Immobilien- und Mietrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Miet- und Pachtrecht
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei imr-online eingestellt
Online seit 7. Oktober
IMRRS 2024, 1232OLG Hamburg, Urteil vom 23.09.2024 - 4 U 31/24
1. Im Rahmen der Haftung des Untermieters gem. §§ 990 Abs. 2, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB wegen verspäteter Rückgabe der Mietfläche an den Eigentümer und Hauptvermieter bezieht sich auch für den Bereich der Geschäftsraummiete der Schadensersatzanspruch auf das gesamte Mietobjekt, wenn eine von einem Untermieter genutzte Teilfläche nicht zur Vermietung zur Verfügung stand und eine Vermietung der restlichen Flächen ohne die vom Untermieter genutzten Teilflächen nicht möglich war (Anschluss an BGH, Urteil vom 31.01.2001 - XII ZR 221/98, IBRRS 2006, 2671 = IMRRS 2006, 1805 = NJOZ 2001, 282, 286 unter dd).*)
2. Bei der Entscheidung, ob eine isolierte Vermietung der vom Untermieter nicht genutzten Teilflächen des Mietobjekts nicht möglich war, geht es um die Höhe des entstandenen Schadens, so dass das Gericht gem. § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden hat.*)
3. Für den Schadensersatzanspruch des Eigentümers und Hauptvermieters gegen den Untermieter wegen Vorenthaltung kann zur Schadensermittlung auf den ortsüblichen Mietzins zurückgegriffen werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 31.01.2001 - XII ZR 221/98, IBRRS 2006, 2671 = IMRRS 2006, 1805 = NJOZ 2001, 282, 286 unter ee). Der ortsübliche Mietzins beinhaltet dabei in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Verbrauchsabhängige Nebenkosten sind nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt. Vor Ablauf einer angemessenen Frist, die regelmäßig zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Abrechnungszeitraums endet, ist der Untermieter aber zur Leistung von Schadensersatz einschließlich der Vorauszahlungen für verbrauchsabhängige und verbrauchsunabhängige Kosten verpflichtet und hat dann nach Abrechnungsreife ggf. einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch gegen den Eigentümer und Hauptvermieter.*)
VolltextOnline seit 4. Oktober
IMRRS 2024, 1224OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.03.2024 - 5 U 166/23
1. Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts führt zur Beendigung der GbR, da diese stets das Vorhandensein von mindestens zwei Gesellschaftern verlangt.
2. Der Übernehmende wird unmittelbar Vertragspartei der der GbR zugeordneten Rechtsverhältnisse und damit Schuldner der Gesellschaftsgläubiger.
3. Dementsprechend kann der allein verbliebene ehemalige Gesellschafter der GbR einen Mietvertrag allein kündigen.
VolltextOnline seit 2. Oktober
IMRRS 2024, 1053LG Kassel, Urteil vom 23.11.2023 - 1 S 222/22
Die Kausalität von Schadenspositionen infolge einer Eigenbedarfskündigung ist auch dann zu bejahen, wenn der Mieter freiwillig auszieht, weil er auf die Angaben des Vermieters in der Eigenbedarfskündigung vertraut hat.
VolltextIMRRS 2024, 1223
AG Friedberg, Urteil vom 25.03.2024 - 2 C 1008/23
Aus Sicht eines privaten Vermieters, selbst wenn er mehrere Mietwohnungen vermietet, sind ausbleibende Zahlungen über 2 Monate ein nachvollziehbarer Grund, rechtlichen Beistand im Hinblick auf die Verhinderung eines weiteren wirtschaftlichen Schadens einzuholen und die Kündigung über einen Rechtsanwalt unter Einhaltung der Formvorschriften aussprechen zu lassen.
VolltextOnline seit 1. Oktober
IMRRS 2024, 0541LG Paderborn, Urteil vom 06.03.2024 - 1 S 72/22
1. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.
2. Durchfeuchtete Wände mit Salzausblühungen und zerbröselndem Putz in Wohnungen stellen einen Mangel dar, auch wenn die Durchfeuchtung bis max. 1 m geht.
3. Dies würde sogar dann gelten, wenn hierdurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnung nicht erheblich beeinträchtigt wäre.
4. Die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels endet dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreitet.
5. Eine Überschreitung der Opfergrenze liegt jedenfalls nahe, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts erheblich übersteigen.
6. Als weiterer Orientierungspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit dient der Gesichtspunkt, ob die aufzuwendenden finanziellen Mittel innerhalb eines Zeitraums von ca. 10 Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden können.
VolltextIMRRS 2024, 1220
BFH, Urteil vom 17.07.2024 - XI R 8/21
Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung, die zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt, da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen, und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abgerechnet wird (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl II 2024, 503, zum Vorsteuerabzug für die Lieferung einer Heizungsanlage).*)
VolltextOnline seit 26. September
IMRRS 2024, 1167AG Karlsruhe, Urteil vom 22.07.2024 - 7 C 2109/23
Eine außerordentliche, fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann nicht ohne Weiteres auf Mietrückstände gestützt werden, die bereits seit mehreren Jahren bestehen.
VolltextOnline seit 20. September
IMRRS 2024, 1155AG Schöneberg, Urteil vom 11.07.2024 - 105 C 21/24
Die Vorfälligkeitsklausel "Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft bzw. Gutschrift des Betrags an." ist unwirksam, weil sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dem Mieter das Risiko einer durch den Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs auferlegt (vgl. BGH, IMR 2017, 46).
VolltextOnline seit 19. September
IMRRS 2024, 1134LG Bochum, Urteil vom 13.06.2024 - 8 O 269/23
1. Die Mieter haften gegenüber dem Vermieter bezüglich der Mietzahlungen und der Mietnebenkosten grundsätzlich als Gesamtschuldner, wenn sie den Mietvertrag für die Wohnung gemeinsam abgeschlossen haben.
2. Im Innenverhältnis kann ein Mieter allein dafür haften, wenn die Mieter durch ihr Zusammenleben und die faktische Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten konkludent zum Ausdruck gebracht haben, dass die Miete und sonstigen Nebenkosten von einem Mieter zu tragen sind und der andere Mieter sich hieran nur, soweit es ihm möglich ist, beteiligen muss.
VolltextOnline seit 18. September
IMRRS 2024, 1165LG Konstanz, Urteil vom 11.12.2023 - A 61 S 37/23
Die freie Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO erlaubt es dem Gericht, auch allein aufgrund des Parteivortrags ohne Beweiserhebung festzustellen, was es für wahr oder unwahr erachtet.
VolltextOnline seit 16. September
IMRRS 2024, 1023OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2024 - 30 U 99/22
1. Führt der Vermieter nicht selbst die Vertragsverhandlungen, sondern lässt wissentlich und willentlich einen Dritten diese führen und auch den Vertrag unterschreiben, so handelt dieser Dritte mit Duldungsvollmacht des Vermieters.
2. Nach § 311b Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Der damit angeordnete Formzwang gilt auch für die Bestellung eines Vorkaufsrechts, und zwar sowohl für das persönliche wie für das dingliche, und erstreckt sich auf die Bestellung selbst wie auch auf die Verpflichtung dazu.
3. Eine Partei kann sich nach Treu und Glauben nicht unter Berufung auf § 139 BGB von ihren Vertragspflichten insgesamt befreien, wenn nur die den anderen Teil begünstigenden Vertragsbestimmungen unwirksam sind und dieser dennoch am Vertrag festhalten will. Der andere Teil kann dann der Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit die Einrede der Arglist entgegensetzen.
4. Auch eine Unterzeichnung als Vertreter ohne Vertretungsmacht steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen.
5. Nicht erforderlich für die Wahrung der Schriftform ist, dass sich alle Einzelheiten des Vertragsverhältnisses unmittelbar aus dem Mietvertrag und Ergänzungsvereinbarungen ergeben. Dem Schutzzweck des § 550 BGB genügt es, wenn der potenzielle Erwerber aus den Mietvertragsunterlagen ersehen kann, in welche langfristigen Vereinbarungen er gegebenenfalls eintritt.
6. Ein Mietvertrag entspricht der Schriftform, wenn er die Quadratmetermiete enthält und regelt, dass zunächst 190 qm als Mietfläche angenommen werden, diese später aber noch genau ermittelt wird.
7. Solche Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsparteien nur unwesentliche Punkte betreffen, oder Vereinbarungen, die einen Grundstückserwerber nicht (mehr) binden, sind ausnahmsweise nicht formbedürftig. Dies erfasst Vereinbarungen, soweit sie einen Erwerber nach Eintritt in die Vermieterstellung nicht treffen, etwa weil sie durch Erfüllung oder Zeitablauf bereits erledigt sind.
8. Eine Vereinbarung, durch die ein Vormietrecht begründet wird, unterliegt dem Schriftformgebot, wenn sie lediglich (unselbstständiger) Teil eines Mietvertrags ist, der seinerseits formbedürftig gem. § 550 Satz 1 BGB ist.
9. Mit der erfolgten Ausübung des Vormietrechts kommt grundsätzlich ein Vertrag zu den Konditionen des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags zu Stande. Eine Gestaltungsfreiheit besteht hier nicht.
10. Die wirksame Ausübung des Vormietrechts setzt voraus, dass der Berechtigte sich ohne Vorbehalte zur Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Erstvertrag bereit erklärt. Daher liegt keine wirksame Ausübung des Vormietrechts vor, wenn der Berechtigte einzelne Vertragsbedingungen ablehnt oder die Änderung des Mietvertrags verlangt.
11. Bei Bestimmungen im Referenzvertrag, die lediglich den Zweck verfolgen, das Vormietrecht zu umgehen oder zu vereiteln, findet § 138 BGB Anwendung mit der Folge, dass die betreffenden Vereinbarungen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sind. Damit tritt an ihre Stelle die gesetzliche Regelung.
Online seit 12. September
IMRRS 2024, 1133AG Köpenick, Urteil vom 29.08.2024 - 14 C 284/23
1. Eine Pflichtverletzung des Mieters liegt vor, wenn er wider besseres Wissen einen Mangel behauptet oder nicht hinreichend prüft, ob der Mangel aus seiner Verantwortungssphäre stammt.
2. Zu dem Pflichtenprogramm des Mieters gehört es gerade nicht, sich nur dann an den Vermieter zu wenden, wenn er positiv weiß, dass die Wohnung einen Mangel aufweist.
3. Meldet der Mieter einen Schmorgeruch aus dem Sicherungskasten und kann ein deshalb gerufener Techniker keinen Mangel feststellen, handelte der Mieter nicht pflichtwidrig.
4. Allein der Umstand, dass eine Untersuchung durch Fachkräfte keinen Fehler in der Anlage ergeben hat, führt auch nicht dazu, dass der Mieter einen Schmorgeruch vorgetäuscht hätte.
5. Eine Kleinreparatur ist gegeben, wenn der Reparaturaufwand 100 Euro brutto im Einzelfall nicht übersteigt.
VolltextIMRRS 2024, 0621
BVerfG, Beschluss vom 26.02.2024 - 2 BvR 51/24
Die Aussetzung der Zwangsvollstreckung aus einem Räumungstitel gegen mehrere Vollstreckungsschuldner kommt durch einstweilige Anordnung in Betracht, wenn für einen dieser Schuldner bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde eine Verschlechterung seiner Demenzerkrankung droht und sein alleiniger Verbleib in der Wohnung ohne Hilfe der übrigen Vollstreckungsschuldner nicht möglich ist.
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