Immobilien- und Mietrecht.
Aktuelle Urteile zum Immobilienrecht
Online seit gestern
IMRRS 2024, 0666BGH, Beschluss vom 19.10.2023 - V ZB 8/23
1. Das Grundbuchamt darf zum Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 35 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 GBO ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können. (Rn. 8)*)
2. Ist ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, in dem das Nachlassgericht Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung des Testaments oder sonstigen Einwänden gegen die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nachgeht, muss das Grundbuchamt die beantragte Eintragung der durch eine Verfügung des Testamentsvollstreckers bewirkten Rechtsänderung davon abhängig machen, dass dessen Verfügungsbefugnis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder Europäisches Nachlasszeugnis nachgewiesen wird. (Rn. 14)*)
3. Der in dem Grundbuch eingetragene Testamentsvollstreckervermerk nach § 52 GBO soll lediglich negativ die Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben kundtun und auf diese Weise verhindern, dass ein Dritter in Unkenntnis der Testamentsvollstreckung das Eigentum an dem Grundstück gutgläubig von dem oder den Erben erwirbt. Er ist daher nicht geeignet, gegenüber dem Grundbuchamt den nach § 35 Abs. 2 GBO erforderlichen Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers zur Verfügung über das Nachlassgrundstück zu erbringen, und vermittelt keinen guten Glauben an das Bestehen oder Fortbestehen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über das Nachlassgrundstück. (Rn. 27)*)
VolltextOnline seit 10. Mai
IMRRS 2024, 0645OLG Hamm, Urteil vom 01.12.2023 - 11 U 32/22
Ist eine Salzstreuung ungeeignet, um einer Schnee- und Eisglätte auf Fußgängerwegen zu begegnen, kann der Verkehrssicherungspflichtige zum Winterdienst mit abstumpfenden Streustoffen wie Splitt, Sand oder Granulat verpflichtet sein.*)
VolltextOnline seit 6. Mai
IMRRS 2024, 0633BGH, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 115/22
1. Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d. h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urteil vom 17.12.1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 05.07.2002 - V ZR 229/01, IBR 2002, 573 = NJW-RR 2002, 1527).*)
2. Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 01.08.2013 - VII ZR 6/13, IBR 2013, 609 = BGHZ 198, 141; Urteil vom 10.04.2014 - VII ZR 241/13, IBR 2014, 327 = BGHZ 201, 1; Urteil vom 11.06.2015 - VII ZR 216/14, IBR 2015, 405 = BGHZ 206, 69; Urteil vom 16.03.2017 - VII ZR 197/16, IBR 2017, 246 = BGHZ 214, 228).*)
VolltextOnline seit 30. April
IMRRS 2024, 0488OLG Bamberg, Beschluss vom 09.01.2024 - 10 Wx 17/23
Ein Unternehmen, das mit der Planung und Errichtung von Solarkraftwerken befasst ist, hat allein aufgrund seines Geschäftszwecks noch kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 GBO für eine auch nur beschränkte Auskunft aus dem Grundbuch zu Namen und Anschrift des Eigentümers bestimmter ihm geeignet erscheinender Grundstücke.*)
VolltextOnline seit 29. April
IMRRS 2024, 0349OLG München, Beschluss vom 22.02.2024 - 34 Wx 2/24
Ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht kann auch dann nicht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden, wenn der neue Berechtigte Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist.*)
VolltextIMRRS 2024, 0578
OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023 - 18 U 125/22
1. Zu den formellen Anforderungen (u. a. Verwendung eines einheitlichen "Rahmens", Angabe von Telefon- und Telefaxnummer) an die "Widerrufsbelehrung" und an das "Muster-Widerrufsformular" (Anl. 1 und 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 bzw. § 2 Abs. 2 EGBGB in der Fassung bis zum 27.05.2022).*)
2. Der Beginn der Widerrufsfrist hängt nicht von einer Erfüllung der Hinweispflicht gem. Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB a.F., § 356 Abs. 4 BGB a.F. ab.*)
3. Ein nachträgliches Provisionsversprechen des Maklerkunden ist jedenfalls dann als Eingehung eines Maklervertrags (und nicht als selbstständiges Provisionsversprechen) zu verstehen, wenn die Übernahme der Courtageverpflichtung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Nachweisleistung steht und zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem noch weitere, wenn auch für die Entstehung des Courtageanspruchs unerhebliche Leistungen des Maklers zu erwarten sind und wenn ferner noch ein (generelles) Interesse des Maklerkunden daran besteht, im Hinblick auf etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten des Maklers in Bezug auf das Objekt einen Maklervertrag einzugehen.*)
VolltextOnline seit 26. April
IMRRS 2024, 0496LG Tübingen, Urteil vom 07.07.2022 - 7 O 71/22
1. § 656c BGB findet auch auf solche Konstellationen Anwendung, in denen ein Maklervertrag vor dem Stichtag (23.12.2020) und ein Maklervertrag nach dem Stichtag geschlossen worden ist.
2. Auch ein erfolgsunabhängiges bzw. isoliertes Provisionsversprechen ist nach § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB nur wirksam, wenn der Verkäufer ebenfalls zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet ist.
VolltextIMRRS 2024, 0572
BGH, Urteil vom 12.03.2024 - XI ZR 159/23
Zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB in einem "negativen" Zinsumfeld.*)
VolltextOnline seit 25. April
IMRRS 2024, 0559OLG Hamm, Urteil vom 18.03.2024 - 18 U 80/23
1. Eine Anwendung der §§ 656a ff. BGB auf Objekte mit mehreren Wohnungseigentumseinheiten unter dem Begriff "Wohnung" scheidet aus.*)
2. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Objekt als "Einfamilienhaus" i.S.d. §§ 656a ff. BGB zu qualifizieren ist, ist darauf abzustellen, ob eine Nutzung des Gesamtobjekts durch die Mitglieder eines einzigen Haushalts nach der Aufteilung des Gebäudes und dessen sonstigen Eigenschaften unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung objektiv angelegt ist.*)
3. Das Vorhandensein einer zweiten Wohnung von untergeordneter Bedeutung steht der Qualifikation eines Objekts als "Einfamilienhaus" i.S.d. §§ 656a ff. BGB nicht entgegen (vgl. BT-Drucks. 19/15827, S. 18). Die Frage der Unterordnung ist anhand einer Gesamtbetrachtung der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu beantworten.*)
4. Die Gestaltungs- und Nutzungsabsichten des Erwerbers spielen für die sachliche Anwendbarkeit der §§ 656a ff. BGB grundsätzlich keine Rolle, vielmehr kommt es grundsätzlich allein auf den vorbestehenden Zustand des Objekts an.*)
VolltextOnline seit 22. April
IMRRS 2024, 0537BGH, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 224/22
Die Verjährungsfrist für synallagmatisch verbundene Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis beginnt erst mit der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs. Für den Anspruch des Käufers auf Eigentumsverschaffung an einem Grundstück, der nach den vertraglichen Bedingungen nicht sofort fällig ist, beginnt die Verjährungsfrist nicht schon mit Vertragsschluss, sondern erst mit der Fälligkeit. Erst dann ist der Eigentumsverschaffungsanspruch im Sinne von § 200 BGB entstanden (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 19.06.2006 - V ZR 40/05, IBRRS 2006, 1813 = IMRRS 2006, 1126 = NJW 2006, 2773).*)
VolltextOnline seit 19. April
IMRRS 2024, 0536BGH, Urteil vom 21.03.2024 - I ZR 185/22
1. § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.*)
2. Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.*)
3. Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gem. § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.*)
4. Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gem. § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gem. § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.*)