Immobilien- und Mietrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Miet- und Pachtrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei imr-online eingestellt
Online seit 5. Mai
IMRRS 2025, 0541
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.04.2025 - 3 S 318/25
Die aus einer gegenüber einem Mieter erlassenen Duldungsverfügung folgende Pflicht, die Durchsetzung der gegenüber einem Grundstückseigentümer ausgesprochenen baurechtlichen Nutzungsuntersagung hinzunehmen, gestaltet die zivilrechtliche Lage. Die Abwehransprüche des Mieters aus dem Mietvertrag und aus dem Besitz nach § 862 Abs. 1 BGB sind ausgeschlossen und dem Vermieter ist die Erfüllung der nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehenden Pflicht zur Gebrauchsüberlassung gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich.*)

IMRRS 2025, 0567

OLG Dresden, Urteil vom 19.03.2025 - 5 U 1633/24
1. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (IBR 2005, 1021 - nur online zur Wohnraummiete und ÎBR 2005, 643 zur Geschäftsraummiete), wonach bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Mietfläche von der vertraglich vereinbarten Mietfläche zu Lasten des Mieters, für welche bei einer Flächenabweichung von 10% eine tatsächliche Vermutung spreche, ein Mietmangel i.S.v. § 536 BGB besteht, findet nur dann Anwendung, wenn die Angabe der Mietfläche im Vertrag der Festlegung der Sollbeschaffenheit des Mietobjekts dient und nicht lediglich dessen Beschreibung.*)
2. Unabhängig von der Festlegung einer bestimmten Größe des Mietobjekts als Sollbeschaffenheit ist im Falle einer vertraglichen Mietpreisabrede dahin, dass die Miethöhe einen bestimmten Betrag je Quadratmeter betragen soll (echte Quadratmetermiete), die geschuldete Miete anhand der tatsächlichen Quadratmeter des Mietobjekts zu berechnen.*)

IMRRS 2025, 0566

OLG Celle, Urteil vom 17.04.2025 - 2 U 148/24
1. Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung liegt vor, wenn der Mieter von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels der gehobenen Mittelklasse (Garni) sämtliche Zimmer des Hotels ohne Zustimmung des Vermieters einer Kommune auf der Grundlage eines Beherbergungsvertrages zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellt.*)
2. Die unbefugte Gebrauchsüberlassung rechtfertigt sowohl eine Kündigung auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB als auch auf der Grundlage von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB.*)
3. Nach Wirksamwerden einer Kündigung besteht eine Auskunftspflicht des Mieters hinsichtlich der gezogenen Nutzungen.*)
4. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz scheidet nicht wegen Vorhandenseins eines Rechtsirrtums über die Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus.*)
5. § 721 ZPO ist nicht auf Räumungsurteil anwendbar, die ein gewerbliches Mietverhältnis betreffen.*)

Online seit 30. April
IMRRS 2025, 0556
LG Berlin II, Beschluss vom 04.09.2024 - 64 S 281/22
Setzt der Vermieter die seiner Eigenbedarfskündigung zu Grunde gelegte Absicht, selbst in die Wohnung einzuziehen, nach Auszug des Mieters nicht um, so hat er stimmig darzulegen, aus welchen Gründen der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Dazu genügt es nicht, auf Verzögerungen durch erforderliche Umbaumaßnahmen und die sich anschließende Corona-Pandemie zu verweisen, die im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Aufgabe jeglicher Umzugspläne rechtfertigen könne. Vielmehr ist darzulegen, welche konkreten Planungen und tatsächlichen Vorbereitungen es zur Umsetzung des behaupteten Eigenbedarfs gab. Ohne die Darlegung konkreter Planungen lässt sich nicht feststellen, dass, weshalb und wie genau sich die Pläne des Vermieters überhaupt geändert haben (Anschluss/Umsetzung BGH, Beschluss vom 11.10.2016 - VIII ZR 300/15, IMR 2017, 9; BGH, Urteil vom 18.05.2005 - VIII ZR 368/03, IMR 2007, 1122 - nur online).*)

Online seit 29. April
IMRRS 2025, 0491
LG Berlin II, Beschluss vom 28.05.2024 - 64 S 50/24
Als wirksame "Vormiete" i.S.d. § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB kommt jede nach Abschluss des Vor-Mietvertrags durch Vereinbarung der Mietvertragsparteien geänderte Miete in Frage, denn eine solche Mietvereinbarung im laufenden Mietverhältnis ist nicht an den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB zu messen. Ein Vergleich der Parteien des Vor-Mietverhältnisses über die Miethöhe, den diese im Hinblick auf einen zwischen ihnen umstrittenen Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 556d ff. BGB schlossen, ist daher geeignet, eine nach diesen Vorschriften teilunwirksame Mietabsprache ex nunc zu heilen (Anschluss BGH, Urteil vom 28.09.2022 - VIII ZR 300/21, IMR 2022, 483.)*)

IMRRS 2025, 0547

LG Berlin II, Beschluss vom 13.01.2025 - 63 S 138/24
1. Befindet sich die Klausel zur Vereinbarung einer Indexmiete als Unterpunkt unter einem mit "Sonstige Vereinbarungen" überschriebenen Paragraphen und regelt dieser in den Ziffern 1 bis 3 keine materiellen Mietvertragspflichten, sondern befasst sich u.a. mit der formellen Wirksamkeit des Mietvertrags und der Kommunikation der Parteien, so ist diese Klausel überraschend und damit unwirksam. Denn eine Klausel zur Regelung der Miethöhe ist an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang als überraschend anzusehen, weil sie nach keinem Verständnis zu der Überschrift "sonstige Vereinbarungen" passt.
2. Eine solche Klausel ist zudem intransparent, wenn sie lediglich auf § 557b BGB verweist, ohne zu erläutern, welcher Inhalt damit gemeint ist. Bloße Paragraphenangaben sind gegenüber Verbrauchern intransparent.

IMRRS 2025, 0429

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.02.2025 - 5 Sa 1/25
Der ausschließliche Gerichtsstand des § 29a Abs. 1 ZPO gilt auch für Streitigkeiten aus einem Mietvertrag, durch den eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung Wohnraum i.S.v. § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB als Unterkunft für Monteure anmietet.*)

Online seit 23. April
IMRRS 2025, 0140
AG Bottrop, Urteil vom 28.11.2024 - 8 C 126/24
1. Der Vermieter kann einen Mieter, der auf nicht mit vermieteten Flächen sein Auto abstellt, nicht ohne Weiteres abschleppen lassen.
2. Vielmehr hätte es dem Vermieter im Rahmen seiner mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht oblegen, den Mieter zunächst hinsichtlich der vertragswidrigen Nutzung der Fläche abzumahnen bzw. zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufzufordern oder gerichtlichen Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

Online seit 16. April
IMRRS 2025, 0487
LG Dresden, Urteil vom 24.09.2024 - 4 S 81/23
1. Für die Frage, ob ein Mietmangel vorliegt, gilt ein objektiver, überindividueller Maßstab.
2. Durch einen Legionellenbefall von 100 kbE/100 ml wird zwar der in der Trinkwasserverordnung genannte Maßnahmewert überschritten, der Gebrauch der Mietsache jedoch nicht beeinträchtigt.
3. Erst bei Überschreitungen ab 10.000 kbE/100 ml kann von einer möglichen Gesundheitsgefahr ausgegangen werden und liegt somit ein Mangel der Mietsache vor.

Online seit 14. April
IMRRS 2025, 0483
LG Paderborn, Urteil vom 03.07.2024 - 1 S 77/23
1. Begeht der Mieter eine Straftat, kann dies grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
2. Voraussetzung für eine auf eine Straftat gestützte außerordentliche Kündigung ist dabei, dass die Straftat einen Bezug zum Mietverhältnis hat und so schwer wiegt, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist, was eine umfassende Würdigung der Einzelfallumstände erfordert, bei der die Schwere der Tat und die Schwere der Schuld, insbesondere ein vorsätzliches Handeln, eine bedeutsame Rolle spielen.
3. Ein Kündigungsgrund besteht aber nur dann, wenn die Straftat auch bewiesen ist.
4. Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Kündigungsvoraussetzungen und damit auch für die Begehung einer Straftat als Pflichtverletzung trifft grundsätzlich den Vermieter als denjenigen, der sich auf diese als Kündigungsgrund beruft. Für entlastende Umstände ist der (vermeintliche) Täter (= Mieter) beweispflichtig.
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Online seit 10. April
IMRRS 2025, 0434
LG Berlin II, Urteil vom 19.11.2024 - 63 S 156/24
1. Wollen die Parteien erreichen, dass einer von mehreren Mietern aus dem Vertrag ausscheidet und das Mietverhältnis mit dem anderen Mieter fortgesetzt werden soll, so müssen hieran alle Personen mitwirken, die den Mietvertrag abgeschlossen haben. Ein von mehreren Personen begründetes Mietverhältnis kann nur von allen Beteiligten wieder aufgehoben oder umgestaltet werden.
2. (Personale) Teilkündigungen sind grundsätzlich unwirksam. Das gilt auch dann, wenn einer der Mieter das Mietobjekt nicht nutzt (etwa weil er nur zu Sicherungszwecken als Mieter aufgenommen wurde) oder wenn einer der Mieter bereits ausgezogen oder niemals eingezogen ist.
3. Ein Mieter ist nicht verpflichtet, die von ihm angemietete Wohnung tatsächlich zu bewohnen oder dort seinen Lebensmittelpunkt zu begründen.
4. Ein Mietaufhebungsvertrag ist in aller Regel auch dann formlos wirksam, wenn der Mietvertrag schriftlich abgeschlossen worden ist.
5. Der Mietaufhebungsvertrag kann auch durch konkludentes Verhalten zu Stande kommen. Erforderlich ist auch dann, dass sich die Parteien über die Mietaufhebung einig sind; hierüber darf kein Zweifel bestehen.
6. Selbst wenn der eine Mieter seit über 30 Jahren nicht mehr in der Wohnung wohnt, folgt daraus zu keinem Zeitpunkt eine konkludente Erklärung, die die Vermieterseite als Wunsch auf Entlassung aus dem Mietverhältnis werten kann.
7. Selbst wenn in dieser Zeit der gesamte Schriftverkehr zwischen dem anderen Mieter und der Vermieterseite erfolgt ist und auch mehrere Mieterhöhungen zwischen diesen Parteien vereinbart wurden, müssten diese Umstände dem ausgezogenen Mieter auch tatsächlich bekannt gewesen sein, um durch eine fehlende Intervention seinen Willen auf Entlassung aus dem Mietverhältnis konkludent geäußert zu haben.
