Immobilien- und Mietrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 7. August
IMRRS 2025, 1019
BGH, Urteil vom 18.07.2025 - V ZR 29/24
1. Wird ein Wohnungseigentümer gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung einer baulichen Veränderung in Anspruch genommen, findet das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung Anwendung, wenn die bauliche Veränderung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.*)
2. Beurteilt sich die bauliche Veränderung nach dem bis zum 30.11.2020 geltenden Recht, kann der Störer dem Beseitigungsverlangen nach § 242 BGB einen nach Maßgabe von § 22 Abs. 1 WEG a.F. gegebenen Gestattungsanspruch entgegenhalten.*)
3. Eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums setzt nicht zwingend einen Substanzeingriff voraus, sondern kann auch bei einer sonstigen auf Dauer angelegten Maßnahme, die das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändert, gegeben sein (hier: Solaranlage).*)
IMRRS 2025, 0997

OLG Braunschweig, Urteil vom 31.07.2025 - 8 U 193/22
1. Erhält der Bauträger vom Erwerber den vollen Kaufpreis und ist er keinen mangelbedingten Ansprüchen des Erwerbers mehr ausgesetzt, ist der Bauträger gehindert, gegenüber "seinem" Architekten wegen dieser Mängel Ansprüche geltend machen (vgl. BGH, IBR 2007, 472). Ein Beispiel ist die Verjährung der mangelbedingten Ansprüche gegen den Bauträger.
2. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Bauträger beginnt mit der Abnahme bzw. mit der endgültigen Verweigerung der Abnahme zu laufen.
3. Hat der Erwerber die Leistung nicht abgenommen und liegt auch keine endgültige Abnahmeverweigerung vor, wird der Erfüllungsanspruch des Erwerbers - wenn keine Fertigstellungsfrist vereinbart wurde - nach Ablauf einer angemessenen Herstellungsfrist fällig und verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
4. Da es sich bei einem Nacherfüllungsanspruch um einen modifizierten Erfüllungsanspruch handelt, ist das Bestehen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs bis zur Abnahme Voraussetzung des Bestehens eines Nacherfüllungsanspruchs.
5. Beruft sich der Bauträger vor der Abnahme auf den Eintritt der Verjährung des Erfüllungsanspruchs, entsteht der Nacherfüllungsanspruch nicht.

IMRRS 2025, 0994

AG Schwerin, Urteil vom 18.07.2025 - 14 C 19/25
1. Die formularmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturenklausel mit dem Wortlaut "Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen" regelt nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet wird, und führt daher zur Unwirksamkeit der Klausel.
2. Der Vermieter ist verpflichtet, die Kaution bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Der Vermieter muss aber nicht das Kreditinstitut wählen, das den höchsten Zinssatz gewährt.

IMRRS 2025, 0977

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980a C 27/23 WEG
1. Im Rahmen einer Zweier-Gemeinschaft muss sich die Gemeinschaft das Wissen bzw. die Kenntnisse der einzelnen Wohnungseigentümer ohne Weiteres als eigene zurechnen lassen.
2. Der Anspruch auf Beseitigung einer Terrasse verjährt in drei Jahren.
3. Zwar kann der Gemeinschaft in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum grundsätzlich ein Anspruch auf Duldung der Beseitigung einer (rechtswidrigen) Eigentumsbeeinträchtigung in Form einer baulichen Veränderung zustehen, wenn der gegen den "störenden Eigentümer" (Bauherrn) gerichtete Beseitigungsanspruch verjährt ist.
4. Allerdings unterliegt die Geltendmachung dieses Anspruchs auch den Grundsätzen der Verwirkung.
5. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden.

IMRRS 2025, 0996

BFH, Beschluss vom 03.07.2025 - VII B 46/24
Bei dem Zeugenbeweis verlangt § 373 der Zivilprozessordnung vom Beweisantragsteller nicht, den gesamten Inhalt der künftigen Zeugenaussage durch detaillierte Angaben in seinem Beweisantrag vorwegzunehmen.*)

IMRRS 2025, 0886

LG Stuttgart, Beschluss vom 19.05.2025 - 10 T 110/25
1. Das Verbot der Selbstentscheidung gilt nach ganz herrschender Meinung ausnahmsweise nicht, wenn das Ablehnungsgesuch unzulässig oder missbräuchlich ist.
2. Anerkannt ist insofern die Fallgruppe der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke, etwa als regelmäßige Reaktion auf missliebige Entscheidungen.

Online seit 6. August
IMRRS 2025, 0976
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980b C 38/24 WEG
1. Gibt der Kläger für den Beklagten eine falsche Adresse an, so hat er die verzögerte Zustellung der Klage zu vertreten.
2. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf null reduziert ist.
3. Die Unbestimmtheit eines Beschlusses führt nicht stets zur Nichtigkeit. Jedenfalls dann, wenn der Beschluss eine durchführbare Regelung noch erkennen lässt, die Unbestimmtheit also nicht auf inhaltlicher Widersprüchlichkeit beruht, führen die Mängel nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit.
4. Dürfen nach dem Beschluss Balkonkraftwerke angebracht werden, wenn der Eigentümer die Kosten trägt und das Gebäude nicht beschädigt wird, regelt der Beschluss aber keine weiteren Einzelheiten zu Art, Größe, Umfang, Installationsort, Hersteller etc., entspricht er zwar mangels konkreter Festlegungen zu der jeweiligen Maßnahme nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, ist aber nicht nichtig.
5. Ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Fassung eines Zweitbeschlusses bei einem ordnungswidrigen Erstbeschluss kann gegeben sein, wenn schwer wiegende tatsächliche Gründe das Festhalten an dem - nicht nichtigen - (Erst-)Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen und der bestehende Zustand in seinem Sinn verändert werden muss oder wenn eine Abänderung wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse - aufgrund einer Gesetzesänderung oder einer Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung - geboten ist.
6. Es verbleibt dem Eigentümer die Möglichkeit, sich gegen Störungen, die von den aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses umgesetzten baulichen Veränderungen bzw. deren Nutzung ausgehen, zur Wehr zu setzen.

IMRRS 2025, 0986

OLG München, Urteil vom 28.07.2025 - 19 U 2640/24
1. Der verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB steht auch dem mittelbaren Besitzer des beeinträchtigten Grundstücksteils zu.*)
2. Aufgrund eines Entschädigungsanspruchs gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog kann nicht Schadensersatz, sondern lediglich ein nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bestimmender Ausgleich verlangt werden. Gleichwohl kommt die Entschädigungsregelung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs einem vollen Schadensersatz vielfach gleich.*)
3. Gegenstand des Ausgleichs einer Besitzstörung in Geld ist jedenfalls, was dem Besitzer durch den Eingriff in seine berechtigte Besitzposition entgangen ist, regelmäßig also die Möglichkeit zur Nutzung der Sache. Namentlich sind infolge der Besitzstörung eingetretene Ertragseinbußen auszugleichen. Neben dem Ertragsverlust sind zudem diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die erforderlich sind, um eine ungestörte Fortführung eines mit dem Besitz verbundenen Betriebs zu gewährleisten.*)
4. Der Senat kann die umstrittene Frage offen lassen, ob der Besitzer aufgrund der Verletzung seines Besitzrechts durch die Beschädigung der Sache wie der Eigentümer aus eigenem Recht den Ersatz der Reparaturkosten, das heißt des Substanzschadens, verlangen kann.*)
5. Ist mit dem mittelbaren Besitz des beeinträchtigten Grundstücksteils dessen Nutzung als Vermietungsobjekt verbunden, so kann der mittelbare Besitzer jedenfalls auch diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die erforderlich sind, um eine ungestörte Fortführung des mit dem mittelbaren Besitz verbundenen Vermietungsbetriebs zu gewährleisten. Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB hat der Vermieter - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Widrigenfalls hat er eine Mietminderung durch seine Mieter zu gewärtigen. Daher können die Kosten für die vollständige Reparatur des beeinträchtigten, vermieteten Grundstücksteils ersatzfähig sein, auch wenn dies der Höhe nach mit dem Ersatz des Substanzschadens deckungsgleich ist.*)

IMRRS 2025, 0999

OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.07.2025 - 8 W 1286/25
1. Ob objektive Gründe vorliegen, die an der Unvoreingenommenheit eines Sachverständigen zweifeln lassen, entzieht sich einer schematischen Betrachtungsweise und kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden.
2. Die bloße Überschreitung des Gutachtenauftrags durch den Sachverständigen begründet regelmäßig noch nicht die Besorgnis der Befangenheit, solange sie nicht als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung bzw. einer "Belastungstendenz" zu Ungunsten einer Partei gedeutet werden kann. Nicht ausreichend ist jedenfalls, dass der Sachverständige lediglich irrtümlich das Beweisthema unzutreffend erfasst.

IMRRS 2025, 0995

KG, Beschluss vom 30.07.2025 - 7 U 87/24
1. Maßgeblich für den Fristbeginn für ein Rechtsmittel eines Streithelfers für die von ihm unterstützte (Haupt-)Partei kommt es nicht auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei ihm, dem Streithelfer, sondern auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei der unterstützten Partei an.
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist für die Bestimmung des Gegenstandswerts jedenfalls dann ohne Bedeutung, wenn sie nicht spätestens innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels erfolgt.

IMRRS 2025, 0972

AG Ahrensburg, Urteil vom 28.01.2025 - 37a C 6/24
1. Zustellungs-Verzögerungen, die aus der Einschaltung einer Rechtsschutzversicherung resultieren, gereichen der Kläger-Partei jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung zum Nachteil.
2. Zahlt der Rechtsschutzversicherer den Kostenvorschuss zwar bei der Landeskasse ein, kann eine Zuordnung des Zahlungseingangs von der Landeskasse aufgrund der Angabe eines unzutreffenden Verwendungszweckes des Rechtsschutzversicherers jedoch (zunächst) nicht vorgenommen werden, geht dies zu Lasten des Klägers.
3. Das Gericht nicht verpflichtet, den Kläger auf den fehlenden Vorschusseingang hinzuweisen oder ohne Anhaltspunkte Nachfragen an die Landeskasse zu stellen.
4. Die Fristen des § 45 WEG finden keine Anwendung auf die Beschlussersetzungsklage.
5. Ein Wohnungseigentümer hat nur dann auf einen Beschluss einen Anspruch, wenn sein Gegenstand noch nicht durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss geregelt ist
