Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16170 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IMRRS 2023, 0761
BGH, Beschluss vom 19.04.2023 - V ZR 152/22
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2023, 0758

BVerfG, Beschluss vom 28.04.2023 - 2 BvR 924/21
Ein Gericht muss sich mit einer relevanten höchstrichterlichen Entscheidung auseinandersetzen, auf die sich eine Partei mehrfach ausdrücklich berufen und deren Erwägungen sie sich zu eigen gemacht hat. Andernfalls verletzt es den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör.

IMRRS 2023, 0753

OLG Nürnberg, Beschluss vom 05.08.2020 - 13 W 2500/20
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2023, 0726

OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.04.2023 - 6 W 30/23
1. Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, sind insoweit vom Gegner zu erstatten, als die Zuziehung dieses Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Das ist nicht der Fall, sofern ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt hätte beauftragt werden müssen.
2. Steht bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten fest, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird, kann eine nicht am Ort des Prozessgerichts ansässigen Partei einen am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragen.
3. Ein Mandantengespräch kann entbehrlich sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung oder über Mitarbeiter verfügt, die die Sache bearbeitet haben und in der Lage waren, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren und wenn der Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist.

IMRRS 2023, 0742

BVerfG, Beschluss vom 24.05.2023 - 1 BvR 605/23
1. Der Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG gebietet, in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen.
2. Entbehrlich ist eine vorherige Anhörung nur in Ausnahmefällen. Voraussetzung der Verweisung auf eine nachträgliche Anhörung ist, dass ansonsten der Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens vereitelt würde.
3. Auch wenn im einstweiligen Verfügungsverfahrens angesichts der Eilbedürftigkeit nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden muss, berechtigt dies das Gericht nicht dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag aus dem Verfahren herauszuhalten.
4. Eine stattgebende Entscheidung über einen Verfügungsantrag kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag und weiteren an das Gericht gerichteten Schriftsätzen geltend gemachte Vorbringen zu erwidern.

IMRRS 2023, 0731

OLG Hamm, Beschluss vom 31.03.2023 - 6 WF 13/23
1. Die unterliegende Partei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren.
2. Die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte; dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen.
3. Eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei darf insbesondere in Fällen, in denen sie infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung eines Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war, die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen. Dazu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag.

IMRRS 2023, 0736

BGH, Beschluss vom 20.04.2023 - I ZB 83/22
Reicht eine Partei eine Rechtsmittelschrift beim unzuständigen Ausgangsgericht ein, so entspricht es regelmäßig dem ordentlichen Geschäftsgang, dass die Geschäftsstelle die richterliche Verfügung der Weiterleitung des Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht am darauf folgenden Werktag ausführt. Die Partei hat darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sie wegen eines davon abweichenden üblichen Geschäftsgangs am Ausgangsgericht darauf vertrauen durfte, die richterliche Verfügung werde noch am selben Tag umgesetzt (Fortführung von BGH, Beschluss vom 12.05.2016 - IX ZB 75/15, IBRRS 2016, 3727 = IMRRS 2016, 1944).*)

IMRRS 2023, 0735

BGH, Beschluss vom 27.04.2023 - V ZR 118/22
Die beklagte Partei, deren Beschwer aus einer Verurteilung nicht dem Streitwert der Klage entspricht, ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehindert, sich zur Glaubhaftmachung ihrer nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Rechtsmittelbeschwer auf neues Vorbringen zu stützen.*)

IMRRS 2023, 0724

OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.05.2023 - 10 W 19/23
1. Im Rahmen der Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren nach § 63 Abs. 1 GKG besteht für eine gestaffelte Streitwertfestsetzung nach Verfahrensabschnitten oder Zeiträumen kein Raum.*)
2. Im Falle einer Klageänderung sind nach § 39 Abs. 1 GKG die Werte wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts auch dann zusammenzurechnen, wenn sie lediglich nacheinander und nicht gleichzeitig nebeneinander geltend gemacht werden; dem Gebührenstreitwert nach § 39 Abs. 1 GKG kommt eine andere Funktion als dem Zuständigkeitsstreitwert nach § 5 ZPO zu, der deshalb auch nicht zur Auslegung des § 39 Abs. 1 GKG herangezogen werden kann.*)

IMRRS 2023, 0721

KG, Beschluss vom 16.05.2023 - 9 U 1087/20
Eine Aussetzung des Verfahrens analog § 148 Abs. 1 ZPO kommt grundsätzlich bereits dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage Gegenstand eines in einer höheren Instanz anhängigen Verfahrens ist (entgegen BGH, Urteil vom 15.03.2023 - VIII ZR 77/22, Rz. 41, IBRRS 2023, 1097 = IMRRS 2023, 0722 u. a.).*)

IMRRS 2023, 0722

BGH, Urteil vom 15.03.2023 - VIII ZR 77/22
Eine Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 Abs. 1 ZPO kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage Gegenstand eines in einer höheren Instanz anhängigen Verfahrens ist.

IMRRS 2023, 0715

BVerfG, Beschluss vom 10.05.2023 - 2 BvR 370/22
Ein nach Dienstschluss am Tag des Fristablaufs per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) übermittelter Fristverlängerungsantrag ist noch rechtzeitig gestellt. Berücksichtigt ein Gericht diesen nicht, liegt darin ein Gehörsverstoß. Verzögerungen der gerichtsinternen Weiterleitung gehen nicht zu Lasten der Partei.

IMRRS 2023, 0711

OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.05.2023 - 3 MB 7/23
1. Auch erst nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung beigeladene Verfahrensbeteiligte müssen in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO entsprechenden Weise darlegen, dass sie beschwerdebefugt sind.*)
2. An der Zulässigkeit der Beschwerde fehlt es, wenn die angegriffene Entscheidung nicht zu einer Beeinträchtigung eigener subjektiver Rechte des Rechtsmittelführers (hier der Beigeladenen) führen kann.*)

IMRRS 2023, 0677

OLG Jena, Beschluss vom 19.01.2023 - 7 W 274/22
1. Die dem Gegner erwachsenen Kosten sind nur insoweit zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise auch die Kosten für die Einholung eines auch vorprozessual erstatteten Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind.
2. Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage bzw. Verwendung im Rechtsstreit prozessbezogen. Unmittelbar prozessbezogen sind Gutachterkosten nur dann, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf diesen beauftragt wurde.
3. Diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, sind regelmäßig nicht erstattungsfähig. Umgekehrt ist dann, wenn die Gutachtenbeauftragung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Klage bereits angedroht war, naheliegend, dass das Gutachten auch die Position des Gegners im angedrohten Rechtsstreit stützen soll.

IMRRS 2023, 0701

OLG Dresden, Beschluss vom 26.04.2023 - 4 U 2230/22
1. Die bloße Bereitschaft des Versicherers zu einem Schlichtungsverfahren bei gleichzeitiger Leistungsablehnung stellt noch kein Verhandeln über den Anspruch dar.*)
2. Eine nachlässige Prozessführung, die zum Ausschluss tatsächlichen Vorbringens in der Berufungsinstanz führt, liegt bereits bei einfacher Fahrlässigkeit unter Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht vor.*)
3. Ein einseitig erklärter Verzicht auf die Verjährungseinrede kann für die Zukunft widerrufen werden.*)

IMRRS 2023, 0700

BGH, Beschluss vom 26.01.2023 - I ZB 42/22
1. Hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift seinem angestellten Büropersonal übertragen, ist er verpflichtet, das Arbeitsergebnis vor Absendung über das besondere elektronische Anwaltspostfach sorgfältig auf Vollständigkeit zu überprüfen. Dazu gehört auch die Überprüfung, ob das Rechtsmittelgericht richtig bezeichnet ist.*)
2. Geht ein fristwahrender Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach erst einen Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht ein, ist es den Gerichten regelmäßig nicht anzulasten, dass die Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang nicht zum rechtzeitigen Eingang beim Rechtsmittelgericht geführt hat (Fortführung von BGH, Beschluss vom 08.02.2012 - XII ZB 165/11, NJW 2012, 1591 = IBRRS 2012, 1358 = IMRRS 2012, 0998).*)

IMRRS 2023, 0664

OLG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2023 - 15 W 5/23
1. Wird ein Ordnungsmittelantrag gem. § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom Gläubiger nicht beziffert, und nennt er auch weder eine Mindestsumme noch eine Größenordnung für das zu verhängende Ordnungsgeld, so ist der Gläubiger nicht beschwert, wenn das Prozessgericht in einer Ermessensentscheidung ein Ordnungsmittel verhängt. Der Gläubiger kann daher diese Entscheidung nicht mit der Begründung anfechten, er halte das verhängte Ordnungsmittel für zu milde (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19.02.2015 - I ZB 55/13, IBRRS 2015, 1616; entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2014 - 6 W 47/14, BeckRS 2015, 3514 und OLG Schleswig, Beschluss vom 14.08.2015 - 16 W 76/15).*)
2. Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren hat zu unterbleiben, wenn die Gerichtskosten in diesem Verfahren als Festgebühren erhoben werden.*)

IMRRS 2023, 0679

BGH, Beschluss vom 26.04.2023 - XII ZR 83/22
1. Von der Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens zu entscheidungserheblichem Parteivortrag darf das Tatsachengericht nur absehen, wenn es selbst über die notwendige Sachkunde verfügt, um den Wahrheitsgehalt der unter Beweis gestellten Behauptung zu beurteilen.
2. Übergeht das Tatsachengericht den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass ursprünglich angemietete Gewerberäume mit denen einer Ersatzimmobilie nach Art und Lage gleichwertig sind, kann darin ein Gehörsverstoß liegen.
3. Etwa vorhandene eigene Sachkunde, derentwegen das Tatsachengericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens für verzichtbar hält, hat es in der Entscheidung darzulegen.

IMRRS 2023, 0680

BGH, Beschluss vom 29.03.2023 - VII ZR 59/20
1. Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung an.
2. Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst sind, ist durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zu ermitteln. Dabei sind das gesamte Vertragswerk und dessen Begleitumstände zu Grunde zu legen. Dazu gehören auch im Rahmen einer Ausschreibung vorgelegte Planungen.
3. Das Tatsachengericht muss auch die im Rahmen der Ausschreibung vorgelegten Unterlagen bei der Auslegung des Vertrags berücksichtigen und den angebotenen Sachverständigenbeweis zu einer technischen Frage erheben.
4. Zu den Substanziierungsanforderungen an einen aus der Urkalkulation herzuleitenden Mehrvergütungsanspruch.

IMRRS 2023, 0675

LG Düsseldorf, Beschluss vom 20.08.2020 - 10 S 3/20
(Ohne amtliche Leitsätze)

IMRRS 2023, 0668

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2023 - 2-13 T 25/23
Der Streitwert für den Antrag, den Wohnungseigentümer auf künftige Zahlung des aktuellen Hausgeldes, bis zum Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan zu verpflichten, bemisst sich nicht nach dem 3,5fachen Jahresbetrag des aktuell geschuldeten Hausgeldes, maximal ist ein Jahresbetrag anzusetzen.*)

IMRRS 2023, 0670

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2022 - 8 C 10074/22
1. Zu den Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis bei Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne in Fällen, in denen bereits (Teil-)Baugenehmigungen auf der Grundlage des angefochtenen Plans erlassen wurden.*)
2. Zur abwägenden Prüfung von Maßnahmen aktiven Lärmschutzes bei der Planung eines neuen Wohngebiets neben bestehenden Verkehrseinrichtungen und zu erwartender erheblicher Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005-1 (hier Abwägungsfehler wegen unzureichender Ermittlungen bejaht).*)

IMRRS 2023, 0635

OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.05.2023 - 11 UH 14/23
1. Verweist die Zivilkammer den Rechtsstreit auf Antrag des Beklagten ohne Auseinandersetzung mit einem vor dem Antrag erklärten Verzicht des Beklagten auf sein Antragsrecht an die Kammer für Handelssachen, ist der Verweisungsbeschluss willkürlich und nicht bindend.*)
2. Erklärt der Beklagte den Verzicht auf die Stellung eines Verweisungsantrags nach § 98 Abs. 1 GVG, verliert er sein Antragsrecht und wird die Zuständigkeit der Zivilkammer perpetuiert.*)

IMRRS 2023, 0643

LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.05.2023 - L 5 AR 2/23
1. Sachverständige Zeugen sind grundsätzlich wie Zeugen zu entschädigen.*)
2. Der Antrag auf Erstattung von Fahrkosten kann innerhalb der Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG noch korrigiert bzw. ergänzt werden.*)

IMRRS 2023, 0646

BGH, Beschluss vom 28.03.2023 - VI ZR 368/21
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Parteivortrag zur Würdigung von Zeugenaussagen und Verzicht auf erneute Vernehmung in der Berufungsinstanz.*)

IMRRS 2023, 0634

OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.05.2023 - 17 W 41/22
Erhebliche Gründe, die eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme gem. § 224 Abs. 2 ZPO rechtfertigen sollen, sind grundsätzlich in der Antragsschrift glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung hat schriftlich zu erfolgen. Eine darüberhinausgehende Beweisaufnahme kommt nicht in Betracht (hier: Befangenheitsgesuch innerhalb der Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO).*)

IMRRS 2023, 0625

BGH, Beschluss vom 21.02.2023 - VIII ZB 17/22
1. Zum Vorliegen eines stillschweigend gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 08.0.32022 - VIII ZB 96/20, Rzn. 30 m.w.N., IBRRS 2022, 1157 = IMRRS 2022, 0442 = NJW-RR 2022, 644).*)
2. Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Erfassung des Beginns der Sendezeit und der Übertragungszeit bei der Versendung einer Berufungsbegründung per Telefax kurz vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.01.2011 - III ZB 55/10, Rz. 14, IBRRS 2011, 0824 = IMR 2011, 212 = NJW 2011, 859).*)

IMRRS 2023, 0571

LG Berlin, Beschluss vom 25.04.2023 - 67 S 223/20
1. Die erfolgreiche prozessuale Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zur Vergleichsmietenerhöhung erfordert im Falle einer Vermietermehrheit die Klageerhebung durch sämtliche Vermieter.*)
2. Selbst im Falle der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft nur eines von mehreren Vermietern wäre nicht nur ein auf Zusimmung gegenüber sämtlichen Vermietern gerichteter Klageantrag erforderlich, sondern auch die Wahrung der Klagefrist des § 558b Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Fristwahrung verlangt eine Klageerhebung durch sämtliche Vermieter oder jedenfalls die Offenlegung einer gewillkürten Prozessstandschaft sowie eine deren Anforderungen genügende Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist des § 558b Abs. 2 Satz 1 BGB.*)

IMRRS 2023, 0623

BGH, Beschluss vom 01.03.2023 - XII ZB 18/22
Die Vermutung fehlenden Verschuldens, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, entfällt im Falle der Vertretung durch einen Rechtsanwalt nur dann, wenn sich das anwaltliche Mandat auf die Angelegenheit bezieht (Abgrenzung zu Senatsbeschlüssen vom 23.06.2010 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425, IBRRS 2010, 2938 = IMRRS 2010, 2132, und vom 25.11.2020 - XII ZB 256/20 - FamRZ 2021, 444, IBRRS 2021, 0064 = IMRRS 2021, 0027).*)

IMRRS 2023, 0619

BGH, Urteil vom 15.03.2023 - VIII ZR 99/22
Bei der Verpflichtung des Zustellers gem. § 180 Satz 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, handelt es sich um eine zwingende Zustellungsvorschrift i.S.d. § 189 ZPO mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt (im Anschluss an BGH, IBR 2022, 547).*)

IMRRS 2023, 0618

BGH, Beschluss vom 26.01.2023 - V ZB 11/22
1. Zur Unverzüglichkeit der Glaubhaftmachung bei vorübergehender technischer Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments.*)
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei verspäteter Glaubhaftmachung gem. § 130d Satz 2 und 3 ZPO.*)

IMRRS 2023, 0909

BGH, Beschluss vom 20.04.2023 - V ZB 11/22
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2023, 0592

BVerwG, Beschluss vom 04.11.2022 - 4 BN 31.22
1. Antragsbefugt im Normenkontrollverfahren ist nur eine Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.
2. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, kann die Antragsbefugnis aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange folgen.
3. Abwägungserheblich sind nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren.

IMRRS 2023, 0496

LG Berlin, Beschluss vom 18.01.2023 - 80 T 489/22
Detektivkosten sind nur erstattungsfähig, als sie sich, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes, in vernünftigen Grenzen halten und prozessbezogen waren. Die erstrebten Feststellungen müssen notwendig sein, um überhaupt vortragen zu können.

IMRRS 2023, 0598

LG Cottbus, Beschluss vom 19.11.2021 - 7 T 136/21
(ohne amtliche Leitsätze)

IMRRS 2023, 0593

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2023 - 6 U 116/22
1. Die mangelnde Bereitschaft, ein Kostenrisiko zu tragen, stellt für sich genommen keinen prozessrechtlich relevanten Hinderungsgrund dar.
2. Dass die Einlegung des Rechtsmittels angesichts des Kostenrisikos von der Erteilung einer Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers abhängig gemacht wird, die den Kläger erst nach Ablauf der Berufungsfrist erreicht, begründet kein fehlendes Verschulden im Hinblick auf die Fristversäumnis.

IMRRS 2023, 0601

LG Traunstein, Beschluss vom 14.01.2021 - 4 T 2702/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2023, 0587

BGH, Beschluss vom 29.03.2023 - VII ZR 7/22
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht hat den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.
2. Macht der auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommene Auftragnehmer unter Beweisantritt geltend, der Auftraggeber habe mit einem anderen Unternehmer einen eigenständigen Wartungsvertrag geschlossen und dessen nach der Abnahme erbrachten Vor-Ort-Arbeiten seien ursächlich für den gerügten Mangel, muss das Gericht den angebotenen Beweis erheben.

IMRRS 2023, 0585

KG, Beschluss vom 02.03.2023 - 10 U 92/21
1. Kennt der Kunde zwar bereits das Objekt, jedoch nicht die Adresse des Eigentümers/Verkäufers, so liegt keine die Courtage ausschließende Vorkenntnis vor. Erst der Nachweis der Adresse des Verkäufers seitens des Maklers ermöglicht es dem potenziellen Käufer, mit dem Verkäufer in Vertragsverhandlungen zu treten.
2. Dem Makler steht ein Provisionsanspruch gegen eine Gesellschaft als seinem Vertragspartner auch dann zu, wenn der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft das Objekt erwirbt.
3. Bei einem Passivprozess ist eine gelöschte Gesellschaft dann parteifähig, wenn der Kläger substanziiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden.
4. Eine GmbH bleibt im Passivprozess auch nach ihrer Löschung im Übrigen dann parteifähig, wenn sie möglicherweise noch einen Ersatzanspruch gegen den Liquidator gem. § 73 Abs. 3 GmbHG hat.
IMRRS 2023, 0580

BGH, Beschluss vom 14.03.2023 - X ZB 4/22
Wenn in einer Berufungsschrift, der das angefochtene Urteil nicht beigefügt ist, das Aktenzeichen und das Verkündungsdatum nicht oder nicht zutreffend angegeben sind, steht dies der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen, sofern das Berufungsgericht und die gegnerische Partei anhand der innerhalb der Berufungsfrist eingereichten Unterlagen das angefochtene Urteil dennoch zweifelsfrei bestimmen können (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 25.02.1993 - VII ZB 22/92, IBRRS 1993, 0298 = NJW 1993, 1719).*)

IMRRS 2023, 0578

OLG Celle, Beschluss vom 20.04.2023 - 5 W 15/23
Der Streitwert einer Klage auf Auflassung und Bewilligung der Eintragung ist in den Fällen, in denen nur noch eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringe Restforderung streitig ist und allein das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Restforderung über die Erfolgsaussichten der Klage entscheidet, auf den Wert der streitigen Forderung zu begrenzen.*)

IMRRS 2023, 0577

OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.04.2023 - 6 U 14/23
1. Führt die beantragte Fristverlängerung zur Verzögerung des Rechtsstreits, darf die Berufungsbegründungsfrist nur dann verlängert werden, wenn es sich um den ersten Verlängerungsantrag handelt und der Rechtsmittelführer erhebliche Gründe für die beantragte Verlängerung darlegt.
2. Wird der Antrag nicht begründet, muss der Rechtsmittelführer damit rechnen, dass der Antrag deshalb abgelehnt wird.
3. An die Darlegung eines erheblichen Grundes für die Notwendigkeit der Fristverlängerung sind bei einem ersten Antrag keine hohen Anforderungen zu stellen; das entbindet aber nicht von der Darlegung als solcher. Das Vorliegen eines erheblichen Grundes ist auch nicht ohne Weiteres als Grund des Antrags zu vermuten.

IMRRS 2023, 0562

LG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2023 - 23 O 70/22
1. Die Miete bleibt unabhängig einer eventuellen Kündigung geschuldet (§ 535 Abs. 2 oder § 546a Abs. 1 BGB).
2. Die Betriebskostenvorauszahlung ist, von der Kündigung unabhängig, weiter zu erbringen.
3. Nicht nachgelassener Vortrag zu (str.) Mängeln kann verspätet sein (§ 296a ZPO).

IMRRS 2023, 1598

BGH, Beschluss vom 18.08.2022 - V ZR 3/22
1. Zur Verwertung von Immobilienvermögen im Rahmen der Prozesskostenhilfe.*)
2. Von Familienangehörigen bewohnte Immobilien stellen kein Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII dar und sind zur Deckung der Verfahrenskosten einzusetzen.

IMRRS 2023, 0573

BFH, Beschluss vom 28.04.2023 - XI B 101/22
1. Steuerberatern steht seit dem 01.01.2023 mit dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung, so dass sie in finanzgerichtlichen Verfahren seit diesem Zeitpunkt vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen als elektronische Dokumente übermitteln müssen.*)
2. Beantragt ein Steuerberater wegen Nichtnutzung des beSt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, muss er darlegen, weshalb er nicht von der Möglichkeit der Priorisierung seiner Registrierung (sog. fast lane) Gebrauch gemacht hat.*)

IMRRS 2023, 0570

BGH, Beschluss vom 28.03.2023 - VI ZR 29/21
Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei einer unterbliebenen Auseinandersetzung der Entscheidungsgründe mit dem auf Privatgutachten gestützten Kernvorbringen einer Partei.*)

IMRRS 2023, 0564

LG Ingolstadt, Urteil vom 14.02.2023 - 21 O 3045/21
1. Teil I. B § 12 Nr. 1 VGB 2008, wonach die Ausübung der Rechte aus dem Gebäudeversicherungsvertrag über das Objekt einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dem Versicherungsnehmer (hier: der Hausverwaltung) und nicht auch den Versicherten zusteht, stellt eine zulässige teilweise Abbedingung des § 44 Abs. 2 VVG dar.
2. Es besteht in solchen Fällen ein erkennbares und nachvollziehbares Interesse des Versicherers daran, nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht mit sonstigen Personen verhandeln zu müssen, denn die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft können erfahrungsgemäß durch Veräußerung des Sondereigentums wechseln, so dass der Versicherer jedes Mal überprüfen müsste, ob eine Person, die mit Ansprüchen an ihn herantritt, tatsächlich Sondereigentümer im Rahmen der WEG ist oder nicht.

IMRRS 2023, 0563

BGH, Beschluss vom 30.03.2023 - III ZR 99/22
Zur Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für Nichtzulassungsbeschwerden in Fällen, in denen im Wesentlichen Rechtsnormen zur Anwendung kommen, die im Landesrecht Bayerns enthalten sind (hier: Fischereirecht; Bestätigung und Fortführung von Senat, Beschlüsse vom 18.02.2021 - III ZR 79/20, NJW-RR 2021, 507 = IBRRS 2021, 0852; IMRRS 2021, 0325, und vom 29.07.2021 - III ZR 163/20, NJW-RR 2021, 1363 = IBRRS 2021, 2683 = IMRRS 2021, 1228).*)

IMRRS 2023, 0509

LG Berlin, Beschluss vom 28.03.2023 - 67 T 20/23
Zur von der tatsächlichen Höhe möglicher Leistungsansprüche des Mieters oder des Zessionars unabhängigen Bemessung des Gebührenstreitwerts für eine von einem Inkassodienstleister aus abgetretenem Recht des Mieters erhobene Auskunftsklage gem. § 3 ZPO mit allenfalls 1.000,00 EUR.*)

IMRRS 2023, 0557

BGH, Beschluss vom 30.08.2022 - VIII ZR 305/21
In entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ist die Aussetzung des Verfahrens auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof grundsätzlich zulässig, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde. Eine solche Aussetzung ist auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren möglich.
