnahmeprotokoll nicht unterzeichnet haben, spricht nicht zwingend gegen eine Abnahme. Das Abnahmeprotokoll muss nicht unbedingt unterschrieben sein.
VolltextIMRRS 2023, 1269
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.09.2023 - 2-08 O 391/22
Werden Mängel nach Abnahme gerügt, muss vor Gericht Beweis dazu angetreten werden, wer wann welche konkreten Handlungen vorgenommen hat. Bleibt nur eine Beweisführung in Form der Darlegung und des Nachweises von Indizien, so sind hieran erhöhte Anforderungen zu stellen.
VolltextIMRRS 2023, 1337
OLG München, Beschluss vom 19.10.2023 - 28 U 3344/23 Bau
1. Auch wenn die Abnahme fehlschlägt, bestehen Mängelansprüche der Erwerber nicht zeitlich unbeschränkt fort. Die Erwerber können ihre Mängelansprüche verwirken.
2. Allein ein erheblicher Zeitablauf reicht nicht aus, um von einer Verwirkung der Mängelansprüche auszugehen. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.
3. Die Verwendung einer unwirksamen Abnahmeklausel durch den Bauträger steht der Verwirkung der Mängelansprüche nicht entgegen.
VolltextIMRRS 2023, 1304
BFH, Urteil vom 24.05.2023 - XI R 45/20
1. Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempfänger i.S.d. § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist bei bestehender Organschaft auch dann der Organträger, wenn zivilrechtlich die Organgesellschaft Vertragspartnerin des bauleistenden Unternehmers ist.*)
2. Ist am finanzgerichtlichen Klageverfahren zwischen dem Zessionar und dem Anspruchsgegner der Zedent nicht beteiligt, liegt - auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 406 BGB - mangels Rechtskrafterstreckung keine Ermessensreduzierung auf null dahingehend vor, dass das Finanzgericht das Klageverfahren aussetzen müsste. Das Bestehen der rechtswegfremden Gegenforderung ist dann lediglich eine Vorfrage zur Aufrechnung und von der Entscheidungsbefugnis des Finanzgerichts gem. § 17 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes umfasst.*)
VolltextIMRRS 2023, 1170
LG München II, Urteil vom 20.04.2023 - 3 O 5314/19 Bau
1. Der Erwerber kann sich auf die fehlende Fälligkeit der Schlussrate auch berufen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verfolgung der Mängelrechte an sich gezogen hat.
2. Mängel, die die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen oder optisch merklich stören, schließen die Einrede der fehlenden Fälligkeit nicht aus.
3. Die Einrede der fehlenden Fälligkeit unterliegt keiner Begrenzung auf die Mängelbeseitigungskosten oder eine etwaige Quote.
VolltextIMRRS 2023, 1190
OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.04.2022 - 13 U 4656/21
Die Verweigerung der Auflassung durch den Bauträger ist treuwidrig, wenn er die vertragliche Abwicklung erheblich verzögert hat, nach Aufrechnung des Käufers mit eigenen Forderungen wegen Ersatzvornahme und Mietausfall nur noch ein geringfügiger Restkaufpreis (hier: 2,3%) verbleibt und der Käufer einen Betrag an den Bauträger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Erfüllungswirkung für den Kaufpreis gezahlt hat, der den Restkaufpreis erheblich übersteigt.*)
VolltextIMRRS 2023, 1134
OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2022 - 21 U 9/22
1. Erfüllt der Bauträger seiner Verpflichtung zur bezugsfertigen Erstellung der Wohnung nicht, kann der Erwerber vom Bauträgervertrag zurücktreten.
2. Vor dem Rücktritt von einem Bauträgervertrag wegen Verzugs mit der Fertigstellung hat der Erwerber grundsätzlich eine Frist zur Leistung zu setzen. Eine unter Fristsetzung geforderte verbindliche Stellungnahme zur Fertigstellung stellt keine verbindliche Leistungsaufforderung dar.
3. Einer Fristsetzung als Voraussetzung für einen Rücktritt bedarf es nicht, wenn der Bauträger zu keinem Zeitpunkt auf die Erfüllung des Vertrags besteht, sondern ab Zugang der Rücktrittserklärung nur über die Rückabwicklungsmodalitäten verhandelt.
4. Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs des Erwerbers gegen den Bauträger wegen einer verzögerten Fertigstellung der Wohnung.
VolltextIMRRS 2023, 0847
OLG Dresden, Urteil vom 08.06.2021 - 6 U 2182/20
1. Eine von einer Mitarbeiterin des Bauträgers mit i.A. unterschriebene Fertigstellungsmitteilung ist keine Bauleitererklärung, wenn die betreffende Mitarbeiterin keine Bauleiterin ist.
2. Wird in einem Bauträgervertrag vereinbart, dass "alle Änderungswünsche zur Baubeschreibung [...] durch den Bauträger dem Käufer gegenüber in Mehr- und Minderkosten tabellarisch gegenübergestellt und saldiert berechnet" werden, und versäumt es der Bauträger entsprechend abzurechnen, ist die gesamte Abrechnung über die Zusatzausstattung nicht prüfbar und somit nicht fällig.
3. Der Bauträger kann nicht vom Bauträgervertrag zurücktreten, wenn der Erwerber einen nur unerheblichen Teil der geschuldeten Gesamtvergütung nicht zahlt. Wann ein Betrag als unerheblich anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auf einen feststehenden Prozentsatz (z. B. in Höhe von 10%) kann nicht abgestellt werden.
VolltextIMRRS 2023, 0906
LG München I, Urteil vom 13.07.2023 - 2 O 1924/22
1. Soweit wegen einer unwirksamen, da die Erwerber unangemessen benachteiligenden Vereinbarung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums einer Wohnungseigentumsanlage keine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums vorliegt, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob Mängelrechte verwirkt sind.
2. Dabei sind sowohl Umstände auf Seiten des Bauträgers als auch Umstände auf Seiten der Erwerber gegenüberzustellen und im Rahmen einer Gesamtabwägung zu bewerten.
3. Auf Seiten der Erwerber kann dabei auch berücksichtigt werden, ob seit Bekanntwerden der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der Abnahmeklauseln bereits ein erheblicher Zeitraum vergangen ist, ohne dass die durch eine professionelle Hausverwaltung begleiteten Erwerber ihre Ansprüche geltend gemacht hätten.
IMRRS 2023, 0884
OLG Brandenburg, Urteil vom 05.07.2023 - 4 U 105/22
Nimmt der Bauträger Umplanungen vor und führt das dazu, dass die Herstellung der vertraglich geschuldeten Wohnfläche nur in einem geringeren Umfang gesichert ist, ist der Erwerber in dem der Flächenabweichung entsprechenden Umfang berechtigt, seine Verpflichtung zur Zahlung einer fälligen Abschlagsrechnung nicht (vollständig) zu erfüllen.
VolltextIMRRS 2023, 0842
OLG Celle, Urteil vom 01.02.2023 - 3 U 60/22
1. Die Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach "mit der Prüfung der Abnahmereife ein vom zukünftigen Verwalter noch zu benennender Sachverständiger beauftragt wird und die Erwerber zur Abnahme verpflichtet sind, wenn der Sachverständige keine wesentlichen Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit des Gemeinschaftseigentums beeinflussen, feststellt", benachteiligt die Erwerber unangemessen und ist unwirksam.
2. Es gehört zu den Pflichten eines Notars, AGB-Klauseln, die zu Zweifeln an ihrer Wirksamkeit Anlass geben könnten, einer näheren Prüfung zu unterziehen. Stellt sich eine im Vertrag enthaltene Klausel als unwirksam heraus, muss der Notar die Vertragsparteien darauf hinweisen.
3. Verletzt der Notar seine Prüfungs- und Belehrungspflicht, hat er dem Bauträger die Mängelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden zu erstatten, die dem Bauträger daraus entstehen, dass die Erwerber mangels erfolgter Abnahme berechtigte Gewährleistungs- und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen können.
VolltextIMRRS 2023, 0719
OLG Brandenburg, Urteil vom 20.04.2023 - 12 U 118/22
1. Ein Bauträgervertrag kann grundsätzlich nur insgesamt gekündigt werden. Etwas anderes gilt nach dem "alten" Werkvertragsrecht, wenn der Bauträger dem Erwerber einen wichtigen Grund zur Kündigung der Bauleistung gibt. Dann kann es geboten sein, dem Erwerber das Recht zur Kündigung der Bauleistung zu gewähren und ihm den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks zu belassen.
2. Verletzt der Bauträger seine Vertragspflichten derart, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, ist der Erwerber berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen. Dieses Recht steht dem Erwerber auch vor Abnahme des Werks und im Rahmen einer Teilkündigung zu.
3. Die Kündigung kann nur innerhalb einer angemessenen Frist wirksam vorgenommen werden. Dabei ist eine Frist von zwei Wochen weder als starre Vorgabe noch als "Regelfrist" anzusehen.
VolltextIMRRS 2023, 0494
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2023 - 1 S 2793/20
1. Für ein am 01.01.2006 bereits existierendes wirtschaftliches Unternehmen einer Gemeinde besteht Bestandsschutz, wenn keine der vier Tatbestandsvarianten des § 102 Abs. 1 GemO-BW vorliegt. Liegt keine dieser vier Tatbestandsalternativen der Errichtung, der Übernahme, der wesentlichen Erweiterung oder der Beteiligung an einem Unternehmen vor, findet die Vorschrift des § 102 Abs. 1 GemO-BW folglich keine Anwendung.*)
2. Ob eine der vier Tatbestandsalternativen des § 102 Abs. 1 GemO vorliegt, ist bezogen auf den Zeitpunkt ab 01.01.2006 zu prüfen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 06.03.2006 - 1 S 2490/05, IBRRS 2006, 5097).*)
3. Der Begriff der wesentlichen Erweiterung ist - jedenfalls bei wirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - in Anlehnung an § 103a Nr. 2 GemO-BW als die Übernahme neuer Aufgaben von besonderer Bedeutung im Rahmen des Unternehmensgegenstands zu verstehen.*)
4. Eine neue Aufgabe von besonderer Bedeutung i.S.d. § 103a Nr. 2 GemO liegt nicht vor, wenn eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem 31.12.2005 eine Aufgabe wahrnimmt, die sie schon vor dem 01.01.2006 in einem nicht zu vernachlässigenden Umfang wahrgenommen hat. Auch wenn eine solche schon vor dem 01.01.2006 in einem nicht zu vernachlässigenden Umfang wahrgenommene Aufgabe nach dem 31.12.2015 in größerem Umfang als zuvor wahrgenommen wird, handelt es sich nicht um eine neue Aufgabe von besonderer Bedeutung i.S.d. § 103a Nr. 2 GemO-BW, wenn sich durch die Ausweitung dieser Tätigkeit der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht verändert.*)
VolltextIMRRS 2023, 0260
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2023 - 5 U 254/21
Verpflichtet sich ein Bauträger zur Errichtung von Solarlampen, so müssen diese den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und wie netzgebundene Lampen leuchten. Dies kann nur im Bauträgervertrag, nicht jedoch in der Bezugsurkunde abbedungen werden.
VolltextIMRRS 2023, 0269
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2022 - 24 U 49/21
1. Nur wenn sich der Veräußerer einer Immobilie zu Bauleistungen verpflichtet, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts (Anschluss an BGH, IBR 2007, 429; OLG München, IBR 2022, 575).*)
2. Bei einer Renovierungsverpflichtung oder bei einer sonstigen Umbauverpflichtung, die nicht den Umfang eines Bauvertrags erfüllt, ist § 650u BGB demzufolge nicht anwendbar; auf derartige Verträge ist vielmehr neben dem Kaufrecht das Werkvertragsrecht anzuwenden: Das gilt etwa, wenn sich die baulichen Verpflichtungen nach Art und Umfang in Maßnahmen erschöpfen, die einer (aufwändigen) Renovierung - im Gegensatz zu einer "Kernsanierung" - entsprechen.*)
3. Die Regelung zum Ausschluss des Rücktritts gem. § 323 Abs. 6 BGB wird nicht durch § 645 BGB verdrängt.*)
4. Eine Rücktrittserklärung i.S.v. § 349 BGB kann zwar auch konkludent, z. B. im Wege einer auf Rückzahlung einer vertraglich geschuldeten Leistung gerichteten Klageerhebung erfolgen; jedoch reicht dafür nicht schon die bloße Bezugnahme auf einen vorgerichtlichen Schriftsatz, in dem ein früherer, nicht wirksamer Rücktritt erklärt worden ist (Anschluss an OLG München, Urteil vom 30.09.2014 - 18 U 1270/14, IBRRS 2014, 4587).*)
VolltextIMRRS 2023, 0199
OLG München, Beschluss vom 04.02.2022 - 20 U 2428/21 Bau
1. Wird eine Wohnung vom Bauträger nicht termingerecht übergeben, haftet er dem Erwerber wegen Verzugs auf Schadensersatz, wenn der Bauträger nicht nachweisen kann, dass er die Terminüberschreitung nicht zu vertreten hat.
2. Dem Erwerber steht während des Verzugs des Bauträgers mit der Fertigstellung der Wohnung eine Nutzungsausfallentschädigung zu, wenn ihm kein dem herzustellenden Wohnraum in etwa gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung steht (Anschluss an BGH, IBR 2014, 404).
3. Der Nutzungsausfallschaden kann in der Weise berechnet werden, dass eine Nutzungsausfallentschädigung für den gesamten Zeitraum errechnet wird und davon die Mietkosten für die bisherige Wohnung abgezogen werden.
VolltextIMRRS 2023, 0195
OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.09.2022 - 4 U 107/20
Zur Auslegung einer zeitlich befristeten Vertragserfüllungsbürgschaft im Einzelfall sowie zu den Anforderungen an die Darlegung eines Schadensersatzanspruchs bei verzögerter Fertigstellung eines sog. Ausbauhauses durch den Bauträger.*)
VolltextIMRRS 2023, 0118
KG, Urteil vom 18.10.2022 - 7 U 41/21
Eine Regelung in einem Bauträgervertrag, nach der der Käufer die Zustimmung des Verkäufers zum Vollzug der Auflassung vor vollständiger Fertigstellung mit dem erreichten Bautenstand verlangen kann, wenn lediglich ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten ist, ist dahingehend auszulegen, dass jedenfalls ein offenstehender Betrag in Höhe von 8,5% des Gesamtkaufpreises noch als "geringer Kaufpreis" im Sinne der Vorschrift anzusehen ist.*)
VolltextIMRRS 2022, 1563
LG Berlin, Urteil vom 06.01.2022 - 20 O 110/21
1. Der Auftraggeber kann den Anspruch auf Herstellung bzw. Fertigstellung eines Bauwerks gegen den Bauträger gerichtlich durchsetzen.
2. Zulässiges Klageziel ist der Werkerfolg. Der Werkerfolg ist dabei das Ergebnis mehrerer unselbständiger Bauleistungen, die der Auftraggeber zu benennen hat. Es muss dabei auch wenigstens im Groben erkennbar sein, welche Gewerke noch nicht ausgeführt wurden.
3. Die Vollstreckung wird im Regelfall nach § 887 ZPO erfolgen, so dass sie letztlich zu einem auf Vorschuss gerichteten Zahlungstitel und auch vor Abnahme des Werkes zu einer Selbstvornahme führen kann.
VolltextOnline seit 2022
IMRRS 2022, 1175OLG Nürnberg, Urteil vom 30.03.2022 - 2 U 2777/21
1. Auch wenn das zum 01.12.2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz für die Anwendung von § 9a Abs. 2 WEG keine Übergangsvorschrift enthält, führt dies nicht zu einer Nichtigkeit von vormals auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 2 WEG a.F. wirksam zu Stande gekommenen Beschlüssen. Es gilt insofern der allgemeine Grundsatz, dass für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die bei seinem Abschluss bestehenden Regeln und Umstände maßgeblich sind, weil Wirksamkeitshindernisse von den Parteien nur in diesem Zeitpunkt beachtet werden können.*)
2. Weil den Wohnungseigentümern nach § 9a Abs. 2 WEG keine gekorene Ausübungsbefugnis mehr zusteht, besitzen sie keine Entscheidungskompetenz über die Vergemeinschaftung an sich den Wohnungseigentümern zustehender Rechte. Ein dennoch gefasster Beschluss ermächtigt nicht zur Prozessführung.*)
VolltextIMRRS 2022, 1547
OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2022 - 1 U 42/21
1. Aus der Verjährung des werkvertraglichen Erfüllungsanspruchs im Bauträgervertrag folgt nicht notwendig auch eine Verjährung der Gewährleistungsansprüche, die erst mit der Abnahme beginnt. Auf das Fehlen einer den Verjährungsbeginn auslösenden Abnahme kann sich der Erwerber aber ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn er in der Vergangenheit erfolgreich Gewährleistungsansprüche geltend gemacht hat. Das gilt auch dann, wenn es an einer Abnahme fehlt, weil sich eine Abnahmeklausel im Bauträgervertrag als unwirksam herausstellt.*)
2. Die Kosten der Instandhaltung des von dem Bauträger erstellten Werks hat der Erwerber unabhängig von der Wirksamkeit der Abnahme ab Übergabe zu tragen.*)
VolltextIMRRS 2022, 1493
LG Heilbronn, Urteil vom 13.10.2022 - 11 O 59/22
Wird in einem Bauträgerkaufvertrag eine "Änderungsvollmacht" erteilt, die den Veräußerer u. a. auch ermächtigt, die Teilungserklärung und den Kaufvertrag so zu ändern, dass "Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum umgewandelt oder einzelnen Sondereigentümern ein ausschließliches Nutzungsrecht am Gemeinschaftseigentum eingeräumt wird", so ist der Umfang einer solchen Vollmacht des Veräußerers unter Berücksichtigung des Zwecks der Vollmachtserteilung und des Grundsatzes von Treu und Glauben einzelfallbezogen einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine vor dem 01.12.2020 erteilte Änderungsvollmacht nicht dazu berechtigt, eine Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum hinsichtlich außerhalb von Gebäudeteilen liegenden Flächen vorzunehmen.
VolltextIMRRS 2022, 1200
OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.06.2021 - 5 U 47/18
1. Ein Bauträgervertrag ist - soweit es die Herstellung betrifft - nach Werkvertragsrecht zu behandeln, auch wenn das Bauwerk schon fertiggestellt war.
2. Bei einem Bauträgervertrag, bei dem die Bauverpflichtung in einer Altbausanierung besteht, hängt die Anwendbarkeit von Werkvertragsrecht davon ab, ob Arbeiten erbracht werden, die nach Umfang und Bedeutung mit der Neuherstellung vergleichbar sind. Entscheidend ist, ob die durchzuführenden baulichen Maßnahmen die gesamte geschuldete Leistung prägen.
3. Geht aus dem Bauträgervertrag hinreichend deutlich hervor, dass im Bestand keine Neuherstellung oder Sanierung erfolgt, ist ein Zustand des Bestands geschuldet, der dem üblichen und erwartbaren Zustand zum Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerks entspricht.
4. Unabhängig davon, ob hinsichtlich der anzuwendenden Regeln der Technik aus dem Baujahr des Altbaus oder auf den Zeitpunkt der Sanierung abzustellen ist, muss ein Werk verkehrssicher sein, um den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen bzw. ein funktional mangelfreies Gewerk darzustellen.
VolltextIMRRS 2022, 1215
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2022 - 22 U 184/21
1. Die Beantwortung der Frage, welche Leistungen der Auftragnehmer nach dem Vertrag in welcher Qualität auszuführen hat, ist Aufgabe des Gerichts, nicht die eines Sachverständigen. Die Rolle des Sachverständigen beschränkt sich bei der Vertragsauslegung auf die Vermittlung des für die Beurteilung bedeutsamen Fachwissens (Anschluss an BGH, IBR 1996, 333; IBR 1995, 325).
2. Der schillernde Begriff des "Luxus" (oder die Verwendung des Worts "exklusiv") erlaubt keinen Rückschluss darauf, ob ein Duschboden beheizt sein muss. Die Begriffe "Luxus" und "exklusiv" werden in der Werbung inflationär verwendet. Was "Luxus" oder "exklusiv" ist, wird zudem individuell durchaus unterschiedlich bewertet.
VolltextIMRRS 2022, 1059
OLG Rostock, Beschluss vom 21.12.2021 - 4 U 79/18
Die Klausel in einem vorformulierten Bauträgervertrag, wonach "die Vertragsparteien unabhängig von ihrer Leistungspflicht untereinander den Notar gemeinsam anweisen, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen, wenn die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist", führt zu einem Verlust des Leistungsverweigerungsrechts des Erwerbers wegen Mängeln, benachteiligt diesen unangemessen und ist deshalb unwirksam.
VolltextIMRRS 2022, 0813
OLG München, Beschluss vom 22.04.2020 - 28 U 6408/19 Bau
1. Wird eine Wohnungseigentumsanlage errichtet und eine Wohnung erst nach vollständiger Errichtung veräußert, findet regelmäßig Werkvertragsrecht Anwendung.
2. Gleiches gilt für Sanierungsmaßnahmen. Soweit die Sanierung den reinen Bezug zum Sondereigentum verlässt und einen nennenswerten Umfang einnimmt, gilt für die Sanierungsmaßnahme umfassend das Werkvertragsrecht und auch die sog. Altsubstanz wird erfasst.
VolltextIMRRS 2022, 0688
OLG Brandenburg, Urteil vom 13.04.2022 - 4 U 61/21
1. Folge eines wirksamen Rücktritts ist grundsätzlich, dass die Parteien verpflichtet sind, gegenseitig den jeweils empfangenen Gegenstand zurückzugewähren.
2. Der Anspruch auf Rückgewähr entfällt jedoch, wenn der Rückgewährschuldner nicht in der Lage ist, den empfangenen Gegenstand zurückzugeben oder nur in veränderter Form.
3. Ein Rohbau kann vom Erwerber nicht zurück übereignet werden, wenn er in einer fertig gestellten Eigentumswohnung aufgegangen ist.
VolltextIMRRS 2022, 0691
KG, Urteil vom 24.05.2022 - 21 U 156/21
1. Ein Werkunternehmer oder Bauträger hat seinen Verzug nicht zu vertreten, soweit er durch schwerwiegende, unvorhersehbare und unabwendbare Umstände an der rechtzeitigen Erfüllung gehindert war.*)
2. Ist es umstritten, ob die Auswirkungen der Corona-Pandemie einen Werkunternehmer in diesem Sinne vom Verzug entlasten, so hat er darzulegen, wie sich ein von ihm nicht zu verantwortender Umstand im Einzelnen auf den Herstellungsprozess ausgewirkt und ihn verzögert hat ("bauablaufbezogene Darstellung").*)
3. Ist ein Bauträger in Verzug mit der Übergabe einer Wohneinheit, die der Erwerber nicht selbst beziehen, sondern vermieten will, so besteht der Schaden des Erwerbers in den Vermietungserlösen, die ihm verzugsbedingt entgangen sind.*)
VolltextIMRRS 2022, 0674
OLG Hamburg, Urteil vom 12.12.2019 - 4 U 40/19
1. Weist die Leistung des Auftragnehmers einen Mangel auf, kann mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung Ersatz für solche Schäden verlangt werden, die aufgrund des Mangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Leistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Auftraggebers oder an dessen Vermögen eintreten.
2. Für derartige Folgeschäden kommt die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung nicht in Betracht.
3. Das Verschulden des Auftragnehmers wird vermutet.
4. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
5. Zu den wegen eines Baumangels zu ersetzenden Folgeschäden gehören auch solche Beträge, die durch Mietminderungen der durch den Mangel betroffenen Mieter des Auftraggebers entstehen. Dabei ist unerheblich, ob die Nutzung bauordnungsrechtlich erlaubt war oder nicht.
6. Ein vom Bauträger vorformulierter Zustimmungsvorbehalt für eine Abtretung der Mängelansprüche benachteiligt die Ersterwerber unangemessen und ist unwirksam.
VolltextIMRRS 2022, 0578
OLG Rostock, Urteil vom 21.09.2021 - 4 U 121/18
1. Der Werklohnanspruch des Bauträgers wird erst fällig, wenn der/die Erwerber einer Eigentumswohnung die Leistung abgenommen hat/haben.
2. Auch bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann die Leistung durch schlüssiges Verhalten (konkludent) abgenommen werden.
3. Die schlüssige Abnahme setzt - ebenso wie die ausdrückliche Abnahme - ein vom Willen des Erwerbers getragenes Verhalten voraus. Sie ist danach gegeben, wenn der Erwerber durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht.
4. Eine schlüssige Abnahme durch rügelose Ingebrauchnahme ist jedenfalls dann nicht durch das Vorhandensein einer Abnahmereife entgegenstehender Mängel ausgeschlossen, wenn diese während des erforderlichen Prüfungszeitraums noch nicht in Erscheinung getreten sind.
5. Ein Ehegatte ist nicht ohne Weiteres dazu bevollmächtigt, für den anderen Ehegatten die Abnahme einer gemeinsam erworbenen Eigentumswohnung zu erklären.
VolltextIMRRS 2022, 0006
OLG München, Beschluss vom 23.10.2020 - 27 U 2211/20 Bau
1. Dem Bauträger steht die Vergütung erst nach vollständiger Fertigstellung und Abnahme des Objekts zu. Er ist vorleistungspflichtig.
2. Hat der Erwerber einen Großteil der vereinbarten Vergütung bereits geleistet und behält er einen Teil der Vergütung wegen Mängel zurück, kann die die Auflassung und die Eintragungsbewilligung ins Grundbuch insoweit nicht verweigert werden, wenn die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstößt.
3. Es gibt keine feste Geringfügigkeitsgrenze. Erforderlich ist in jedem Einzelfall eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände, wobei der betragsmäßig rückständige Teil der Leistung nur ein - wenngleich wesentliches - zu würdigendes Kriterium ist.
4. Eine ausstehende Restvergütung in Höhe von 8 % kann im Einzelfall als geringfügig anzusehen sein.
VolltextIMRRS 2022, 0420
OLG München, Urteil vom 22.03.2022 - 28 U 3194/21 Bau
1. Voraussetzung für den Übergang vom Herstellungsanspruch zu Gewährleistungsansprüchen ist die Abnahme der Bauleistung. Vor der Abnahme können grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden.
2. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann zwar die Herstellungsansprüche der Erwerber an sich ziehen, sie ist aber nicht befugt, die Abnahme der Werkleistung zu erklären.
3. Erklärt der Prozessbevollmächtigte des Auftraggebers in der mündlichen Verhandlung die Abnahme, ohne eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, und wird die Abnahmeerklärung vom Prozessbevollmächtigten des Auftragnehmers aus diesem Grund unverzüglich zurückgewiesen, ist keine wirksame Abnahme erfolgt.
4. Haben die Parteien eines Bauvertrags die Möglichkeit von Teilabnahmen nicht vereinbart, ist der Auftraggeber nicht berechtigt, das Werk gegen den Willen des Auftragnehmers in Teilen abzunehmen.
VolltextIMRRS 2022, 0315
OLG Brandenburg, Urteil vom 12.05.2021 - 7 U 176/19
1. Erschöpft sich der Zweck einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ("Baugemeinschaft") im Wesentlichen darin, das zu erwerbende Grundstück zu bebauen, Wohnungseigentum zu begründen sowie dieses auf die Gesellschafter zu übertragen, was auch geschieht, so dass das Grundstück im Wohnungseigentum der Mitglieder der ganz überwiegend aus den GbR-Gesellschaftern gebildeten Wohnungseigentümergemeinschaft steht, hat die GbR die Rechtszuständigkeit dafür, über eine Durchführung von Maßnahmen zur Beseitigung von Baumängeln - hier: Trittschallübertragung zwischen zwei Einheiten - zu entscheiden, verloren. Die Entscheidung über die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Sondereigentums liegt alsdann bei den Wohnungseigentümern.
2. Über die Zweckerreichung hinaus kommt eine Rechtspflicht der "Baugemeinschaft" in Betracht, die plangemäß begründete Wohnungseigentümergemeinschaft durch Abtretung etwaiger Mängelgewährleistungsansprüche gegen ausführende Bauunternehmen in die Lage zu versetzen, solche Ansprüche im Außenverhältnis durchsetzen zu können.
VolltextIMRRS 2022, 0296
OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.11.2020 - 13 U 34/19
1. Bilden der Erwerb des Grundstücks und die Verpflichtung des Unternehmers zur Errichtung eines Bauvorhabens auf dem Grundstück eine Einheit, unterliegt das Geschäft der Grunderwerbsteuer und ist umsatzsteuerfrei.
2. Bei einer Nettopreisvereinbarung ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine in Wirklichkeit nicht anfallende Mehrwertsteuer vom Erwerber auch nicht bezahlt werden muss.
3. Die in einem Bauträgervertrag getroffene Regelung, dass der Pauschalpreis im Falle der Erhöhung der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu einer Erhöhung der zu zahlenden Raten um den Prozentsatz der Steuererhöhung führt, geht von vornherein ins Leere.
VolltextIMRRS 2022, 0066
AG Ratingen, Urteil vom 22.12.2021 - 10 C 91/21
Der Auftragnehmer kann über Allgemeine Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet werden, Mängelrügen ohne Kostenansatz zu überprüfen. Er kann nicht pauschal behaupten, dass ein Bauträger auch über Personal mit entsprechendem Fachwissen verfügt.
VolltextIMRRS 2022, 0160
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2022 - 8 W 38/21
Maßgeblich für den Streitwert einer Klage des Erwerbers einer Eigentumswohnung gerichtet auf Auflassung des Eigentums zu seinen Gunsten ist nicht der Wert der Wohnung bzw. der Kaufpreis der Wohnung. Entscheidend ist vielmehr die Höhe bzw. der Wert der restlichen Kaufpreisforderung, die der Bauträger vom Erwerber noch verlangt.
VolltextIMRRS 2022, 0491
OLG Frankfurt, Urteil vom 03.09.2020 - 22 U 163/18
1. Für den Abschluss eines Vertrags über Sanierungsarbeiten ist es unerheblich, in wessen Eigentum das fragliche Objekt steht, da schuldrechtliche Verträge durchaus auch von solchen Personen geschlossen werden können, die nicht Eigentümer der betroffenen Sache sind.
2. Schadensersatzansprüche stehen dann dem Vertragspartner zu, auch wenn dieser selbst bezüglich der Eigentumsbeeinträchtigung keinen Schaden erleidet.
3. Zur Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die Wohnungseigentümer den Auftrag zur Durchführung einer Fassadensanierung erteilt haben.