Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16193 Entscheidungen insgesamt
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IMRRS 2015, 0734
BGH, Beschluss vom 23.04.2015 - V ZR 200/14
1. Das Zivilprozessrecht geht von dem Grundsatz der Pflicht des Gerichts zur Erschöpfung der Beweisaufnahme aus. Das Gericht muss grundsätzlich alle angetretenen und angebotenen Beweise erheben, soweit nicht ein bestimmter Grund zur Ablehnung des Antrags gegeben ist.
2. Ein erhebliches Beweisangebot kann - wenn es nicht aus besonderen Vorschriften der ZPO zurückzuweisen ist - nur dann außer Acht bleiben, wenn das Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse erbringen kann, oder wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, so dass der Beweisantritt nicht dem Beweis vorgetragener Tatsachen zu dienen bestimmt ist, sondern stattdessen die Ausforschung von Tatsachen bezweckt.
3. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

IMRRS 2015, 0732

BGH, Beschluss vom 28.04.2015 - VI ZB 36/14
1. Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat die Kosten dieses Verfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen.*)
2. Der Kostenausspruch ist in diesem Fall jedenfalls dann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wenn ein solches anhängig ist und dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbständigen Beweisverfahrens identisch sind.*)
3. Die sofortige Beschwerde gegen eine im selbständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergangene isolierte Kostengrundentscheidung wird entsprechend § 269 Abs. 5 Satz 2 ZPO unzulässig, wenn gegen den aufgrund dieses Beschlusses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.*)

IMRRS 2015, 0726

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.02.2015 - 9 S 9.14
Der Erlass eines Beitragsbescheids über einen Abwasseranschluss gegen den Ersteher eines Grundstücks ist rechtswidrig, wenn für das Grundstück bereits ein bestandkräftiger Bescheid gegen den bisherigen Eigentümer (Schuldner) erlassen worden ist; auch durch eine spätere Aufhebung kann der Beitragsgläubiger diese Festlegung nicht mehr beseitigen; es gilt der Grundsatz der Einmaligkeit des Beitrags.

IMRRS 2015, 0709

BGH, Beschluss vom 06.05.2015 - VII ZB 19/14
1. Eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle bei rechtzeitiger postalischer Versendung fristgebundener Schriftsätze setzt nicht generell die Einholung einer Eingangsbestätigung vor Streichung der Frist voraus.*)
2. Ordnet ein Rechtsanwalt die Einholung einer Eingangsbestätigung an, obwohl er hierzu nicht verpflichtet gewesen wäre, können Fehler, die ihm hierbei unterlaufen, die Versagung der Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen.*)

IMRRS 2015, 0687

OLG Celle, Beschluss vom 11.12.2014 - 6 W 225/14
Die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG hindert das Gericht nicht, die Nichterhebung von Kosten insoweit nicht zu beschließen, als solche bei richtiger Behandlung der Sache entstanden wären.*)

IMRRS 2015, 0704

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.06.2015 - 2-13 S 2/15
1. Gibt das Amtsgericht in seiner Rechtsmittelbelehrung als Berufungsgericht das für das Amtsgericht zuständige Landgericht anstelle des Konzentrationsgerichts in einem WEG-Verfahren an, so ist dem Berufungsführer die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist zu gewähren, wenn er beim falschen Berufungsgericht die Berufung einlegt.
2. Dies gilt auch für einen Rechtsanwalt, zumindest wenn er kein Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist.
3. Eine Beitragspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers zu den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 16 Abs. 2 WEG) kann nur durch einen Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG über den Wirtschaftsplan, die Jahresabrechnung oder eine Sonderumlage begründet werden.
4. Ein Anspruch aus § 10 Abs. 8 WEG steht nur Dritten gegenüber den Wohnungseigentümern zu, nicht jedoch den einzelnen Wohnungseigentümern untereinander.
IMRRS 2015, 0700

BGH, Beschluss vom 06.05.2015 - VII ZR 53/13
1. Das verfassungsrechtliche Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, ist verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zulässt.
2. Ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen ist dann nicht neu, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus erster Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird.
3. Eine Partei ist nicht grundsätzlich dazu verpflichtet, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf Sachverständigenrat vorzubringen.

IMRRS 2015, 0701

BGH, Beschluss vom 23.04.2015 - VII ZR 18/13
1. Bei gleichzeitiger Durchführung von Leistungen bei Um- und Erweiterungsbauten an einem Gebäude sind die anrechenbaren Kosten für die jeweiligen Leistungen gesondert festzustellen und das Honorar danach getrennt zu berechnen (HOAI 1996 § 23 Abs. 1). Der Umbauzuschlag kann in einem solchen Fall grundsätzlich nur für das den Umbau betreffende Honorar in Ansatz gebracht werden (HOAI 1996 § 24 Abs. 1).
2. Eine getrennte Abrechnung nach § 23 Abs. 1 HOAI 1996 setzt voraus, dass die Architektenleistungen für die Leistungsbereiche Umbau und Erweiterungsbau tatsächlich voneinander trennbar sind, so dass eine Zuordnung der Leistungen und eine getrennte Ermittlung der jeweiligen anrechenbaren Kosten möglich sind.
3. Stützt das Gericht seine Feststellungen zu den anrechenbaren Kosten für Leistungen auf die vom Architekten in der Schlussrechnung vorgenommene Zuordnung und beruft er sich dabei auf ein Gericht eingeholtes Gutachten, liegt darin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Auftraggebers, wenn dieser die Angaben des Architekten als nicht nachvollziehbar bestritten und das eingeholte Gutachten keine Klärung gebracht hat.

IMRRS 2015, 0695

BGH, Urteil vom 07.05.2015 - VII ZR 145/12
Stellt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger in der Berufungsinstanz seine Abschlagszahlungsklage aufgrund bereits erstinstanzlich eingetretener Schlussrechnungsreife gemäß § 264 Nr. 3 ZPO auf eine höhere Schlusszahlungsklage um, liegt hinsichtlich der Erhöhung eine Klageerweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vor, die mit der Anschlussberufung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO geltend gemacht werden muss.*)

IMRRS 2015, 0645

VerfGH Berlin, Beschluss vom 18.02.2015 - VerfGH 8/14
Das mit Art. 103 Abs. 1 GG inhaltsgleiche Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 15 Abs. 1 VvB garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten behaupten zu können. Das Gericht muss danach die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. Das heißt allerdings nicht, dass das Gericht sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen mit jedem Einzelvorbringen auseinandersetzen muss. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt aber, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt, sofern die Frage nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder der Parteivortrag offensichtlich unsubstantiiert war.

IMRRS 2015, 0671

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.03.2015 - 12 W 19/14
1. Ob der Schuldner eines Rückgewähranspruchs nach dem Anfechtungsgesetz allein durch die Vornahme des anfechtbaren Geschäfts Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, muss stets aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Die Frage ist zu bejahen, wenn durch eine vorherige Aufforderung an den Anfechtungsgegner der Zweck der Anfechtung vereitelt werden könnte.
2. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 AnfG rechtfertigt in aller Regel die sofortige Klageerhebung. Ist der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch gem. § 11 Abs. 1 AnfG (hier: in Bezug auf eine anfechtbar begründete Grundschuld) bereits zugunsten des Gläubigers durch ein im Grundbuch eingetragenes Verfügungsverbot gesichert, muss der Anfechtungsgegner vor Klageerhebung zur Vermeidung der Kostenlast zur freiwilligen Erfüllung des Rückgewähranspruchs aufgefordert werden.

IMRRS 2015, 0669

BVerfG, Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11
1. Eine Behörde kann sich in fachgerichtlichen Verfahren, an denen sie nach dem maßgeblichen Verfahrensrecht anstelle ihres Rechtsträgers beteiligt ist, auf die justiziellen Gewährleistungen aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG berufen und deren Verletzung im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen.*)
2. Ein Fachgericht, das entgegen Art. 100 Abs. 1 GG die Vorlage zur Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht unterlässt, weil es in nicht vertretbarer Weise die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des betreffenden Gesetzes annimmt, verletzt die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).*)

IMRRS 2015, 0595

OLG München, Urteil vom 23.04.2013 - 28 U 4051/12 Bau
Eine Zustellung kann auch durch Einlegung in eine Vorrichtung erfolgen, die für den Postempfang eines überschaubaren Personenkreises bestimmt ist, der unter der angegebenen Adresse ein Haus bewohnt und dort auch ein Geschäftslokal unterhält. Die Adressaten, die den Briefkasten für den Erhalt ihrer Postsendungen verwenden, geben damit zu erkennen, dass sie den persönlich bekannten Mitbenutzern der Empfangseinrichtung hinreichendes Vertrauen beim Umgang mit den eingelegten Sendungen entgegenbringen.

IMRRS 2015, 0651

OLG München, Beschluss vom 28.11.2014 - 34 Wx 216/14
1. Zum Beschwerdewert bei Geschäftswertfestsetzung für verschiedene Kostenansätze.*)
2. Der Rechtspfleger ist für die Festsetzung des Geschäftswerts ausgeschlossen, wenn er zuvor als Kostenbeamter den für die Kostenrechnung maßgeblichen Kostenansatz erstellt hat (wie BayObLGZ 1974, 329).*)

IMRRS 2015, 0646

OLG Hamm, Beschluss vom 08.05.2015 - 12 W 7/15
1. Im selbständigen Beweisverfahren bietet die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das prozessuale Verhalten des Antragsgegners einer sinnvollen Beteiligung an dem Verfahren zur zweckentsprechenden Wahrnehmung seiner Parteiinteressen dient.*)
2. Das ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Antragsgegner ein rechtliches Interesse daran hat, bei den Feststellungen durch einen Sachverständigen einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.*)
3. Die Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren ist grundsätzlich geeignet, die Rechtsposition des Antragsgegners zu verbessern. Auch insoweit dient die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts regelmäßig der zweckentsprechenden Wahrnehmung der Parteiinteressen des Antragsgegners.*)

IMRRS 2015, 0636

LG München I, Beschluss vom 14.04.2015 - 15 T 4454/15
Bei Geldschulden ist für die Entscheidung, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, nur dessen Anerkenntnis, nicht aber die Erfüllung des Klageanspruchs mindestens nach kurzer Frist erforderlich.

IMRRS 2015, 0647

BGH, Urteil vom 07.05.2015 - VII ZR 104/14
Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern sind Ansprüche auf Schadloshaltung im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO.*)

IMRRS 2015, 0642

OLG Hamburg, Beschluss vom 16.04.2015 - 1 W 25/15
Die Entscheidung des Gerichts, in einem selbständigen Beweisverfahren den Sachverständigen nicht anzuweisen, eine für die Begutachtung erforderliche Bauteilöffnung vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen, unterliegt nicht der sofortigen Beschwerde.

IMRRS 2015, 0652

OLG München, Beschluss vom 28.11.2014 - 34 Wx 217/14 Kost
1. Zum Beschwerdewert bei Geschäftswertfestsetzung für verschiedene Kostenansätze.*)
2. Der Rechtspfleger ist für die Festsetzung des Geschäftswerts ausgeschlossen, wenn er zuvor als Kostenbeamter den für die Kostenrechnung maßgeblichen Kostenansatz erstellt hat (wie BayObLGZ 1974, 329).*)

IMRRS 2015, 0634

LG München I, Beschluss vom 01.04.2015 - 15 T 4454/15
1. Gibt der Mieter durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klage (hier: Vorbringen von Einwänden gegen eine Nebenkostenabrechnung ohne Zahlungstermin) und erkennt er die Forderung im Verfahren an, so werden die Kosten des Verfahrens dem Vermieter auferlegt.
2. Um einen Verbraucher bei der Zahlung einer Geldschuld in Verzug zu setzen, muss auf die Folgen der Fristversäumung hingewiesen werden.

IMRRS 2015, 0629

KG, Beschluss vom 20.04.2015 - 8 W 21/15
Ist nach einem Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft den Beklagten die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 21.12.2006 - I ZB 17/06, IBRRS 2007, 3035).*)

IMRRS 2015, 0615

BGH, Beschluss vom 23.04.2015 - VII ZR 163/14
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach die Ablehnung eines Beweisantrags für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist.

IMRRS 2015, 1558

BGH, Beschluss vom 19.05.2015 - VIII ZR 314/14
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2015, 0614

LG Karlsruhe, Beschluss vom 20.06.2014 - 7 T 15/14
Im Rahmen des Kostenansatzes können die Kosten der Ersatzzustellung nicht als Verfahrenskosten angesetzt werden. Es fehlt hierfür eine gesetzliche Grundlage.

IMRRS 2015, 0599

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 19.05.2014 - 12 O 2881/14
1. Zum Streitwert einer Klage, mit der festgestellt werden soll, dass der Beklagte wegen Mängeln der Kaufsache zur Nacherfüllung verpflichtet war.*)
2. Beseitigt der Beklagte die in einem selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel, so beschränkt sich das klägerische Interesse an einer solchen Feststellungsklage auf die im selbständigen Beweisverfahren angefallenen Kosten und es erscheint angemessen, 1/3 dieser Gesamtkosten als Streitwert festzusetzen.*)

IMRRS 2015, 0606

OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2015 - 10 W 173/15
1. Werden von der beklagten Partei erhebliche Einwände gegen die Klagebergründung vorgebracht, die zumindest eine Anhörung der Parteien gemäß § 141 Abs.1 ZPO gebieten, an die sich ggf. eine Beweisaufnahme anschließen kann, können die Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung nicht von vorneherein verneint werden (in Anknüpfung an BVerfG, 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07, NJW 2008, 1060 = MDR 2008, 1060 ff.; VGH Bayern, 07.02.2005 - 10 C 05.83, NJW 2005, 1677 f.; OLG Karlsruhe, 24.06.2005 - 7 W 28/05, NJW-RR 2006, 205 = MDR 2006, 332 f.; OLG Naumburg, 29.08.2006 - 3 WF 147/06, FamRZ 2007, 910; Zöller-Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, § 114 Rn. 26).*)
2. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit gebietet es, dass die prozessarme Partei in ihren prozessualen Rechten nicht schlechter stehen darf als die wirtschaftlich solvente Partei.*)

IMRRS 2015, 0587

KG, Beschluss vom 17.04.2015 - 18 AR 17/15
Für die Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts kann auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend gemachten Ansprüche eine Streitgenossenschaft anzunehmen sein, wenn diese Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt.

IMRRS 2015, 0583

OLG Köln, Beschluss vom 16.04.2015 - 4 W 6/15
Mit der Hauptsachenentscheidung ist grundsätzlich auch über die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu befinden, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptprozesses identisch sind.

IMRRS 2015, 0582

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2015 - OVG 9 S 44.14
1. Wird ein Schmutzwasserbeitrag als öffentliche Last eines Grundstückes durch die aufschiebende Wirkung einer Klage akut vom Rangverlust bedroht, kann ausnahmsweise der Vollzug des erstinstanzlichen Beschlusses, in der die aufschiebende Wirkung angeordnet wurde, ausgesetzt werden.
2. Die dann mögliche Eintragung des Sperrvermerks wegen einer vollstreckungsrechtlichen Grundstücksbeschlagnahme kann mit dem Makel verbunden sein, dass der Eigentümer die Forderung nicht bedienen kann oder will. Dieser Nachteil wiegt aber weniger schwer als der mögliche Rangverlust.

IMRRS 2015, 0581

OLG Koblenz, Beschluss vom 20.04.2015 - 6 W 204/15
1. Nebenkosten haben bei der Bemessung des Streitwerts grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
2. Eine Kostenforderung ist als Nebenforderung anzusehen, wenn sie zu der Hauptforderung in einem Abhängigkeitsverhältnis steht. Sind die Forderungen dagegen gleichrangig, so ist keine von ihnen Nebenforderung.
3. Der Anspruch auf Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln und der Anspruch auf Erstattung vorprozessual aufgewendeter Sachverständigenkosten sind voneinander unabhängig und gleichrangig.

IMRRS 2015, 0572

VerfGH Bayern, Entscheidung vom 13.04.2015 - Vf. 66-VI-14
1. Eine gerichtliche Entscheidung ist nur dann willkürlich, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen.
2. Die fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet allein noch keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot. Die Entscheidung darf vielmehr unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen. Sie muss schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es hierbei nicht an.
3. Die Unterschrift des Nachbarn unter einen Nutzungsänderungsplan stellt für sich allein noch keinen Verzicht auf private Rechte dar. Durch die Zustimmungsunterschrift des Nachbarn unter die Bauvorlagen wird auch kein privatrechtliches Schuldverhältnis begründet, nach dem die Geltendmachung privater Rechte einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen könnte. Vielmehr kann ein Nachbar trotz seiner öffentlich-rechtlichen Zustimmung zum Bauvorhaben privatrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung oder Schadensersatz geltend machen. Es ist nicht nachvollziehbar und willkürlich, wenn ein Gericht seine Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit darauf stützt, der Nachbar habe den Nutzungsänderungsplan unterschrieben.

IMRRS 2015, 0564

BGH, Beschluss vom 26.03.2015 - III ZB 80/13
1. Ändert das Gericht (hier: Berufungsgericht) die in dem die Instanz abschließenden Urteil getroffene Kostenentscheidung auf Gegenvorstellung einer Partei durch nachträglichen Beschluss, so eröffnet diese Verfahrensweise nicht die Möglichkeit der isolierten Anfechtung. Die Rechtsmittelsperre des § 99 Abs. 1 ZPO erfasst auch diesen Fall.*)
2. Eine gleichwohl eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch dann unstatthaft, wenn sie durch das erkennende Gericht zugelassen worden ist.*)

IMRRS 2015, 0554

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.06.2014 - 26 SchH 2/14
Ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (ZPO § 1032 Abs.2) ist zulässig, solange sich das Schiedsgericht noch nicht (vollständig) konstituiert hat. Die Zulässigkeit eines solchen Antrags setzt nicht voraus, dass ein (echtes) Schiedsverfahren bereits begonnen hat oder eingeleitet worden ist.

IMRRS 2015, 0560

BGH, Beschluss vom 08.04.2015 - VII ZB 62/14
Beantragt der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers, die Frist für die Berufungsbegründung "um einen Monat bis zum 22.09.2014 zu verlängern", obgleich die Monatsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bis zum 29.09.2014 läuft, und verlängert der Vorsitzende auf diesen Antrag hin die Frist für die Berufungsbegründung bis zum 22.09.2014, so ist diese Fristverlängerungsverfügung in aller Regel nach ihrem objektivem Inhalt dahin zu verstehen, dass damit die Frist für die Berufungsbegründung - unter abschließender Verbescheidung des Fristverlängerungsantrags - lediglich bis zum 22.09.2014 verlängert und ein etwa weitergehender Antrag stillschweigend abgelehnt worden ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom 21.06.1989 - VIII ZB 5/89, NJW-RR 1989, 1278).*)

IMRRS 2015, 0569

OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.11.2014 - 10 U 81/14
1. Beantragt ein Rechtsanwalt für seine Partei die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat und nennt dazu ein konkretes Datum für den Fristablauf, das innerhalb der Frist von einem Monat nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist liegt, ist das Verlängerungsgesuch dahin auszulegen, dass eine Fristverlängerung nur bis zum konkret benannten Datum begehrt wird.*)
2. Die aufgrund einer fehlerhaften Berechnung der Berufungsbegründungsfrist verursachte Fehlvorstellung des Prozessbevollmächtigten, für eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei die Zustimmung des Gegners gemäß § 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO erforderlich, begründet ein der Partei zuzurechnendes Verschulden, das eine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist ausschließt.*)

IMRRS 2015, 0495

OVG Hamburg, Beschluss vom 01.04.2015 - 2 So 120/14
1. Die Zusage des Prozessbevollmächtigten zur Weiterleitung eines Vergleichsangebots und zur Beratung des Mandanten kann keinen Einfluss auf den tatsächlichen Eintritt in Vergleichsgespräche haben.
2. Die längere Dauer der Telefongespräche (13 und 16 Minuten) kann ohne eine glaubhaft gemachte Vergleichsbereitschaft der Gegenseite nicht zur Festsetzung der Terminsgebühr führen.
3. "Höfliches" Schweigen reicht für die erforderliche Mitwirkung an einem Vergleichsgespräch nicht aus.
4. Nicht der Angesprochene trägt die Beweislast, sondern der Ansprechende hat das Entstehen der Terminsgebühr glaubhaft zu machen.

IMRRS 2015, 0520

OLG Koblenz, Beschluss vom 16.04.2015 - 3 W 214/15
Haben die Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren teilweise zu ihren Gunsten streitende Feststellungen des Sachverständigen erlangt, so ist das Nichtweiterbetreiben nicht mit einer Antragrücknahme gleichzusetzen. Eine Kostenentscheidung zu Lasten der Antragsteller ist damit nicht veranlasst.

IMRRS 2015, 0546

OLG Koblenz, Beschluss vom 09.03.2015 - 11 WF 210/15
1. § 299 ZPO gibt kein Recht auf Übersendung der Akte in die Geschäftsräume des Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten.
2. Eine entsprechende Weigerung des Gerichts ist nicht anfechtbar, solange nicht die Akteneinsicht als solche verweigert wird.

IMRRS 2015, 0545

OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2015 - 4 U 34/14
1. Eine entgegen § 37a Abs. 1 AGJusG ohne vorherige Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erhobene Klage ist als unzulässig abzuweisen.*)
2. Ein vorgeschaltetes selbstständiges Beweisverfahren entbindet nur dann von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens, wenn das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung die Klageerhebung binnen einer bestimmten Frist angeordnet hat. Fehlt es indes bereits an einem Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO, verbleibt es bei dem Erfordernis der Durchführung des Schlichtungsverfahrens.*)
3. Für eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO verbleibt auch dann kein Raum, wenn die Beklagte die Unzulässigkeit der Klage aufgrund eines Verstoßes gegen § 15a Abs. 1 EGZPO, § 37a Abs. 1 AGJusG erstmals in zweiter Instanz gerügt hat und sie alleine deshalb obsiegt.*)

IMRRS 2015, 0519

OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.01.2015 - 4 AR 1/15
Der Auftraggeber eines Bauvorhabens hat einen Anspruch auf Akteneinsicht in die Verfahrensakten zu dem Verfahren, das sein Vertragspartner (Hauptunternehmer) gegen einen Nachunternehmer wegen Mängeln am Objekt des Auftraggebers geführt hat. Es besteht ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers zu erfahren, welche Mängel am Bauwerk der Hauptunternehmer gegen den Nachunternehmer geltend gemacht hat.

IMRRS 2015, 0540

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.12.2014 - 2 M 102/14
1. Allein die Rücknahme und die Erhebung einer erneuten Klage stellt kein Verhalten dar, welches das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lässt. Entsprechendes gilt für das vorläufige Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO.*)
2. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 19 BImSchG dienen nicht dem Schutz des Nachbarn (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56/89 -, BVerwGE 85, 368, 372; Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352, 368 f. = IBRRS 2008, 4003; VGH Bayern, Beschluss vom 13.04.2006 - 1 CS 05.1318 -, IBRRS 2006, 3846; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.07.2002 - 10 B 788/02 -, NVwZ 2003, 361).*)
3. Die BioAbfV enthält verbindliche Qualitätsanforderungen an die Behandlung von Bioabfällen und ihre Verwendung sowie an die Herstellung von sog. Bioabfallgemischen. Anforderungen an die (zeitweilige) Lagerung von Bioabfällen oder Gemischen in dafür bestimmten Anlagen stellt sie nicht.*)
4. Eine schutzwürdige Abwehrposition nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hat ein Nachbar dann, wenn das Vorhaben zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG führt.*)
5. Eine qualitative oder quantitative Beeinträchtigung des Grundwassers stellt keine "Immission" im Sinne von § 3 Abs. 2 BImSchG dar. Sie fällt weder unter die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Erscheinungen noch kann sie als "ähnliche Umwelteinwirkung" im Sinne dieser Regelung angesehen werden.*)
6. Der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB genannte öffentliche Belang der Gefährdung der Wasserwirtschaft kann über das Gebot der Rücksichtnahme nur "bei deutlich erkennbarer Betroffenheit" auch Drittschutz vermitteln (vgl. VGH Bayern, Beschluss vom 29.11.2010 - 9 CS 10.2197 -, BayVBl 2011, 698 = IBRRS 2011, 5376).*)

IMRRS 2015, 0539

BGH, Beschluss vom 10.03.2015 - VI ZB 28/14
1. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsführers in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.*)
2. Ergibt sich die Entscheidungserheblichkeit einer gerügten Rechtsverletzung oder einer beanstandeten Tatsachenfeststellung unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung.*)

IMRRS 2015, 0517

LG München I, Beschluss vom 30.07.2014 - 36 T 14667/14
Sofern ein nicht mehr bestellter Hausverwalter zur Eigentümerversammlung einlädt, macht dies die auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse allenfalls anfechtbar. Vor diesem Hintergrund kann die Durchführung der Eigentümerversammlung nicht durch einstweilige Verfügung untersagt werden, da gerade kein "Automatismus" besteht, dass auf dieser Versammlung nur unwirksame Beschlüsse gefasst werden können.

IMRRS 2015, 0531

OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.11.2014 - 10 WF 113/14
1. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es nur dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt.*)
2. Ein einmaliger Verstoß gegen die Wartepflicht nach § 47 ZPO begründet die Besorgnis der Befangenheit nicht unbedingt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Ein Verstoß gegen die Wartepflicht ist als Ablehnungsgrund anzusehen, soweit der abgelehnte Richter damit den Eindruck entstehen lässt, dass ihm das Ablehnungsgesuch egal sei und er das laufende Ablehnungsverfahren nicht zu berücksichtigen brauche.*)

IMRRS 2015, 0529

OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2015 - 8 W 54/15
Zwischen Streitgenossen, die gemeinsam auf der Kläger- oder der Beklagtenseite stehen, kommt es grundsätzlich nicht zu einer internen Kostenerstattung. Dies gilt gleichermaßen bei Zurückweisung der Beschwerden des Klägers/Widerbeklagten gegen eine erfolglose Richter- und Sachverständigenablehnung im Verhältnis zur Drittwiderbeklagten.*)

IMRRS 2015, 0513

OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2015 - 13 W 18/15
Eine Entscheidung über die Kosten eines Beschwerdeverfahrens im selbstständigen Beweisverfahren unterbleibt, wenn die Beschwerde auch nur teilweise Erfolg hat.*)

IMRRS 2015, 0522

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14.04.2015 - 2-13 S 164/14
In der Berufungsinstanz ist bei der Beschlussanfechtungsklage kein Wechsel von einer Klage gegen die WEG auf eine solche gegen die übrigen Eigentümer möglich.

IMRRS 2015, 0516

BVerwG, Beschluss vom 25.03.2015 - 9 B 65.14
Ein als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt, der vor dem Verlassen der Kanzlei seiner einzigen Bürokraft die mündliche Weisung erteilt, einen Schriftsatz zur Wahrung einer Rechtsmittelbegründungsfrist im Lauf des Nachmittags per Telefax an das zuständige Gericht abzusenden, muss keine organisatorischen Vorkehrungen dagegen treffen, dass die Anweisung deshalb nicht ausgeführt wird, weil seine Bürokraft nach der Nachricht von einem Unfall ihrer Tochter überstürzt die Kanzlei verlässt, ohne den Auftrag auszuführen.*)

IMRRS 2015, 0474

LG Karlsruhe, Urteil vom 20.03.2015 - 10 O 194/14
1. Den einen Prozessvergleich schließenden Prozessparteien steht es frei, den Empfänger eines Widerrufsschriftsatzes zu bestimmen.
2. Bestimmen die Parteien das Gericht zum Empfänger eines Widerrufsschriftsatzes, kann der Vergleich in der Regel auch nur wirksam gegenüber dem Gericht widerrufen werden. Der Widerruf kann abweichend vom Prozessvergleich ausnahmsweise direkt gegenüber dem Prozessgegner bzw. Gegenanwalt wirksam erklärt werden. Die Übersendung einer Faxkopie eines Widerrufsschriftsatzes mit einfachem Schreiben zur Kenntnis an den Prozessgegner ohne eigene Widerrufserklärung im Schreiben selbst reicht nicht aus.

IMRRS 2015, 0476

OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.03.2015 - 1 U 119/14
Eine Säumnis ist dann unverschuldet im Sinne des § 514 Abs. 2 ZPO, wenn ein kurzfristig vor dem Termin erkrankter Prozessbevollmächtigter dies dem Gericht mit einem ca. drei Stunden vor der Terminstunde eingegangenen Telefax, das deutlich auf den anstehenden Termin und die Erforderlichkeit der sofortigen Vorlage hinweist, mitteilt. Weitere Maßnahmen sind nicht veranlasst, denn er darf darauf vertrauen, dass es dem zuständigen Richter bei ordentlichem gerichtsinternem Geschäftsgang noch rechtzeitig vor dem Termin vorgelegt wird.*)
