Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16190 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2017
IMRRS 2017, 1462
OLG München, Urteil vom 18.10.2017 - 7 U 530/17
1. Eine Ersatzzustellung - und damit auch die Möglichkeit der Zustellung (hier: eines Versäumnisurteils) durch Einlegung in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten - ist nur möglich, wenn die Wohnung tatsächlich vom Zustellungsadressaten bewohnt wird. Andernfalls ist sie unwirksam und löst keine Fristen aus.
2. Die melderechtliche An- und Abmeldung hat für die Frage einer zustellungsrechtlichen Wohnung regelmäßig keine unmittelbare Aussagekraft. Die Tatsache einer Abmeldung beim Einwohnermeldeamt kann aber eine gewisse indizielle Bedeutung für die Frage des tatsächlichen Wohnsitzes nicht abgesprochen werden.

IMRRS 2017, 1450

OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.08.2017 - 8 W 262/17
1. Sinn und Zweck der Hinweispflicht in §§ 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO, 8a Abs. 4 JVEG ist nicht die Vermeidung von Gutachterkosten, sondern die Vermeidung der Überraschung der Parteien mit unerwartet hohen Kosten nach deren Entstehung.*)
2. Gibt der Sachverständige rechtzeitig den Hinweis auf die zu erwartende Überschreitung des bezahlten Auslagenvorschusses, so darf er, solange er keine gegenteilige Anweisung erhält, mit der Begutachtung fortfahren, ohne befürchten zu müssen, für diese Tätigkeiten später nur eine Vergütung bis zur Grenze des § 8a Abs. 4 JVEG zu erhalten.*)

IMRRS 2017, 1458

OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.09.2017 - 12 U 173/15
(ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2017, 1455

OVG Saarland, Beschluss vom 10.10.2017 - 1 C 181/15
Eine Kostenerinnerung nach § 165 VwGO kann der Prozessbevollmächtigte auch in eigenem Namen einlegen, wenn ihm eine beantragte Gebühr nicht bewilligt worden ist.*)

IMRRS 2017, 1214

OLG Celle, Beschluss vom 20.06.2017 - 5 W 18/17
1. Ein Urteil auf Leistung einer Sicherheit gem. § 648a BGB ist gegen eine der Höhe nach zu bestimmenden Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 709 Satz 1 ZPO).
2. Die fehlerhafte Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit kann gem. § 319 ZPO berichtigt werden, wenn sich den Urteilsgründen zweifelsfrei entnehmen lässt, dass der Tenor nicht dem Willen des Gerichts entspricht.

IMRRS 2017, 1451

OLG Schleswig, Beschluss vom 17.07.2017 - 7 W 19/17
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über prozessuale Ansprüche des Schuldners unabhängig davon auf den Insolvenzverwalter über, ob dieser in den Rechtsstreit eintritt oder nicht. Für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist deshalb allein der Insolvenzverwalter antragsbefugt.

IMRRS 2017, 1448

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.2017 - 6 W 31/17
1. Die isolierte Anfechtung der zum Nachteil des Nebenintervenienten ergangenen Kostenentscheidung (§ 101 ZPO) ist analog § 99 Abs. 2 ZPO jedenfalls dann statthaft, wenn sie auf der Zurückweisung der Nebenintervention gemäß § 71 Abs. 1 ZPO beruht und das Zwischenurteil zum Zeitpunkt der Endentscheidung noch nicht rechtskräftig war.*)
2. Die Nebenintervention eines Vorlieferanten ist zuzulassen, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Klarstellung hat, dass von ihm gelieferte Geräte nicht als patentverletzend angegriffen werden.*)

IMRRS 2017, 1438

BGH, Beschluss vom 13.09.2017 - VII ZR 36/17
1. Sind Gegenforderungen schon nicht bestimmbar und damit nicht hinreichend individualisierbar, hat das die Unzulässigkeit der Hilfsaufrechnung zur Folge. In diesen Fällen ergeht über die Gegenforderungen keine der Rechtskraft fähige Entscheidung.
2. Ein ohne Erfolg geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht erhöht die Beschwer nicht, weil dem Beklagten dadurch keine Ansprüche rechtskräftig aberkannt werden.

IMRRS 2017, 1435

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.09.2017 - 2 S 1916/17
1. Ob eine Zwischenentscheidung in Form eines sogenannten Hängebeschlusses im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln. Der Erlass eines Hängebeschlusses ist, wenn keine anderen überwiegenden Interessen eine sofortige Vollziehung der im Eilverfahren angegriffenen Bescheide erfordern, zulässig und geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist und ohne die befristete Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gefährdet wäre, weil irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen.*)
2. Geht es um die Durchsetzung der Verpflichtung zur Zahlung öffentlicher Abgaben, droht wegen deren Rückzahlbarkeit grundsätzlich nicht der Eintritt irreversibler Zustände oder schwerer, irreparabler Nachteile. Etwas anderes kann bei Hinzutreten besonderer Umstände gelten, etwa wenn die Vollstreckung der Abgabenforderung eine wirtschaftliche Existenzgefährdung des Abgabenschuldners zur Folge hätte.*)

IMRRS 2017, 1431

BGH, Beschluss vom 12.09.2017 - XI ZB 2/17
Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Empfangsbekenntnisses in der Berufungsschrift.*)

IMRRS 2017, 1425

KG, Urteil vom 04.10.2017 - 21 U 79/17
1. Es besteht ein Grund zum Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einen Bauträger, die bezugsfertig hergestellte Wohneinheit dem Erwerber zu übergeben, wenn auch unter den eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes zuverlässig feststellbar ist, dass nach dem materiellen Recht ein dahingehender Anspruch des Erwerbers einredefrei besteht und der Bauträger die Erfüllung unberechtigt verweigert hat.*)
2. Ein Verfügungsgrund besteht auch dann, wenn der Erwerber von dem bei Bezugsfertigkeit vertraglich geschuldeten Zahlungsstand Abzüge vorgenommen hat, solange sich die Berechtigung dieser Abzüge im einstweiligen Rechtsschutz zuverlässig klären lässt.*)
3. Die Weigerung des Bauträgers, die Wohneinheit zu übergeben, ist berechtigt, wenn der Erwerber von seinen Zug um Zug geschuldeten Zahlungen Abzüge vornimmt, die nicht nur geringfügig überhöht sind (§ 320 Abs. 2 BGB).*)

IMRRS 2017, 1410

OLG Koblenz, Urteil vom 29.09.2017 - 14 W 452/17
Zur Auslegung eines Prozessvergleichs mit einer Kostengrundregelung, zu dem sich eine Partei nicht erklärt hat, im Kostenfestsetzungsverfahren.*)

IMRRS 2017, 1391

OLG Naumburg, Beschluss vom 21.09.2016 - 12 W 37/16
Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben und hat der Beklagte auf eine rechtskräftige Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO die Sicherheit nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist geleistet, bedarf es für den Erlass einer einstweiligen Verfügung keiner weitergehenden Begründung des Verfügungsgrundes. Dieser besteht unter den besonderen Voraussetzungen des § 940a Abs. 3 ZPO allein in dem Verstoß gegen die Sicherungsanordnung.*)

IMRRS 2017, 1394

OLG München, Beschluss vom 26.09.2017 - 13 W 1528/17
1. Werden Gegenansprüche behauptet und hilfsweise mit diesen aufgerechnet, führt ein geschlossener Vergleich mit Abgeltungsklausel dazu, dass diese Gegenforderungen durch den Vergleich mit erledigt werden.
2. Der Streitwert für den Vergleich erhöht sich um den Wert der Gegenforderungen.

IMRRS 2017, 1375

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.01.2017 - 29 U 187/16
1. Zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist ist es ausreichend, dass die Berufungsbegründung in den Gewahrsam der zuständigen Stelle gelangt ist. Soweit sich eine Partei hierauf beruft, trägt sie die Beweislast für diese Behauptung. Hierbei ist der Vollbeweis erforderlich.
2. Beim Vollbeweis ist eine bloße Wahrscheinlichkeit für das behauptete Geschehen nicht ausreichend. Erforderlich ist in tatsächlich zweifelhaften Fällen ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit des erkennenden Gerichts, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.
3. An der Aussage eines Zeugen, wonach er sich an den Einwurf einer Berufungsbegründung konkret erinnere, können Zweifel bestehen, wenn es sich um einen völlig alltäglichen Vorgang handelt.

IMRRS 2017, 1374

VG Neustadt, Urteil vom 13.07.2017 - 4 K 1131/16
1. Die Kosten einer vorbereitenden Beratung durch einen Rechtsanwalt können erstattungsfähig sein, auch wenn dieser im Widerspruchsverfahren nicht förmlich bevollmächtigt wird.*)
2. Auch bei Reisekosten für eine Akteneinsicht besteht die Pflicht, den Aufwand im Rahmen des Verständigen möglichst gering zu halten. Zur Vermeidung einer sehr weiten Anfahrt kann daher die Obliegenheit bestehen, auf eine Versendung der Akten hinzuwirken.*)
3. Die mit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung des Stadt- oder Kreisrechtsauschusses für den Widerspruchsführer verbundenen Aufwendungen sind notwendige Aufwendungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Dabei sind hinsichtlich Umfang und Höhe der Entschädigung für die entstandene Zeitversäumnis auch im Widerspruchsverfahren entsprechend den §§ 173 VwGO, 91 Abs 1 Satz 2 ZPO aus Gründen der Pauschalierung und Verwaltungsvereinfachung die Bestimmungen über die Zeugenentschädigung anzuwenden.*)
4. Einem Widerspruchsführer, der zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung eines Stadt- oder Kreisrechtsausschusses bezahlten Urlaub genommen hat, steht kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 91 Abs 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 22 JVEG, sondern nur ein Anspruch auf Zeitversäumnisentschädigung entsprechend § 20 JVEG zu.*)

IMRRS 2017, 1372

OVG Saarland, Beschluss vom 19.09.2017 - 2 E 426/17
1. Die Beiladung nach § 65 VwGO bezweckt nicht, die Verfahrensposition des einen oder anderen Prozessbeteiligten zu stärken und in dessen Interesse die Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung zu erweitern.*)
2. Es besteht kein subjektives Recht der Prozessbeteiligten auf eine fehlerfreie Anwendung des § 65 VwGO.*)

IMRRS 2017, 1376

LG München I, Beschluss vom 24.08.2017 - 36 T 8948/17
1. Der Antrag eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel, Mängel am Gemeinschaftseigentum festzustellen, bedarf in der Regel einer vorherigen Befassung der Eigentümerversammlung mit dem Begehren.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das selbständige Beweisverfahren der Durchsetzung eines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung in Gestalt einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 bzw. § 21 Abs. 8 WEG dient.
3. Im Falle der fehlenden Vorbefassung der Eigentümerversammlung ist der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 Abs. 2 ZPO nach Auffassung der Kammer mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig.

IMRRS 2017, 1373

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.08.2017 - Verg 55/15
Hat der Senat über einen Eilantrag entschieden und die aufschiebende Wirkung einstweilen verlängert, fallen trotz späterer Rücknahme der Beschwerde Gerichtskosten in Höhe einer dreifachen Gebühr (nach Nr. 1630 Kostenverzeichnis zum GKG) an.

IMRRS 2017, 1349

LG Itzehoe, Beschluss vom 11.04.2017 - 11 T 20/17
1. Ein Verfügungsgrund, um per einstweiliger Verfügung die Vollziehung eines Beschlusses zu verhindern, kommt nur dann in Betracht, wenn im Falle einer Umsetzung irreparable, zumindest aber unverhältnismäßig hohe Schäden drohen oder wenn der Beschluss offensichtlich keinen Bestand haben kann.
2. Allein der Umstand, dass bei Umsetzung eines angefochtenen WEG-Beschlusses im Falle seiner gerichtlichen Ungültigkeitserklärung zusätzliche Kosten, namentlich solche aufgrund eines erforderlich werdenden Rückbaus, entstehen könnten, reicht hierfür nicht aus.

IMRRS 2017, 1341

KG, Urteil vom 26.09.2017 - 21 U 73/17
1. Die Pflichten der Parteien eines Bauträgervertrags sind einheitlich am Ort des zu errichtenden Bauwerks zu erfüllen. Damit sind die deutschen Gerichte auch für Zahlungsansprüche gegen einen nicht in Deutschland wohnenden Erwerber international zuständig.*)
2. Ist der Bauträger wegen Zahlungsverzugs des Erwerbers vom Vertrag zurückgetreten, so ist sein Mehrerlös aus dem Deckungsverkauf des Vertragsobjekts sowohl auf seinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 281 Abs. 1 BGB als auch auf den Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 284 BGB anzurechnen, nicht hingegen auf die entstandenen Verzugszinsen.*)

IMRRS 2017, 1309

OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.07.2016 - 10 U 48/16
Kann ein gerichtlicher Vergleich bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eingang eines "negativen Standsicherheitsnachweises" widerrufen werden und haben die Parteien weder formelle noch inhaltliche Anforderungen an den Standsicherheitsnachweis statuiert, wird der Rechtsstreit durch die Vorlage einer vom zuständigen Prüfstatiker erstellten "bautechnischen Prüfbestätigung" beendet.

IMRRS 2017, 1307

OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.06.2016 - 10 U 48/16
Kann ein gerichtlicher Vergleich bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eingang eines "negativen Standsicherheitsnachweises" widerrufen werden und haben die Parteien weder formelle noch inhaltliche Anforderungen an den Standsicherheitsnachweis statuiert, wird der Rechtsstreit durch die Vorlage einer vom zuständigen Prüfstatiker erstellten "bautechnischen Prüfbestätigung" beendet.

IMRRS 2017, 1334

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.08.2017 - 11 SV 36/17
Möchte der Antragsteller zwei Antragsgegner als Gesamtschuldner aufgrund eines einheitlichen Sachverhalts in Anspruch nehmen, setzt eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht voraus, dass der Antragsteller einen Anspruch gegen beide Antragsgegner schlüssig begründet.*)

IMRRS 2017, 1340

KG, Urteil vom 26.09.2017 - 21 U 9/17
1. Ist der Bauträger wegen Zahlungsverzugs des Erwerbers vom Vertrag zurückgetreten, so ist sein Mehrerlös aus dem Deckungsverkauf des Vertragsobjekts sowohl auf seinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 281 Abs. 1 BGB als auch auf den Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 284 BGB anzurechnen, nicht hingegen auf die entstandenen Verzugszinsen.*)
2. Die Pflichten der Parteien eines Bauträgervertrags sind einheitlich am Ort des zu errichtenden Bauwerks zu erfüllen. Damit sind die deutschen Gerichte auch für Zahlungsansprüche gegen einen nicht in Deutschland wohnenden Erwerber international zuständig.*)

IMRRS 2017, 1339

KG, Urteil vom 08.08.2017 - 21 U 34/15
1. Ein Zivilgericht kann allein aufgrund von Indizien im Parteivortrag zu dem Schluss kommen, die Parteien eines Werkvertrags hätten eine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen, die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. § 134 BGB zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Partei dies ausdrücklich geltend macht.*)
2. Erklären die Parteien auf den hier erforderlichen Hinweis des Gerichts übereinstimmend, tatsächlich keine solche Abrede getroffen zu haben, ist das Gericht aufgrund des Beibringungsgrundsatzes im Zivilprozess auch dann an diese klargestellte unstreitige Behauptung gebunden, wenn bestimmte Indizien weiter gegen ihre Richtigkeit sprechen.*)

IMRRS 2017, 1335

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.07.2017 - 6 A 11309/17
1. Besteht in einer Anwaltskanzlei die Möglichkeit, dass ein Rechtsanwalt selbst Fristen streicht, und bleibt offen, wer eine Frist gestrichen hat, so muss der Rechtsanwalt ein eigenes Verschulden ausräumen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn die Möglichkeit offen geblieben ist, dass die Einhaltung der Frist schuldhaft versäumt worden ist.*)
2. Ein Anwalt muss auch geeignete Vorkehrungen dagegen treffen, dass durch versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender bzw. durch versehentliches Löschen von Fristen im elektronisch geführten Kalender Fristen versäumt werden.*)

IMRRS 2017, 1328

OLG Braunschweig, Beschluss vom 13.09.2017 - 8 W 32/17
1. Werden die Akten eines selbstständigen Beweisverfahrens zu einer Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung hinzugezogen und das selbstständigen Beweisverfahrens für beendet erklärt, bewirkt dies keinen dauerhaften Stillstand des Verfahrens, sondern führt dazu, dass die Zuständigkeit vom Gericht des selbstständigen Beweisverfahrens auf das Gericht der Hauptsache übergeht.
2. Die Zuständigkeit des ursprünglich nach § 486 Abs. 2 Satz 1 ZPO angerufenen Gerichts endet mit der Beiziehung der Akten durch das Prozessgericht zu Beweiszwecken.

IMRRS 2017, 1179

OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.07.2017 - 13 W 13/17
Die Bezeichnung einer Frage als "Unsinn" ist eine unsachliche und herabsetzende Äußerung. Sie unterscheidet sich erheblich vom Begriff "unsinnig" und begründet die Befangenheit des Sachverständigen.

IMRRS 2017, 1254

LG München I, Beschluss vom 05.05.2017 - 36 T 6636/17
Der (werdende) Eigentümer hat einen Anspruch auf ordnungsgemäße und gesetzmäßige Verwaltung. Dazu gehört auch ein rechtlich einwandfreies Vorgehen bei der Herbeiführung und Leitung einer Eigentümerversammlung. Den Anspruch kann er im vorläufigen Rechtsschutz durchsetzen.

IMRRS 2017, 1318

OLG München, Beschluss vom 20.09.2017 - 34 SchH 14/17
Unzulässigkeitsgründe, die erst nach Erlass eines Zwischenentscheids entstanden sind, können im Rechtsbehelfsverfahren nach § 1040 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht berücksichtigt werden.*)

IMRRS 2017, 1311

OLG Celle, Beschluss vom 28.08.2017 - 11 W 31/17
1. Zweck der Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern. *)
2. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten braucht sich die Partei, die unentschuldigt einer Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht Folge geleistet hat, grundsätzlich nicht als etwaiges Verschulden zurechnen zu lassen, da die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen von § 141 Abs. 3 ZPO nicht zur Anwendung kommt.*)
3. In besonderen Ausnahmefällen ist von diesem Grundsatz eine Ausnahme möglich, wenn anderenfalls durch das Verhalten einer bestimmten Rechtsanwaltskanzlei die ordnungsgemäße Funktion der ordentlichen Gerichtsbarkeit gefährdet zu werden droht sowie die Partei, die durch die Auferlegung eines (hohen) Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 ZPO als solches zunächst belastet wird, im Ergebnis diese Belastung wirtschaftlich nicht trifft, weil im Innenverhältnis zu ihrem Prozessbevollmächtigten Letzterer das verhängte Ordnungsgeld zu tragen hat.*)

IMRRS 2017, 1313

BGH, Beschluss vom 20.09.2017 - XII ZR 76/17
1. Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht.
2. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners in Betracht.
3. Die Verpflichtung zur Räumung stellt für sich genommen keinen unersetzlichen Nachteil i.S.v. § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO dar.

IMRRS 2017, 1303

OLG München, Beschluss vom 24.08.2017 - 34 AR 126/16
Zur Bestimmung eines dritten, nicht am Zuständigkeitsstreit beteiligten Gerichts bei Vorliegen eines gemeinsamen Gerichtsstands.*)

IMRRS 2017, 1310

OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2017 - 10 U 132/15
1. Eine Beweisvereitelung mit der Folge von Beweiserleichterungen bis zur Umkehr der Beweislast liegt vor, wenn dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die für die Beantwortung der Beweisthemen erforderliche Besichtigung von Wohnungen durch den Beweisgegner trotz rechtzeitiger Ankündigung des Ortstermins nicht ermöglicht wird und dies vom Beweisgegner nicht unter Angebot eines Nachholtermins rechtzeitig ausreichend entschuldigt wird.*)
2. Nimmt ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Rahmen seiner Begutachtung eine Maßnahme vor (hier: Analyse der Chlorid-Eindringtiefe in Beton), für die der Besteller bereits einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme eingeklagt hat, tritt insoweit eine Erledigung des Rechtsstreits ein.*)

IMRRS 2017, 1305

KG, Beschluss vom 07.09.2017 - 8 W 47/17
1. Im Falle der Doppelvermietung gilt nicht der Grundsatz der Priorität des Mietvertragsschlusses für die Frage, an wen der Vermieter die Mietsache zu übergeben hat. Der Vermieter darf selbst entscheiden, welchen Vertrag er erfüllt und an welchen Mieter er gegebenenfalls Schadensersatz leistet.
2. Dementsprechend kann ein Mieter im Fall der Doppelvermietung seinen Besitzüberlassungsanspruch als erster Mieter gegenüber dem Vermieter nicht durch einstweilige Verfügung sichern lassen.
3. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter erst eine weitere Vermietung noch vornehmen möchte.

IMRRS 2017, 1304

LG Berlin, Beschluss vom 17.08.2017 - 67 S 190/17
Der Mieter trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen von ihm behaupteten Verstoß des Vermieters gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot auch dann, wenn sich einzelne Betriebskostenpositionen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10% erhöht haben.

IMRRS 2017, 1302

OLG München, Beschluss vom 04.09.2017 - 7 W 1375/17
1. Um zu verhindern, dass die Räumung trotz entsprechender Titelumschreibungen (§ 727 ZPO) mittels immer neuer "Untermieter" immer wieder vereitelt wird, kann der Vermieter eine strafbewehrte einstweilige Verfügung beantragen, mit der dem vormaligen Mieter die Gebrauchsüberlassungen an Dritte untersagt wird.
2. Diesem Vorgehen kann auch nicht die Möglichkeit eines Klauselumschreibungsverfahrens entgegengehalten werden.

IMRRS 2017, 1292

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.03.2017 - 5 S 2427/15
Die Gemeinden erlassen örtliche Bauvorschriften zur Durchführung baugestalterischer Absichten nach § 74 Abs. 1 LBO-BW im eigenen Wirkungskreis. Sie sind gegen eine unter Verstoß gegen eine solche örtliche Bauvorschrift erteilte Baugenehmigung klagebefugt.*)

IMRRS 2017, 1282

OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.08.2017 - 18 W 86/17
1. Kosten, die vor Abschluss des Rechtsstreits zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aufgewendet werden, insbesondere die Gebühren einer dem Gläubiger gegebenen Bürgschaft, sind als Verfahrenskosten im weiteren Sinne anzusehen. Avalprovisionen und sonstige mit der Bürgschaft unmittelbar zusammenhängende Aufwendungen sind im Umfange der Kostenquote zu erstatten, soweit sie notwendig waren.*)
2. Hat nicht das Gericht, sondern der Gläubiger dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt, die Zwangsvollstreckung durch Bankbürgschaft abzuwenden, steht dies der Festsetzungsfähigkeit nicht entgegen. Die Gestellung einer Bürgschaft und die hierdurch aufgewendeten Kosten können auch dann notwendig sein, wenn der Gläubiger aus dem Urteil nur gegen eine von ihm zu erbringende Sicherheit vollstrecken durfte.*)
3. Avalprovisionen, die dadurch entstehen, dass der Gläubiger die Bürgschaftsurkunde nach Wegfall des Sicherungszwecks nicht rechtzeitig zurückgibt, können ebenfalls erstattungsfähig sein. Allerdings muss sich der Schuldner vergeblich um die Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde bemüht und den Gläubiger zumindest zur Herausgabe des Sicherungsmittels aufgefordert haben.*)
4. Die Kosten des während eines Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind nur ausnahmsweise zu ersetzen. Entscheidend ist, ob der Gesichtspunkt der Waffengleichheit die Einholung eines Privatgutachtens gebietet oder ob die Partei über eigene Sachkunde verfügt.*)
5. Zur Beurteilung dieser Frage ist eine typisierende Betrachtung vorzunehmen. Ausreichend sind die aufgrund des Berufs vermittelten allgemeinen Kenntnisse der Partei auf dem jeweiligen Fachgebiet, insbesondere dann, wenn gerade ein mögliches Fehlverhalten in ihrem eigenen Tätigkeitsbereich in Streit steht.*)

IMRRS 2017, 1281

LG München I, Urteil vom 11.08.2017 - 33 O 8184/16
1. Eine Gerichtsstandsvereinbarung kann isoliert (in Bezug auf einen konkreten Rechtsstreit), im Rahmen eines umfassenderen materiell-rechtlichen Vertrags (etwa wegen aller Streitigkeiten aus diesem Vertragsverhältnis) oder auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden.
2. Die prozessualen Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von § 38 ZPO knüpfen an eine entsprechende Vereinbarung der Parteien an. Welche rechtlichen Anforderungen an das wirksame Zustandekommen einer solchen Vereinbarung zu stellen sind und wer an sie gebunden ist, ist in erster Linie nach den Vorschriften des materiellen Rechts zu beantworten.
3. Bei einer Gerichtsstandsvereinbarung mit Auslandsberührung ist das dabei anzuwendende Recht nach den Regeln des (deutschen) internationalen Privatrechts zu ermitteln.
4. Prozessuale Wirkungen kann eine nach materiellem Recht wirksam zustande gekommene Vereinbarung über die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nur haben, wenn und soweit sie das Prozessrecht zulässt.
5. Diese prozessrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich ausschließlich nach der lex fori, also, wenn ein deutsches Gericht angerufen ist, nach deutschem Prozessrecht, auch wenn die Vereinbarung - wie im vorliegenden Fall - einem anderen Schuldstatut unterliegt.

IMRRS 2017, 0339

OLG Jena, Beschluss vom 20.02.2017 - 6 W 52/17
Aus dem Hinweis, der Streitverkündete könne die Klägerin zur Anspruchsgeltendmachung ermächtigen, lässt sich eine Voreingenommenheit gegenüber dem Beklagten nicht ableiten, wenn der Hinweis durch eine schwierig zu beurteilende Aktivlegitimation veranlasst war und den Parteien sowie dem Streitverkündeten einen etwa notwendigen zweiten Prozess ersparen sollte (Fortführung von OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.02.2007 - 4 W 93/06, IBRRS 2007, 2180 = IMRRS 2007, 0641).*)

IMRRS 2017, 1270

AG Dortmund, Urteil vom 22.08.2017 - 512 C 18/17
1. Beschlüsse gelten solange fort, bis eine rechtskräftige Aufhebung erfolgt ist.
2. Eine isolierte Drittwiderklage ist grundsätzlich unzulässig.

IMRRS 2017, 1267

BGH, Beschluss vom 15.08.2017 - X ARZ 204/17
1. Das Oberlandesgericht hat eine Sache bei Bestimmung des zuständigen Gerichts auch dann dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es von der Rechtsprechung eines anderen Senats desselben Oberlandesgerichts abweichen will.*)
2. Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand ist nicht schon dann eröffnet, wenn der Kläger einen auf das Anfechtungsgesetz gestützten Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in eine Sache geltend macht.*)

IMRRS 2017, 1262

AG Charlottenburg, Urteil vom 26.05.2016 - 72 C 16/16
1. Wird ein Beschluss der Eigentümerversammlung angefochten, müssen ausreichende Anfechtungsgründe innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten vorgetragen werden.
2. Dazu muss sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben.

IMRRS 2017, 0835

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 11.05.2017 - 6 OH 7295/07
1. Eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Hauptparteien im selbständigen Beweisverfahren steht einer Kostenerstattung für einen Streithelfer entgegen.
2. Eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers ist im selbständigen Beweisverfahren unzulässig und wird in eine Antragsrücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO umgedeutet. Bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ist für eine Umdeutung in eine Antragsrücknahme kein Raum und es kommt auch keine Kostenentscheidung nach § 91 Abs. 1 ZPO in Betracht.

IMRRS 2017, 1258

LG München I, Beschluss vom 06.07.2016 - 1 S 1079/16 WEG
1. Eine in der Vergangenheit einmal durch vorzeitiges Verlassen von Beiräten bewirkte Beschlussunfähigkeit einer Versammlung zum Antrag, Schadensersatz gegen die Hausverwaltung geltend zu machen, ist kein ausreichender Beleg dafür, dass die Befassung der Eigentümer mit dem Antrag über die Abmahnung der Verwaltung mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden würde.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen eine Verpflichtung der Eigentümer zur begehrten Beschlussfassung besteht, trägt der klagende Eigentümer. Er muss deshalb auch darlegen, welches die Grundlagen der begehrten Entscheidung sind.

IMRRS 2017, 0940

OLG Dresden, Beschluss vom 23.06.2017 - 10 W 290/16
1. Der Gegenstandswert des Zwischenstreits über die Zulässigkeit des Streitbeitritts (auf der Gegenseite) bestimmt sich nach dem Interesse des Beitretenden am Streitbeitritt.
2. Das Interesse stimmt jedenfalls dann mit dem der unterstützten Hauptpartei überein, wenn sich der Beitretende den Anträgen der unterstützten Hauptpartei angeschlossen hat.
3. Andernfalls bestimmt es sich nach dem Betrag, in dessen Höhe der Beitretende befürchten muss, in Anspruch genommen zu werden.

IMRRS 2017, 1257

VG Göttingen, Urteil vom 10.08.2017 - 2 A 224/16
Erfordert die Entscheidung, ob die Beeinträchtigung eines Nachbarn durch Lärm unzumutbar ist, komplexe, bisher von der Behörde unterlassene Sachverhaltsermittlungen und darauf beruhend komplexe Abwägungen, muss das Gericht die Sache auf eine Verpflichtungsklage des Nachbarn hin nicht spruchreif machen. Es sind die aus dem Immissionsschutzrecht bekannten Grundsätze des steckengebliebenen Genehmigungsverfahrens anzuwenden.*)

IMRRS 2017, 1251

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15.08.2017 - 1 MN 95/17
1. Es kann offenbleiben, ob § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Einzelfall Drittschutz vermittelt, wenn die planende Gemeinde die Planungshoheit zur Verzerrung des Wettbewerbs zulasten eines abgrenzbaren Kreises von Konkurrenten missbraucht.*)
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedenfalls nicht bereits dann vor, wenn die Gemeinde ein eigenes Grundstück so überplant, dass dieses für eine Nutzung in Anspruch genommen werden kann, die zu anderen Anbietern in Konkurrenz tritt.*)
3. Erforderlich wäre dann vielmehr, dass sie - ohne dass nachvollziehbare städtebauliche Gründe erkennbar wären - gerade durch günstige Festsetzungen, die sie den Mitbewerbern unter vergleichbaren Rahmenbedingungen versagt, die Wettbewerbsposition des Nutzers ihres Grundstücks gegenüber den Konkurrenten zu verbessern trachtet.*)
