Immobilien- und Mietrecht.
IMR 10/2020 - Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer hätte das zu Beginn des Jahres geglaubt? Wir haben einen harten Lock-Down hinter uns, starren jeden Tag gebannt auf die neuen Zahlen und fragen uns, kommt die zweite Welle, kommt ein zweiter Lock-Down und wie übersteht die Wirtschaft, und vor allem auch die Anwaltschaft das?
Mit den Problemen, die sich in diesem Zusammenhang den Wohnungseigentumsverwaltern gestellt haben, wurden die von uns, die das Wohnungseigentum bearbeiten, mehrfach konfrontiert.
In Bayern trat zum 21.03.2020 die „Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie“ vom 24.03.2020 in Kraft. Sie sollte mit Ablauf des 03.04.2020 außer Kraft treten – in der Nachschau zu optimistisch. Sie gestattete das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe. Die Abhaltung oder der Besuch einer Eigentümerversammlung war nicht möglich.
Der Bundesgesetzgeber hatte in seinem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“, das zum 28.03.2020 in Kraft trat in Art. 2 § 6 für Wohnungseigentümergemeinschaften nur zu bieten, dass der Wohnungseigentumsverwalter im Amt bleibt und der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan fortgilt. Wohnungseigentümerversammlungen sollten nicht stattfinden.
Erst die 6. BayIfSMV (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmeverordnung) vom 19.06.2020 gestattete Versammlungen mit bis zu 50 Teilnehmern in geschlossenen Räumen (bis zu 100 Teilnehmer im Freien).
Eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass die überwiegende Zahl der ordentlichen Wohnungseigentümerversammlungen in der ersten Jahreshälfte erledigt sein sollte. Dies beflügelte die Fantasie der Verwalter. Eine ganze Reihe von Versammlungen haben in dieser Zeit als sog. „Einmannversammlungen“ stattgefunden (die Eigentümer erteilen dem Verwalter – weisungsgebundene – Vollmacht und er führt die Versammlung alleine durch). Dies war jedoch nur in den Fällen möglich, in denen alle Eigentümer damit einverstanden waren. Einer Anfechtung wären sämtliche in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse zweifellos zum Opfer gefallen. Das AG Kassel hält in einer Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren entsprechende Beschlüsse gar für nichtig ( S. 426).
Wenn es in letzter Zeit auch bei Ihnen ruhiger war … hier rollt Arbeit auf uns zu.
Es grüßt Sie herzlich aus dem home-office
Beate Müller