Immobilien- und Mietrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 12.04.2024 im Volltext bei imr-online eingestellt
Online seit 17. Mai
IMRRS 2024, 0683AG Dachau, Urteil vom 10.05.2024 - 4 C 240/22
1. Bei einem Kaufpreisabschlag von 15 - 20% eines vermieteten gegenüber einem unvermieteten Objekt liegt ein erheblichen Nachteil vor, der den Vermieter zu einer Verwertungskündigung berechtigen kann.
2. Bei Überschreiten der 20%-Grenze kommt es weiter nicht (mehr) auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters im Übrigen an.
VolltextOnline seit 16. Mai
IMRRS 2024, 0658OLG Dresden, Beschluss vom 26.04.2023 - 22 U 1887/22
1. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauträgers, wonach der Erwerber die Person bestimmt, die die Abnahme für ihn als Vertreter erklären soll, benachteiligt den Erwerber nicht unangemessen und ist daher wirksam.
2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann die Geltendmachung von (Nach-)Erfüllungsansprüchen auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen.
3. Eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung des Erwerbers kommt nicht in Betracht, wenn der Erwerber aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft, mit der sie die Verfolgung der behaupteten Mangelrechte an sich zog, nicht mehr berechtigt war, diese gerichtlich geltend zu machen. Rechtshandlungen eines Nichtberechtigten hemmen die Verjährung nicht.
VolltextIMRRS 2024, 0662
OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2023 - 7 U 73/23
Die Aufnahme der Angaben des Sachverständigen in das Verhandlungsprotokoll ist originäre richterliche Aufgabe und kann nicht dem Sachverständigen übertragen werden; erfolgt die Protokollierung durch den Sachverständigen unmittelbar selbst, ergibt dies einen nicht heilbaren Verfahrensfehler.
VolltextOnline seit 15. Mai
IMRRS 2024, 0606AG Paderborn, Urteil vom 30.11.2023 - 52 C 18/23
1. Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft, etwa mit ihm ein Kaufvertrag, ein Werkvertrag, ein Mietvertrag abgeschlossen werden soll oder wenn ihm Sonderrechte eingeräumt werden sollen.
2. Der betroffene Wohnungseigentümer ist bei einem Beschluss über die Ermächtigung des Verwalters zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit diesem Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt.
3. Eine trotz Stimmverbots abgegebene Stimme ist unwirksam und darf vom Versammlungsleiter bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht berücksichtigt werden.
VolltextOnline seit 14. Mai
IMRRS 2024, 0647OLG Dresden, Beschluss vom 27.02.2024 - 5 U 2077/23
Rechtsfolge des Verstoßes eines befristeten Mietvertrages über Geschäftsräume gegen die gesetzliche Schriftform aus §§ 550, 578 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB ist nicht nur gem. § 550 Satz 1 BGB, dass das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Vielmehr ist weiterhin eine in formunwirksamen Mietvertrag vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn diese länger ist als die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB (Anschluss BGH, Urteil vom 30.01.2013 - XII ZR 38/12, Rz. 28, IBRRS 2013, 0924 = IMRRS 2013, 0583).*)
VolltextIMRRS 2024, 0654
AG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2024 - 30 C 196/23
Eine Kündigungsgrund kann auch nach Inkrafttreten des Konsum-Cannabis-Gesetz - KCanG - grundsätzlich dann gegeben sein, wenn der Bereich der eigenen Wohnung durch die Auswirkungen des Cannabiskonsums überschritten wird, da insofern dann ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und damit eine erhebliche Störung des Hausfriedens in Betracht kommt (§ 241 Abs. 2, §§ 535, 543 Abs. 1, §§ 549, 569 Abs. 2, §§ 573, 573c, 574, 574a BGB unter Beachtung des KCanG).*)
VolltextIMRRS 2024, 0668
OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.2024 - 24 W 5/24
Eine Kostenentscheidung gem. § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO kommt in einem selbständigen Beweisverfahren dann nicht in Betracht, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht innerhalb der gem. § 494a Abs. 1 ZPO gesetzten Frist, aber noch vor Erlass der Kostenentscheidung erhoben wird. Dies gilt auch dann, wenn die Hauptsacheklage erst während des wegen der Kostenentscheidung durchgeführten Beschwerdeverfahrens vor Erlass der Beschwerdeentscheidung erhoben wird. Die Kostenentscheidung ist dann auf die Beschwerde hin aufzuheben und der Kostenantrag zurückzuweisen (Anschluss an OLG Köln, Beschuss vom 04.01.2022 – 11 W 50/21, IBRRS 2022, 0178 = IMRRS 2022, 0094, und LG Lübeck, Beschluss vom 31.03.2021 – 7 T 127/21, IBRRS 2021, 1131 = IMRRS 2021, 0429).*)
VolltextIMRRS 2024, 0671
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.01.2024 - 12 KN 61/21
1. Ein anerkannter Umweltverband kann keinen zulässigen Normenkontrollantrag gegen einen Regionalplan stellen, der Flächen für die Windenergienutzung ausweist.*)
2. Die Kosten einer anwaltlichen Vertretung des Antragsgegners einer Normenkontrolle sind grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Beauftragung des Rechtsanwalts erst erfolgt ist, nachdem sich die Normenkontrolle bereits im Hinblick auf § 45 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO und die Rechtskraft eines Normenkontrollurteils in einem Parallelverfahren in der Hauptsache erledigt hatte.*)
VolltextOnline seit 13. Mai
IMRRS 2024, 0600LG München I, Urteil vom 21.06.2023 - 14 S 11787/22
Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit eines Mietvertrags liegt im Mischmietverhältnis genau genommen keine separate Garagenmiete vor. Vielmehr ist letztlich in der ausdrücklichen Ausweisung des auf eine Garage entfallenden Mietzinsanteils letztlich nur eine Offenlegung der vermieterseitigen Kalkulationsgrundlage - ähnlich wie im Fall des "Zuschlags Schönheitsreparaturen" - zu sehen.
VolltextOnline seit 10. Mai
IMRRS 2024, 0598AG Paderborn, Urteil vom 27.07.2023 - 54 C 61/23
Eine Beleidigung liegt bei der Nahelegung, sich einen Betreuer bestellen zu lassen, nicht vor.
VolltextOnline seit 8. Mai
IMRRS 2024, 0644BGH, Urteil vom 10.04.2024 - VIII ZR 286/22
1. Beabsichtigt der Vermieter, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer (frei-)beruflichen Tätigkeit nachzugehen (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei), wird es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.v. § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig ausreichen, dass ihm bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter beziehungsweise anerkennenswerter Nachteil entstünde (Bestätigung von Senatsurteil vom 29.03.2017 - VIII ZR 45/16, IMR 2017, 261).*)
2. Höhere Anforderungen gelten nicht deshalb, weil der Vermieter die an den Mieter überlassene Wohnung nach deren Umwandlung in Wohnungseigentum erworben und die Kündigung innerhalb eines Zeitraums erklärt hat, welcher der für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen geltenden Kündigungssperrfrist gem. § 577a Abs. 1, 2 BGB entspricht.*)
3. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der (ordentlichen) Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gehört die Angabe der Kündigungsfrist beziehungsweise des Kündigungstermins in der Kündigungserklärung nicht. Ergibt die Auslegung der Kündigungserklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB, dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen will, wird es regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen entsprechen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächsten zulässigen Termin beendet. Das gilt auch, wenn der Vermieter in der Kündigungserklärung einen zu frühen Kündigungstermin angibt, sofern sein (unbedingter) Wille erkennbar ist, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden.*)
IMRRS 2024, 0610
LG Berlin II, Beschluss vom 25.04.2024 - 67 S 27/24
1. Im Falle einer Staffelmietvereinbarung muss der Mieter eine auf Feststellung der preisrechtlich zulässigen Miete gerichtete Klagen nicht auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung fällig werdenden Mietstaffeln beschränken; er ist stattdessen grundsätzlich befugt, die preisrechtlich zulässige Höhe - der derzeitigen und/oder der in der Vergangenheit geschuldeten - Miete im Rahmen einer unbeschränkten Feststellungsklage geltend zu machen.*)
2. Ein auf Feststellung der preisrechtlich zulässigen Miete gerichtetes Feststellungsurteil entfaltet für erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung fällig werden Mietstaffeln keine Rechtskraft, auch wenn der Feststellungstenor zeitlich unbeschränkt ist.*)
3. Maßstab der preisrechtlichen Überprüfung einer Folgestaffel ist - anders als bei § 556d Abs. 1 Satz 1 BGB - gem. § 557a Abs. 4 Satz 2 BGB der Zeitpunkt der erstmaligen Fälligkeit der Folgestaffel und nicht der Beginn des Mietverhältnisses oder der Schluss der mündlichen Verhandlung.*)
VolltextIMRRS 2024, 0612
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.02.2024 - 2-13 S 53/23
Hat ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung vorgenommen, ist es vor der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der gerichtlichen Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs im Regelfall nicht erforderlich, ein Gutachten eines Rechtsanwalts über die Erfolgsaussichten des Prozesses einzuholen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0641
OLG München, Beschluss vom 17.04.2024 - 7 U 242/24
1. Ein elektronisch übermitteltes, einfach signiertes Dokument erfüllt die für bestimmende Schriftsätze erforderliche Form, wenn es auf einem sicheren Übermittlungswege übermittelt wurde und die Authentizität einfach signierter Dokumente dadurch gewährleistet wird, dass die das Dokument verantwortende Person selbst das Dokument an die Justiz übermittelt hat.
2. Enthält der dem Schriftsatz zugehörige Prüfvermerk den Vermerk „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“, ist davon auszugehen, dass die Versendung des einfach signierten elektronischen Dokuments von dem entsprechenden Anwalt als Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs selbst vorgenommen wurde.
Online seit 7. Mai
IMRRS 2024, 0636BGH, Urteil vom 10.04.2024 - VIII ZR 114/22
Zu den Anforderungen an die gerichtliche Prüfung des Vorliegens einer nicht zu rechtfertigenden Härte i.S.d. § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der ernsthaften Gefahr eines Suizids des Mieters im Falle einer Verurteilung zur Räumung der Wohnung (im Anschluss an Senatsurteil vom 26.10.2022 - VIII ZR 390/21, IMR 2023, 6).*)
VolltextIMRRS 2024, 0589
AG Karlsruhe-Durlach, Urteil vom 09.04.2024 - 2 C 147/21
1. Werden eine Wohnung und ein Kfz-Stellplatz vermietet, kommen die §§ 558 ff. BGB - wohl - auch bezüglich der Erhöhung der Kfz-Stellplatzmiete zur Anwendung.
2. Infolgedessen bedarf das Mieterhöhungsverlangen betreffend den Kfz-Stellplatz einer Begründung i.S.v. § 558a BGB.
VolltextIMRRS 2024, 0635
AG Hanau, Beschluss vom 19.02.2024 - 34 C 92/23
Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser aus Anlass eines Streits einen Eimer Wasser über ihm auskippt.*)
VolltextIMRRS 2024, 0613
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 19.02.2024 - 2-13 S 575/23
Auch im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 WEG entspricht ein Beschluss, mit dem einem Eigentümer eine bereits durchgeführte Baumaßnahme (hier Treppenlift) nachträglich genehmigt wird, nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die baurechtliche Zulässigkeit der Maßnahme gesichert ist. Ernstliche Zweifel an der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit muss der Antragsteller vor der Beschlussfassung ausräumen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0634
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.04.2024 - 8 W 7/24
1. Gegenanträge sind im selbständigen Beweisverfahren nur zulässig, wenn sie rechtzeitig gestellt werden und nicht zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens führen (Anschluss OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.09.2002 - 13 W 2914/02, IBRRS 2003, 1704 = IMRRS 2003, 0677).*)
2. Eine Beweisanordnung kommt - auch im selbständigen Beweisverfahren - nicht in Betracht, wenn sie eine Bauteilöffnung in einer Wohnung erfordert, der der Berechtigte nicht zustimmt.*)
VolltextOnline seit 6. Mai
IMRRS 2024, 0593LG Mannheim, Urteil vom 03.04.2024 - 4 S 45/23
1. In die Nebenkostenabrechnung sind bei Gebäuden mit mehreren Einheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen.
2. Soweit die Abrechnung die Anforderungen des § 14 UStG in formeller Hinsicht nicht erfüllt, steht dem Mieter lediglich ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Aushändigung einer vollständigen Abrechnung zu.
3. Die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses können vereinbaren, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernimmt, wenn eine solche anfällt.
4. Unabhängig von der umsatzsteuerlichen Vorbelastung der Nebenkosten entfällt auf die Nebenkosten mit der Nebenkostenabrechnung die jeweilige gesetzliche Umsatzsteuer. Der Mieter zahlt also auch auf nicht mit Vorsteuer belastete Beträge (bspw. die Grundsteuer) oder mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% belastete Beträge (bspw. Wasser) den vollen Umsatzsteuersatz.
5. Der Vermieter darf dem Mieter auch auf Nebenkosten, die bereits mit Vorsteuern belastet sind, zusätzlich den vollen Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen mit der Folge, dass das Finanzamt auf derartige Nebenkosten (zunächst) zweimal die Umsatzsteuer erhält.
VolltextIMRRS 2024, 0577
AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 13.10.2023 - 881 C 4/23
Beinhaltet ein Beschluss nicht nur die Einholung von Angeboten, sondern auch die Vergabe des Auftrags nach Anhörung des Verwaltungsbeirats, wobei unklar bleibt, wer den Auftrag erteilen soll, lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit bestimmen, ob der Verwaltungsbeirat nur seine Meinung kundtun kann, die wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, ob er ein Vetorecht oder gar ein Letztentscheidungsrecht haben soll, das von der Verwaltung umzusetzen ist.
VolltextIMRRS 2024, 0633
BGH, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 115/22
1. Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d. h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urteil vom 17.12.1965 - V ZR 115/63, NJW 1966, 588, 589; Urteil vom 05.07.2002 - V ZR 229/01, IBR 2002, 573 = NJW-RR 2002, 1527).*)
2. Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 01.08.2013 - VII ZR 6/13, IBR 2013, 609 = BGHZ 198, 141; Urteil vom 10.04.2014 - VII ZR 241/13, IBR 2014, 327 = BGHZ 201, 1; Urteil vom 11.06.2015 - VII ZR 216/14, IBR 2015, 405 = BGHZ 206, 69; Urteil vom 16.03.2017 - VII ZR 197/16, IBR 2017, 246 = BGHZ 214, 228).*)
VolltextOnline seit 3. Mai
IMRRS 2024, 0561OLG München, Urteil vom 02.08.2023 - 27 U 2547/22 Bau
1. Die Ermächtigung des WEG-Verwalters, die zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu treffen, erstreckt sich nicht auf außergewöhnliche, nicht dringende Instandsetzungsarbeiten größeren Umfangs (hier: Dachsanierungsarbeiten).
2. Die Regelung in der Teilungserklärung, wonach der WEG-Verwalter berechtigt ist, "die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich in allen Angelegenheiten der Verwaltung zu vertreten und im Rahmen seiner Verwalteraufgaben Verträge abzuschließen und andere Rechtshandlungen vorzunehmen" führt nicht zu einer Vertretungsmacht für den Vertragsschluss einer nicht beschlossenen Dachsanierung.
3. Schließt der hierzu nicht bevollmächtigte WEG-Verwalter im Namen der Eigentümergemeinschaft mit einem Unternehmen einen Bauvertrag, ist er dem Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Eigentümergemeinschaft die Genehmigung des Vertrags verweigert.
4. Einem Handwerksunternehmen muss nicht bekannt sein, dass ein WEG-Verwalter nicht dazu berechtigt ist, im Namen der Eigentümergemeinschaft Bauverträge über Dachsanierngsarbeiten zu schließen.
VolltextIMRRS 2024, 0599
LG München I, Beschluss vom 13.07.2023 - 14 S 6310/23
1. Ein Mieter eines Mehrparteienhauses, der dem polizeilichen Notruf wissentlich erfundene Tatsachen mitgeteilt und damit einen größeren Polizeieinsatz bei einem anderen Mieter auslöst, kann den Hausfrieden so schwer wiegend stören, dass dies eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt (§ 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB).
2. Eine Störung des Hausfriedens ist regelmäßig dann nachhaltig, wenn sie schwer wiegend ist. Zwar reichen kurze bzw. einmalige Störungen des Hausfriedens regelmäßig nicht für eine fristlose Kündigung aus. Allerdings kann auch ein einmaliger Vorfall den Hausfrieden so schwer stören, dass unter Abwägung aller Interessen eine Fortsetzung für den Vermieter nicht zumutbar ist.
3. Eine Abmahnung ist nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB ausnahmsweise entbehrlich, wenn durch das Fehlverhalten des anderen Teils die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so schwer wiegend erschüttert ist, dass sie auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.
VolltextIMRRS 2024, 0609
BAG, Beschluss vom 21.03.2024 - 2 AZN 785/23
Die Partei, die die Vernehmung eines Zeugen beantragen will, hat den Zeugen zu benennen und die Tatsachen zu bezeichnen, über die dieser vernommen werden soll. Der Beweisführer muss sich nicht dazu äußern, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptung hat.
VolltextOnline seit 2. Mai
IMRRS 2024, 0596BGH, Beschluss vom 26.03.2024 - VIII ZR 89/23
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der Inanspruchnahme eigener Sachkunde des Gerichts im Rahmen der Schadensschätzung (hier entgangener Gewinn, § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO; im Anschluss an BVerfG, NJW 2003, 1655, unter II. 1.; BVerfG, Beschluss vom 09.10.2007 - 2 BvR 1268/03, BeckRS 2007, 28255; ; BVerfG, NJW 2021, 50, Rz. 20; BGH, Urteil vom 06.12.1995 - VIII ZR 270/94, NJW 1996, 584, unter II. 3. b) cc); Beschluss vom 09.01.2018 - VI ZR 106/17, Rz. 16, IBR 2018, 424 = NJW 2018, 2730).*)
VolltextOnline seit 30. April
IMRRS 2024, 0581AG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.09.2023 - 33 C 1509/23
Der nach Widerspruch gegen eine ordentliche Kündigung unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB gegebene Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ist nach § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter die außerordentliche Kündigung erklärt hat; es genügt, wenn dem Vermieter bei Zugang der ordentlichen Kündigung (auch) ein Recht zur fristlosen Kündigung zusteht.
VolltextIMRRS 2024, 0583
BVerfG, Beschluss vom 04.03.2024 - 2 BvR 184/22
1. Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Verfahrensbeteiligten das Recht, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Da dies nicht nur durch tatsächliches Vorbringen, sondern auch durch Rechtsausführungen geschehen kann, gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG dem Verfahrensbeteiligten, sich nicht nur zum Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern.
2. Grundsätzlich verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen.
3. Lediglich in besonderen Fällen ist es von Verfassungs wegen geboten, den Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zu Grunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Art. 103 Abs. 1 GG enthält damit ein auf die Rechtslage bezogenes Verbot von Überraschungsentscheidungen.
4. Die Parteien eines Berufungsverfahrens dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihnen das Berufungsgericht, wenn es in einem entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkt von der Rechtsauffassung des vorinstanzlich mit der Sache befassten Gerichts abweicht, einen Hinweis gem. § 139 ZPO erteilt.
5. Den Parteien ist im Berufungsverfahren nach einem Hinweis des Berufungsgerichts, dass und aufgrund welcher Erwägungen es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, auch Gelegenheit zu geben, ihren Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten.
VolltextOnline seit 29. April
IMRRS 2024, 0558OLG Köln, Urteil vom 12.04.2023 - 17 U 14/22
1. Die Prozessführungsbefugnis einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die sich aus einem vor dem 01.12.2020 erlassenen Vergemeinschaftungsbeschluss ergibt, besteht auch nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft fort. Dies gilt auch für den werkvertraglichen Anspruch auf Kostenvorschuss (im Anschluss an BGH, IBR 2023, 325 = IMR 2023, 251).
2. Ein Beschluss ohne Versammlung ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG grundsätzlich nur gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Ein Verstoß führt nicht bloß zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, sondern es handelt sich um einen sog. Nichtbeschluss. Die nachfolgende Verkündung durch den Verwalter führt nicht zur Heilung.
3. Der Gesetzgeber, der in Reaktion auf die Pandemie zahlreiche Regelungen getroffen hat, um Kontaktbeschränkungen Rechnung zu tragen, hat keine generelle Einschränkung des Allstimmigkeitserfordernisses vorgesehen, sondern es auch im Zuge der WEG-Reform bei der Regelung des § 23 Abs. 3 WEG belassen.
VolltextIMRRS 2024, 0349
OLG München, Beschluss vom 22.02.2024 - 34 Wx 2/24
Ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht kann auch dann nicht in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht umgewandelt werden, wenn der neue Berechtigte Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist.*)
VolltextIMRRS 2024, 0578
OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023 - 18 U 125/22
1. Zu den formellen Anforderungen (u. a. Verwendung eines einheitlichen "Rahmens", Angabe von Telefon- und Telefaxnummer) an die "Widerrufsbelehrung" und an das "Muster-Widerrufsformular" (Anl. 1 und 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 bzw. § 2 Abs. 2 EGBGB in der Fassung bis zum 27.05.2022).*)
2. Der Beginn der Widerrufsfrist hängt nicht von einer Erfüllung der Hinweispflicht gem. Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB a.F., § 356 Abs. 4 BGB a.F. ab.*)
3. Ein nachträgliches Provisionsversprechen des Maklerkunden ist jedenfalls dann als Eingehung eines Maklervertrags (und nicht als selbstständiges Provisionsversprechen) zu verstehen, wenn die Übernahme der Courtageverpflichtung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Nachweisleistung steht und zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem noch weitere, wenn auch für die Entstehung des Courtageanspruchs unerhebliche Leistungen des Maklers zu erwarten sind und wenn ferner noch ein (generelles) Interesse des Maklerkunden daran besteht, im Hinblick auf etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten des Maklers in Bezug auf das Objekt einen Maklervertrag einzugehen.*)
VolltextOnline seit 26. April
IMRRS 2024, 0571OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.03.2024 - 21 W 13/24
1. Die Frage der Zulässigkeit einer Streitverkündung ist grundsätzlich nicht im Hauptprozess, sondern erst im Folgeprozess zwischen dem Streitverkünder und dem Streitverkündungsempfänger zu prüfen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Streitverkündung nicht statthaft ist.
2. Die Streitverkündung kann nur einem Dritten gegenüber erklärt werden. Keine Dritten in diesem Sinne sind - insoweit bereits denklogisch - die Parteien selbst.
3. Eine unstatthafte Streitverkündung muss nicht zugestellt werden.
VolltextOnline seit 24. April
IMRRS 2024, 0552OLG Dresden, Beschluss vom 27.03.2023 - 5 U 2520/20
1. Außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel i.S.v. § 536 BGB begründen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die behördlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden.*)
2. Ausgangspunkt der Auslegung eines Mietvertrages gem. §§ 133, 157 BGB ist der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch und vor allem die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck, weswegen eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung geboten ist, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt, welches die Nichtigkeit vermeidet.*)
VolltextIMRRS 2024, 0461
AG Schwarzenbek, Urteil vom 28.06.2023 - 2 C 385/22 WEG
1. Zwar sind Geschäftsordnungsbeschlüsse, deren Regelungsinhalt sich auf eine konkrete Versammlung beschränkt, nicht separat anfechtbar. Bei einer Geschäftsordnungsbestimmung, die die Rededauer betrifft, handelt es aber um eine Regelung, die aller Voraussicht nach auch künftig jederzeit wieder gefasst werden kann, insbesondere wenn sie darauf abzielt, Wortbeiträge eines bestimmten Eigentümers zu beschränken, und bereits auf früheren Versammlungen ähnliche Regelungen beschlossen wurden.
2. Eine Regelung, die Redezeit auf drei Minuten zu begrenzen, widerspricht bereits deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil sie generell und ohne jegliche Ausnahme eine maximale Redezeit festlegt. Um der Bedeutung einzelner Tagesordnungspunkte gerecht zu werden, kann eine Begrenzung der Redezeiten aber nur dann verhältnismäßig sein, wenn bereits in der Regelung selbst Ausnahmen für schwierige und/oder besonders umfangreiche Themenkomplexe vorgesehen sind.
3. Ein Beschluss, mit dem die Einsichtnahme in Unterlagen vom Erfordernis eines genehmigenden Beschlusses abhängig gemacht wird und der weiter regelt, dass die Einsichtnahme nur durch im Grundbuch eingetragene Eigentümer erfolgen darf, ist nichtig, da den Wohnungseigentümern bereits die Kompetenz dazu fehlt, die getroffenen Regelungen im Beschlusswege zu fassen.
4. ...
VolltextIMRRS 2024, 0557
BGH, Beschluss vom 14.03.2024 - V ZB 2/23
Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17.01.2024 - XII ZB 88/23, IBRRS 2024, 0706 = BeckRS 2024, 2621).*)
VolltextOnline seit 23. April
IMRRS 2024, 0509LG Lübeck, Urteil vom 28.03.2024 - 14 S 117/22
1. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB gilt auch für Ansprüche, die wirtschaftlich an die Stelle des in § 548 Abs. 2 BGB genannten Erfüllungsanspruchs treten.
2. Bevor der Vermieter Dübellöcher selbst beseitigen kann, muss er zuvor dem Mieter erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
3. Der Aufrechenbarkeit der gegenseitigen Ansprüche (hier: Rückzahlung der Kaution und Schadensersatansprüche des Vermieters) steht nicht entgegen, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution erst nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist des Vermieters fällig wird. Denn § 387 BGB verlangt für das Vorliegen einer Aufrechnungslage lediglich, dass der Aufrechnende die ihm obliegenden Leistungen bewirken kann, seine Leistung mithin erfüllbar ist. Fälligkeit der Leistung des Aufrechnenden, also das Recht des Gläubigers, diese Leistung zu verlangen, ist keine Voraussetzung für eine Aufrechnungslage.
4. Einer Aufrechnungslage steht auch nicht entgegen, dass der Vermieter nicht innerhalb der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB gegenüber dem Mieter sein Schadensersatzbegehren zum Ausdruck gebracht hat. Dies führt nicht dazu, dass sich die gegenseitigen Ansprüche der Parteien nicht unverjährt i.S.v. § 215 BGB gegenübergestanden hätten (entgegen LG Berlin, IMR 2024, 96, und KG, IMR 2020, 206).
VolltextIMRRS 2024, 0379
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 02.02.2024 - 980a C 21/23 WEG
1. Bei der Wiederbestellung der amtierenden Verwaltung besteht keine Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten.
2. Der Verwaltervertrag geht bei der Verschmelzung von juristischen Personen auf den übernehmenden Rechtsträger über; nichts anderes gilt für die Organstellung des Verwalters.
3. Den Wohnungseigentümern steht bei der Wiederwahl der Verwaltung im Ermessenspielraum zu, der auch ein sog. Verzeihungsermessen umfasst. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft, bei der (Wieder-)Bestellung des Verwalters dessen frühere Verfehlungen bei günstiger Zukunftsprognose nicht gegen ihn zu verwenden.
4. Dieser Beurteilungsspielraum ist erst überschritten, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass die Wohnungseigentümer den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände erneut bestellen.
5. Es wird regelmäßig nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn wesentliche, vor allem auch kostenintensive Maßnahmen komplett oder im Kernbereich auf den Verwalter übertragen werden, weil es dabei bleiben muss, dass die Wohnungseigentümer über wesentliche Maßnahmen selbst entscheiden müssen.
6. Auch die Auswahl eines Fachunternehmens für die Durchführung einer nicht unbedeutenden Sanierungsmaßnahme gehört zu den Kernrechten der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer als Willensbildungsorgan, die ihnen nicht durch einen Beschluss (der Mehrheit) entzogen werden kann.
7. Ein Sanierungsbeschluss, aus dem nicht ersichtlich wird, welche Fachfirma beauftragt werden soll, ist unbestimmt.
8. Das "Wie" einer Sanierungsmaßnahme kann bei Kosten um 5.000 Euro auf die Verwaltung delegiert werden.
9. Der Verwalter ist grundsätzlich verpflichtet, einen Beschluss über eine Erhaltungsmaßnahme dadurch umzusetzen, indem er Vergleichsangebote einholt, diese prüft und den Auftrag an einen Anbieter erteilt.
VolltextOnline seit 22. April
IMRRS 2024, 0540LG Berlin II, Beschluss vom 11.03.2024 - 67 S 289/23
1. Bei der gerichtlichen Überprüfung einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfordert die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "erheblich" nicht anders als bei § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Berücksichtigung und Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen nicht nur die "grundsätzlichen", sondern auch die konkreten Interessen des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 12.11.2003 - 1 BvR 1424/02, ZMR 2004, 95).*)
2. Zur Berücksichtigung fehlender Bemühungen des Vermieters um Abmilderung der - sozialen und wirtschaftlichen - Kündigungsfolgen durch Unterbreitung eines an den Mieter gerichteten und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unwiderruflichen Angebots zur Anmietung von Ersatzwohnraum.*)
VolltextIMRRS 2024, 0469
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 12.01.2024 - 980b C 21/23 WEG
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Änderung des Versammlungsprotokolls ist nur gegeben, wenn die Protokollberichtigung das Ziel hat, die Auslegung von Beschlüssen zu beeinflussen.
2. Das Versammlungsprotokoll dient nicht dazu, Erklärungen Einzelner, die für einen Wohnungseigentümer in eigener Sache Beweisrelevanz und/oder -wert haben könnten, zu dokumentieren.
VolltextIMRRS 2024, 0543
OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2024 - 12 U 127/22
1. Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.*)
2. Die Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.*)
3. Es ist den Parteien nicht möglich, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0512
LG Itzehoe, Beschluss vom 24.05.2023 - 11 T 46/22
Bei der Anfechtungsklage gegen einen Nichtbeschluss beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf die Feststellung, dass ein Beschluss nicht gefasst wurde. Eine auch nicht potentielle inhaltliche Prüfung des von dem "Nichtbeschluss" erfassten Streitgegenstands erfolgt nicht. Damit ist lediglich der Mindeststreitwert anzusetzen.
VolltextOnline seit 19. April
IMRRS 2024, 0484OLG Oldenburg, Urteil vom 27.10.2022 - 8 U 38/21
1. Die Vergütung aus dem Bauträgervertrag wird erst fällig, wenn der Bauträger eine prüfbare Schlussrechnung erteilt hat.
2. Eine zu Lasten des Erwerbers von den den Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) abweichende Zahlungsvereinbarung ist unwirksam. Die Anwendbarkeit der Vorschriften der MaBV setzt dabei nicht voraus, dass der Erwerber als Verbraucher zu qualifizieren ist.
3. Ein Verstoß gegen die MaBV liegt vor, wenn die vertragliche Fälligkeitsregelung zu Lasten des Erwerbers regelt, dass die Fälligkeit des Kaufpreises nicht von der Erteilung einer (wirksamen) Baugenehmigung abhängig ist.
4. Ein Verstoß gegen die MaBV liegt auch vor, wenn die Fälligkeitsvereinbarung nicht an einen bestimmten Stand des Bauvorhabens als Fälligkeitsvoraussetzung anknüpft, so dass der "Kaufpreis" nach der vertraglichen Vereinbarung auch insgesamt unabhängig von der vollständigen Fertigstellung fällig werden kann.
5. Die Unwirksamkeit einer gegen die Vorschriften der MaBV verstoßenden Zahlungsvereinbarung hat nicht zur Folge, dass der gesamte Bauträgervertrag nichtig ist.
6. Das Fehlen einer Baugenehmigung und das hieraus folgende öffentlich-rechtliche Verbot der Entgegennahme von Zahlungen begründet ein Zurückbehaltungsrecht des Erwerbers, das der Durchsetzbarkeit der Vergütungsforderung entgegensteht.
7. Im Rahmen eines Bauträgervertrags ist eine vollständige Fertigstellung des Bauvorhabens erst anzunehmen, wenn die bei der Abnahme zu Protokoll gerügten Mängel (sog. Protokollmängel) beseitigt sind. Fehlt eine das gesamte Bauvorhaben legalisierende Baugenehmigung, ist von einer fehlenden Fertigstellung des Bauvorhabens auszugehen.
8. Auf das Fehlen einer Baubeschreibung kann die Unwirksamkeit des Bauträgervertrags nur gestützt werden, wenn die Parteien eine Baubeschreibung zum Inhalt des Vertrags gemacht haben bzw. machen wollten. Fehlt es hieran, kann die geschuldete Bauleistung auch auf andere Weise, etwa durch die Verweisung auf ein Referenzobjekt, umschrieben werden.
9. Der Erwerber kann die Herausgabe des Grundstücks verweigern, wenn ihm ein Recht zum Besitz zusteht. Ein solches Recht kann sich aus dem Bauträgervertrag und der bereits erfolgten Übergabe des Grundstücks ergeben.
VolltextIMRRS 2024, 0535
AG Bottrop, Urteil vom 02.04.2024 - 8 C 183/23
1. Sofern der Vermieter verstorben ist, kann der Mieter die Miete hinterlegen, wenn der neue Vermieter nicht bekannt ist.
2. Dabei müssen nach einer mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorzunehmenden Prüfung im Zeitpunkt der Hinterlegung begründete, objektiv verständliche Zweifel über die Person des Gläubigers vorliegen, deren Behebung auf eigene Gefahr dem Schuldner nach verständigem Ermessen nicht zugemutet werden kann.
3. Sofern eine Hinterlegung zu Gunsten der unbekannten Erben eines Vermieters erfolgt ist, kann der Nachweis der Empfangsberechtigung an der Hinterlegungsmasse nur durch Vorlage eines Erbscheins erfolgen, die Vorlage eines Testaments genügt nicht.
VolltextIMRRS 2024, 0538
BGH, Beschluss vom 07.03.2024 - V ZB 46/23
1. Weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage ("Duplexparker") noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. sondereigentumsfähig.*)
2. Nach der Neuregelung für Stellplätze in § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird.*)
VolltextIMRRS 2024, 0536
BGH, Urteil vom 21.03.2024 - I ZR 185/22
1. § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.*)
2. Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.*)
3. Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gem. § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.*)
4. Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gem. § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gem. § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.*)
IMRRS 2024, 0555
LG Ulm, Beschluss vom 23.06.2023 - 2 O 292/19
1. Der Sachverständige erhält die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Sachverständige nicht rechtzeitig auf die Vorschussüberschreitung hingewiesen hat.
2. Sinn und Zweck der Hinweispflicht ist nicht die Vermeidung von Gutachterkosten, sondern die Vermeidung der Überraschung der Parteien mit unerwartet hohen Kosten.
3. Die Mitteilung des Sachverständigen, dass der eingeholte Auslagenvorschuss erschöpft sei und für die Beantwortung der Fragen des Gerichts mit 30.000 Euro zu rechnen sei, erfolgt rechtzeitig, wenn sie einen Monat vor Abgabe des Gutachtens erfolgt.
VolltextIMRRS 2024, 0530
OLG Köln, Beschluss vom 02.04.2024 - 17 W 42/24
1. Die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH, IBR 2012, 431).
2. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war. Hierzu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH, a.a.O.; OLG Köln, IBR 2010, 1129 - nur online).
VolltextOnline seit 18. April
IMRRS 2024, 0471LG Hamburg, Urteil vom 15.08.2023 - 311 O 274/22
1. Miete bleibt unabhängig von etwaigen Einwendungen wegen corona-bedingter Nutzungsbeeinträchtigung/Untersagung geschuldet (§ 535 Abs. 2 BGB).
2. Die - ohne Urkundenbeweis - eingeführte GuV-Rechnung erlaubt eine Anpassung nach § 313 BGB allenfalls im Nachverfahren.
3. Zur Prima-facie-Liquidität des Anspruchs aus der (Mietvertrags-)Urkunde (ebenso schon BGH, Urteil vom 18.09.2007 - XI ZR 211/06, IMRRS 2007, 2442).
VolltextIMRRS 2024, 0462
AG Dortmund, Urteil vom 31.05.2023 - 514 C 25/21
1. Ein Wohnungseigentümer als Streithelfer ist als streitgenössischer Streithelfer anzusehen.
2. Als Streitgenosse hat der streitgenössische Nebenintervenient gegenüber dem einfachen Streithelfer erweiterte Möglichkeiten, den Prozess zu beeinflussen. Insbesondere kann er selbstständig, auch bei Widerspruch der Partei, Angriffs- und Verteidigungsmittel aus deren Recht vorbringen und (sonstige) Prozesshandlungen vornehmen.
3. Im Fall der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Wohnungseigentumsrechts ist der Erwerber aus eigenem Recht zur Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse und zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ungültigkeit ab dem Zeitpunkt berechtigt, in dem er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
4. Ist zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung bereits eine noch vom Veräußerer erhobene Anfechtungsklage rechtshängig, bleibt dieser nach Maßgabe des § 265 Abs. 2 ZPO berechtigt, das Verfahren fortzuführen.
5. Wird trotz Vorliegens eines Nichtbeschlusses das Zustandekommen eines positiven oder negativen Eigentümerbeschlusses verkündet, ist hiergegen die Anfechtungsklage zu erheben.
6. Wird die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung nicht eingehalten, führt dies zur Ungültigerklärung der gefassten Beschlüsse, es sei denn, dass sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wären.
7. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist erst zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des durch den Mangel betroffenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
8. Wenn es bereits im Vorfeld zu Auseinandersetzungen und einem Polizeieinsatz kommt, und sodann ein Teil der zuvor noch erschienenen Eigentümer den Ort der Versammlung verlässt, stellt sich die Durchführung einer Eigentümerversammlung durch eine Minderheit der Eigentümer als treuwidrig dar. Eine solche Versammlung ist schon aus formellen Gründen nicht beschlussfähig.
VolltextIMRRS 2024, 0532
BGH, Beschluss vom 09.11.2023 - I ZB 32/23
1. Unter die Geschäftsgeheimnisstreitsachen i.S.d. § 16 Abs. 1 GeschGehG fallen auch selbständige Beweisverfahren.*)
2. Soweit § 20 Abs. 5 Satz 4 GeschGehG die Anfechtbarkeit von Anordnungen nach § 16 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 GeschGehG beschränkt, gilt dies nicht für in einem selbständigen Beweisverfahren ergangene Anordnungen. Insbesondere kann ein dem selbständigen Beweisverfahren eventuell nachfolgendes Klageverfahren nicht als Hauptsache i.S.d. § 20 Abs. 5 Satz 4 GeschGehG zu dem selbständigen Beweisverfahren angesehen werden.*)
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